Steuersparmodell gefunden VW schluckt Porsche ganz
05.07.2012, 06:28 Uhr
Porsche brachte den VW-Käfer einst zur Serienreife und legte so den Grundstein für Europas größten Autobauer. Viele Jahrzehnte später schließen die Partner nun den Kreis; Porsche fährt komplett unter das VW-Dach. VW-Chef Winterkorn und sein Porsche-Kollege Müller erläutern heute Details zum Deal.
Europas größter Autobauer Volkswagen will heute Details zu seinem Porsche-Deal erläutern. Wie der Dax-Konzern bereits mitteilte, holt er das Sportwagengeschäft der Schwaben nach einer monatelangen Blockade komplett unter sein Dach. Die Wolfsburger nutzen für den Deal eine gesetzliche Bestimmung, mit der sie eine milliardenschwere Steuerlast umschiffen.
Das hatte ihnen aus den Reihen der Politik Kritik eingebracht. Neben den Erklärungen dazu wird auch mit Spannung erwartet, ob die Partner Näheres zur Zukunft der Porsche-Dachgesellschaft Porsche SE (PSE) verraten. Sie bekommt im Zuge des Geschäftes rund 4,5 Milliarden Euro und will das Geld auch dafür nutzen, um in der Autowelt neue Beteiligungen zu erwerben. Auf ihrer Einkaufsliste stehen könnten dabei etwa der Handel mit Rohstoffen oder Energie.
Während der Pressekonferenz in Wolfsburg sollen unter anderen VW-Chef Martin Winterkorn und sein Porsche-Kollege Matthias Müller Rede und Antwort stehen. Mit der Bekanntgabe des Deals beenden beide zwei Autobauer mit einem beispiellosen Befreiungsschlag eine nervenaufreibende Hängepartie, die nicht zuletzt ihr Alltagsgeschäft bei der Pkw-Produktion nachhaltig belastet hatte.
Die Wolfsburger zahlen für die noch fehlenden 50,1 Prozent der Porsche AG rund 4,46 Milliarden Euro an die Porsche-Dachgesellschaft. Zudem übertragen sie parallel eine VW-Stammaktie, um mit dieser Kombination eine Milliarden-Steuerlast zu vermeiden. Diese Konstellation dürfte wohl Wirtschaftsgeschichte schreiben.
Absicherung bei Finanzämtern
Die Umsetzung der Transaktion ist für den 1. August dieses Jahres geplant. Die Gremien beider Seiten hätten dem Vorhaben "nach dem Vorliegen aller erforderlichen verbindlichen Auskünfte der Finanzbehörden" zugestimmt. Mit diesen Zusicherungen von den zuständigen Finanzämtern hatten sich VW und Porsche abgesichert, dass dank ihres keine Riesensteuerlast droht.
Allein wegen der Übertragung einer einzelnen VW-Stammaktie kommen die Konzerne bei der Transaktion steuerlich weitaus günstiger weg als zunächst kalkuliert. Das Finanzamt wird bei der Übernahme voraussichtlich leer ausgehen. Nach Abstimmung mit den Steuerbeamten in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Berlin ist klar: Statt als Umwandlung kann die Übernahme auch als Restrukturierung eingestuft werden - ohne steuerliche Nachteile für die Unternehmen, die Porsche und VW bisher bei der Eingliederung einkalkuliert hatten.
Steuerexperten hatten mit einem Ertrag aus Körperschaft-, Gewerbe- und Grunderwerbsteuer von bis zu 1,5 Milliarden Euro kalkuliert, wenn die Porsche AG mit milliardenschweren stillen Reserven im Gepäck rechtlich im Zuge einer Unternehmensumwandlung bei VW untergeschlüpft wäre. Steuerfrei wäre eine solche Umwandlung erst ab Mitte 2014 möglich gewesen. Die stillen Reserven müssen nun nicht zwingend aufgedeckt werden, steuerliche Belastungen "könnten vermieden werden", heißt es in einer Rechtsauskunft der Steuerbehörden in Stuttgart.
Einige Länder wollen die Steuerlücke schließen lassen. Wie der VW-Konzernbetriebsratschef Bernd Osterloh erklärte, bringt der jetzt umgesetzte Deal dem Fiskus aber "Steuereinnahmen von über 100 Millionen Euro".
Die PSE hatte vor rund vier Jahren vergeblich versucht, nach der Macht bei VW zu greifen. Am Ende hatte sie 11,4 Milliarden Euro Schulden, und ausgerechnet VW wurde zur letzten Rettung. Als erste Nothilfe einigten sich die einstigen Kontrahenten Ende 2009, dass knapp die Hälfte der Porsche AG für damals rund 3,9 Milliarden Euro an die Wolfsburger ging.
Der nun übertragene zweite Teil ist rund 600 Millionen Euro teurer, weil zwischenzeitlich der Wert des hochprofitablen Porsche-Sportwagengeschäftes stieg und die Partner mehr Einsparungen umsetzen können als zunächst gedacht.
Quelle: ntv.de, dpa/rts