Wirtschaft

Wiedeking auf dem Schleudersitz VW will Porsche schlucken

Die Berichte über die Zukunft von Porsche und Konzernchef Wendelin Wiedeking überschlagen sich weiter. Einem Magazinberciht zufolge könnte Porsche bald nichts weiter sein als eine Marke im VW-Konzern. Auch die Spekulationen um ein übertriebenes "Abschiedsgeschenk" an Wiedeking kochen höher.

Der Machtkampf zwischen den Autobauern VW und Porsche steuert auf eine baldige Entscheidung zu.

Der Machtkampf zwischen den Autobauern VW und Porsche steuert auf eine baldige Entscheidung zu.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Der Volkswagen-Konzern will den Sportwagenhersteller Porsche laut einem "Spiegel"-Bericht jetzt doch komplett übernehmen. Wie es heißt, soll Porsche in zwei Schritten an VW verkauft werden. Die Wolfsburger übernehmen zuerst 49,9 Prozent und zu einem späteren Zeitpunkt die übrigen Anteile. Die Porsche Automobil Holding dürfte dafür rund acht Mrd. Euro bekommen und könnte ihre Schulden weitgehend tilgen.

Möglicherweise übernehme VW auch das Autohandelshaus der Porsche- Eigentümerfamilien Porsche und Piëch in Salzburg. Die Porsche Holding Salzburg ist Europas größter Händler von VW-Konzernmarken und Porsche-Modellen. Im Gegenzug halten die Familien dem Bericht zufolge dann mehr als 50 Prozent an einem vereinten VW-Porsche-Konzern. Niedersachsen solle weiterhin mit 20 Prozent beteiligt sein, das Emirat Katar künftig mit einem Paket zwischen 14,9 und 19,9 Prozent.

Zuletzt hatte es geheißen, dass Volkswagen knapp die Hälfte an der Porsche übernimmt und der Sportwagenbauer als zehnte Marke in den Konzern integriert werde.

Räselraten um Zukunft Wiedekings

100 Mio. Euro sollen den Abschied versüßen. Das stößt Kritikern sauer auf.

100 Mio. Euro sollen den Abschied versüßen. Das stößt Kritikern sauer auf.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Trotz scharfer Dementis wird unterdessen weiter über einen Rücktritt von Porsche-Chef  Wendelin Wiedeking spekuliert. Medieninformationen zufolge steht die Mehrheit gegen Wiedeking vor der alles entscheidenden Sondersitzung des sechsköpfigen Aufischtsratsgremiums bereits fest. Gleichzeitig wird Kritik lauter an der Angemessenheit eines möglichen "Abschiedsgeschenks" in dreistelliger Millionenhöhe.

VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piech, Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), VW-Betriebsratsboss Bernd Osterloh, sein Stellvertreter Bernd Wehlauer sowie Ex-IG-Metall-Chef Jürgen Peters wollen demnach für Wiedekings Entlassung stimmen. "Focus" zitiert einen VW-Aufsichtsrat mit den Worten: "Wiedeking kann sich jetzt überlegen, ob er freiwillig geht oder ob wir ihn unsanft entfernen."

Die Porsche-Mitarbeiter machen "Focus" zufolge gegen die Demontage ihres Bosses mobil. Der Porsche-Betriebsrat und die Stuttgarter IG Metall bereiten massive Protestaktionen vor, falls der Sportwagenbauer seinen Chef und seine Eigenständigkeit verlieren sollte. Die Beschäftigten wollen laut "Focus"-Informationen die Werke in Zuffenhausen und Weissach besetzen. Niemand soll die Fabrikgelände betreten oder verlassen können. Sogar unbefristete Streiks seien vorgesehen. Die Produktion solle solange ruhen, bis die Eigentümerfamilien Porsche und Piech auf die Forderungen der Belegschaft eingingen.

Wiedeking will die Krise in seinem Unternehmen mit Hilfe einer Beteiligung des Wüstenstaates Katar alleine lösen. VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und das Land Niedersachsen als Großaktionär dagegen streben den Kauf von 49 Prozent der Porsche-Aktien durch VW und damit langfristig die Integration von Porsche als zehnte Marke in den Wolfsburger Konzern an.

Kritik an möglicher Rekordabfindung

Unterdessen sorgen die Meldungen über eine mögliche Rekord-Abfindung von mehr als 100 Mio. Euro für die offiziell dementierte Ablösung an der Porsche-Spitze für massive Kritik. Laut "Bild"-Zeitung warf der Leiter des Instituts für Wirtschaft und Arbeit an der Universität Bremen, Professor Rudolf Hickel, dem Porsche-Chef Wendelin Wiedeking Versagen vor.

"Wiedeking hat bei der versuchten Übernahme von Volkswagen mit abenteuerlichen Mitteln völlig versagt", sagte Hickel. Wiedeking sollte deshalb auf seine vertraglichen Ansprüche verzichten. "Es wäre ein Skandal, seinen Vertrag voll auszubezahlen."

Eine Zahlung scheint aber fast unumgänglich. Die Laufzeit des Vertrages des 56-Jährigen beträgt noch drei Jahre. Da Wiedeking im Geschäftsjahr 2007/2008 rund 70 Mio. Euro verdiente, müsste er in drei Jahren rund 200 Mio. Euro kassieren. Um seine Position durchzusetzen engaierte Wiedeking angeblich bereits den Arbeitsrechtler Jobst-Hubertus Bauer.

Klage wegen Untreue?

Trotzdem regt sich massiver Widerstand gegen eine solche Zahlung. Nur geschätzt rund zehn Mio. Euro der Vergütung von Wiedeking sind Festgehalt, der Rest Erfolgsprämien. "Jede Abfindung, die höher ist als das Grundgehalt, lässt sich den Aktionären von Porsche angesichts der extremen Verschuldung von Porsche nicht vermitteln", sagte Marco Cabras, Sprecher der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). "Wenn die Familien Porsche und Piech ihm mehr Geld geben wollten, müssten sie dies aus ihrem Privatvermögen zahlen."

Harte Konsequenzen droht der Münchener Rechtsanwalt Bernd Jochem Porsche an. "Jede Abfindung, die über die Auszahlung des Grundgehaltes hinausgeht, könnte riskant sein. Das könnten Aktionäre als Untreue zu Lasten des Unternehmens interpretieren." An sich sollte Wiedeking überhaupt kein Geld bekommen: "Richtig betrachtet müsste Wiedeking doch froh sein, wenn er wenigstens noch eine Abfindung des Grundgehaltes bekommt. Immerhin scheinen die Optionsgeschäfte ja Porsche in eine extrem schwierige Lage gebracht zu haben."

Quelle: ntv.de, ddi/AFP/dpa

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