Axel Wieandt Unschuldiger Prügelknabe
25.03.2010, 20:25 UhrMonatelang hat Axel Wieandt einen leckgeschlagenen Tanker durch schweres Fahrwasser geführt. Der 43-Jährige musste für das Desaster der Hypo Real Estate geradestehen, das er nicht verschuldet hat. Nun hat er die Nase voll und geht.
Eineinhalb Jahre hat Axel Wieandt still und unauffällig am größten Sanierungsfall der deutschen Bankenlandschaft gearbeitet - jetzt wirft er das Handtuch. Nur einen Tag vor seiner ersten Bilanz-Pressekonferenz räumte Wieandt seinen Posten und überraschte damit die Finanzbranche. Der skandalgebeutelte Immobilienfinanzierer, der dem Bund als Eigentümer im vergangenen Jahr neue Milliardenverluste eingebrockt haben haben dürfte, verliert damit seine wichtigste Führungsfigur.
Offiziell wurde der Schritt mit Differenzen über die Geschäftspolitik begründet. Hinter den Kulissen soll es aber auch zum Streit über die Vergütungen gekommen sein. Bei staatlich gestützten Banken gilt eine Obergrenze von 500.000 Euro für die Managergehälter. Schon im vergangenen Jahr hatte Wieandt reichlich Kritik bei den früheren Anlegern und in der Öffentlichkeit geerntet, weil er eine Prämie von einer halben Million Euro zusätzlich zu seinem Gehalt einstrich.
Eine Sprecherin des staatlichen Bankenrettungsfonds SoFFin sprach in der "WirtschaftsWoche" von Differenzen über die Vergütung der Mitarbeiter. "Der SoFFin ist der Meinung, dass bei einer Bank in Besitz des Staates nicht dieselben Maßstäbe gelten können wie bei privaten Banken." Ob Wieandt für sich persönlich mehr Geld gefordert hat, ließ die Sprecherin aber offen.
Aufmunternde SMS von Weber
Vergnügungssteuerpflichtig dürfte der Job des 43-Jährigen derweil nicht gewesen sein. Unter den Augen der Bundesregierung stutzte Wieandt seit seinem Amtsantritt im Herbst 2008 die Hypo Real Estate von einem Global Player mit Milliardenverlusten zu einem überschaubaren Unternehmen zusammen.
In der Öffentlichkeit ließ sich der Mann mit den weichen Gesichtszügen und der ruhigen Stimme dabei fast nie blicken. Nur bei den HRE-Hauptversammlungen im Zuge der Verstaatlichung zeigte er sich - und diente wütenden Aktionären dabei auch gleich als Prügelknabe für das ganze HRE-Desaster, das viele von ihnen um ein Vermögen gebracht hatte.
Wieandt ließ sich auch davon nicht aus der Ruhe bringen - obwohl er der falsche Adressat für diese Kritik war, da er erst nach dem Desaster an die Spitze der HRE geholt worden war. Rückendeckung bekam er außerdem von Bundesbank-Präsident Axel Weber, der ihn gelegentlich mit SMS bei Laune gehalten haben soll, und von Politikgrößen.
Schmerzhafter Umbau
Vor seinem Einsatz bei der HRE hatte sich der promovierte Betriebswirt aus Bochum vor allem bei der Deutschen Bank einen Namen in der deutschen Finanzszene gemacht, wo er zuletzt die Abteilung für Konzernentwicklung und Beteiligungen leitete. Dort ließ sich auch Bankchef Josef Ackermann in Strategiefragen von ihm beraten.
Seit seinem Antritt bei der HRE im Oktober 2008 musste Wieandt einen Balanceakt zwischen Bank und Politik vollbringen. Fast wöchentlich reiste er von München nach Berlin und Frankfurt zum Bankenrettungsfonds SoFFin, um die Restrukturierung voran zu bringen. Hunderte Arbeitsplätze fielen dem Umbau der HRE bereits zum Opfer. Kleinaktionäre wurden im Zuge der Verstaatlichung hinausgeworfen, fast die Hälfte des Geschäfts in eine Bad Bank ausgelagert und die Firmenzentrale aus der Innenstadt ins Münchner Umland verlagert. Das alles war schmerzhaft, aber aus Wieandts Sicht unvermeidlich, um die Hypo Real Estate und mit ihr die Hilfen von mehr als 100 Milliarden Euro zu retten.
Nach seinem Rückzug bei der HRE könnte Wieandt nun zumindest seine Frau und seine beiden Kinder wieder etwas häufiger sehen. Sie waren erst gar nicht mit ihm nach Bayern umgezogen, sondern in Frankfurt geblieben, wo Wieandt sie nur am Wochenende sah. Von München bekam der Manager wegen seines Zwölf-Stunden-Tages im Büro in den vergangenen eineinhalb Jahren ohnehin nicht viel mit.
Quelle: ntv.de