"Sehr fluggastfeindlich" Ufo weitet Streik-Ansage aus
03.09.2012, 12:07 Uhr
Im deutschen Flugverkehr müssen sich Reisende auf neue Schwierigkeiten einstellen: Am morgigen Dienstag will die Kabinengewerkschaft Ufo die Wirkung ihres ersten Streiks übertreffen. Wann und wo genau diesmal gestreikt wird, halten die Flugbegleiter weiter offen. Erneut droht der Lufthansa ein Chaos mit sechsstündiger Vorwarnung.

In München wartet eine Flugbegleiterin auf den Airport-Bus ihres Arbeitgebers (Archivbild).
(Foto: dpa)
Die Flugbegleiter der Lufthansa erhöhen den Druck: Nach den ersten Arbeitsniederlegungen am Frankfurter Flughafen von vergangenem Freitag will die Gewerkschaft Ufo die für Dienstag angekündigten Streiks ausweiten. Es werde länger und an mehr Orten gestreikt als am , kündigte der Chef der Kabinengewerkschaft Ufo, Nicoley Baublies, an. Zugleich drohte er mit einer Ausweitung des Streiks.
"Wir geben der Lufthansa noch bis morgen, Dienstag, eine Chance. Dann muss sie sich auf flächendeckendere Streiks einstellen", sagte er der "Bild"-Zeitung. Sollte das Unternehmen bei seiner "arroganten Linie" bleiben, machten weitere Nadelstiche voraussichtlich keinen Sinn mehr. Am Mittwoch sei ein derartiger Ausstand aber unrealistisch und wegen der zu erwartenden Auswirkungen der zweiten Streikwelle auch nicht notwendig. Man wolle dem Konzern zudem auch Zeit für eine Reaktion einräumen. Falls das Unternehmen die Streikfähigkeit der Flugbegleiter anerkenne und ihr Angebot nachbessere, könne sich der Arbeitskampf schnell in eine andere Richtung bewegen.
Zum Ende vergangener Woche hatten die Stewards und Stewardessen für acht Stunden am Drehkreuz Frankfurt die Arbeit niedergelegt und damit Deutschlands größten Flughafen teilweise lahmgelegt. Lufthansa musste 190 Verbindungen streichen und rund 26.000 Passagiere anderweitig ans Ziel bringen. Die Lufthansa wies darauf hin, dass sie alle vom Streik betroffenen Fluggäste letztlich doch noch ans Ziel gebracht habe.
Mit einer so umfassenden Beteiligung an dem Streik habe man nicht gerechnet, sagte Baublies. "Das hat es noch nicht einmal beim gegeben." Auch aus anderen Abteilungen habe man viel Zustimmung erhalten. Die Loyalität zum Spitzenmanagement und insbesondere zum Vorstandschef habe spürbar nachgelassen. "Das ist eine Kraftprobe von Herrn Franz gegen die Belegschaft", meinte Gewerkschafter Baublies. Über das Wochenende habe es keine Kontakte zwischen den Tarifparteien gegeben. Dies bestätigte auch die Lufthansa.
Behinderungen mit Ansage
Baublies lehnte das Ansinnen der Lufthansa ab, die Passagiere schon 24 Stunden vor der nächsten Streikwelle zu warnen. "Dann müssten wir den Streik ausweiten und 24 Stunden bundesweit in den Ausstand gehen." Das wolle man bislang noch vermeiden. Ufo will nach wie vor erst sechs Stunden vor Beginn sagen, wo und wann gestreikt wird. In der Diskussion sind München, Düsseldorf und Berlin sowie erneut Frankfurt, wo die stärkste Auswirkung auf den Flugplan erzielt werden kann.
Lufthansa-Sprecher Andreas Bartels kritisierte die Streiktaktik als "sehr fluggastfeindlich". Das kurze Zeitfenster lasse der Gesellschaft kaum eine Chance, die Passagiere rechtzeitig zu informieren. Die Lufthansa befinde sich daher in einer sehr schwierigen Lage. "Wir können ja nicht vorauseilend den Betrieb einstellen, denn dann müsste die Ufo ja nur noch Streiks ankündigen."
Die Piloten verhandeln weiter
Mit einer kurzfristigen Streik-Unterstützung durch die Piloten können die Flugbegleiter unterdessen nicht rechnen. Deren Tarifverhandlungen werden erst im Oktober fortgesetzt, sagte der Sprecher der Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit (VC), Jörg Handwerg. Mit der Lufthansa stehe man in Verhandlungen.
"Wir sind noch sehr weit von irgendwelchen Streiks entfernt. Es wäre total unseriös, jetzt darüber zu spekulieren", sagte Handwerg. Die VC verlangt nach eigenen Angaben Gehaltssteigerungen von 5,2 Prozent und strukturelle Verbesserungen insbesondere für die Co-Piloten. Die Lufthansa hat wie bei den Flugbegleitern Gegenforderungen aufgestellt.
Die Gewerkschaft Ufo hat in den seit 13 Monaten andauernden Verhandlungen nach drei Jahren Nullrunden neben fünf Prozent höheren Entgelten unter anderem das Ende der Leiharbeit und Schutz gegen die Auslagerung von Jobs verlangt. Lufthansa plant hingegen mittelfristige Einsparungen bei den Personalkosten und will dafür unter anderem die Beförderungsstufen strecken.
Lufthansa beschäftigt nach eigenen Angaben rund 18.000 Flugbegleiter, Ufo spricht hingegen von 19.400 Arbeitnehmern. Das Unternehmen bietet bisher 3,5 Prozent mehr Gehalt sowie den Verzicht auf Leiharbeit und betriebsbedingte Kündigungen. An den Plänen zu einer internen Billigsparte hält die Lufthansa fest.
Die Lufthansa informiert ihre Kunden im Internet über etwaige Flugausfälle. Hier können Passagiere auch überprüfen, ob ihr Flug pünktlich startet, alle Informationen in der Übersicht gibt es auch auf Englisch. Die Informationen können die Kunden auch per E-Mail oder Twitter oder bei Anmeldung direkt auf das eigene Mobiltelefon erhalten. Welche Rechte Passagiere bei einem Airline-Streik haben, erfahren Sie hier.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa