Wirtschaft

Überraschend dicke Bücher Volkswirte zur Auftragslage

Die Anzeichen für eine breit angelegte Erholung der deutschen Wirtschaft mehren sich. Im April gehen bei den Unternehmen deutlich mehr Aufträge ein als erwartet. Nach dem guten Frühjahr glauben Volkswirte nun an einen starken Sommer.

Schweißnaht für Schweißnaht: "Der schwächere Euro hilft der deutschen Exportwirtschaft."

Schweißnaht für Schweißnaht: "Der schwächere Euro hilft der deutschen Exportwirtschaft."

(Foto: picture alliance / dpa)

Die deutsche Industrie ist mit einem unerwartet kräftigen Auftragsplus ins Frühjahr gestartet. Die Firmen erhielten im April preis- und saisonbereinigt 2,8 Prozent mehr Bestellungen als im Vormonat, wie das Bundeswirtschaftsministerium mitteilte. Analysten hatten im Schnitt nur mit einem Plus von 0,2 Prozent gerechnet. Bereits der März hatte den Firmen einen überraschenden Auftragsboom von revidiert 5,1 Prozent beschert.

In ihren ersten Reaktionen zeigen sich die Experten in den volkswirtschaftlichen Abteilungen der Banken auf angenehme Art überrumpelt. "Die überraschend gut ausgefallenen Daten bestätigen das Konjunktur-Bild", kommentierte zum Beispiel Jörg Zeuner von der VP BANK die Entwicklung. "Die Erholung der Weltwirtschaft setzt sich fort."

Viele Aufträge stammten allerdings aus Asien und den USA, hob Zeuner hervor. Die Krise der europäischen Gemeinschaftswährung habe die Wirtschaft in vielen Staaten der Euro-Zone belastet. "Der schwächere Euro hilft allerdings der äußerst wettbewerbsfähigen deutschen Exportwirtschaft", betonte Zeuner. "So lange der Euro schwach bleibt, nutzt es also auch der deutschen Industrie. Der schwache Euro ist für sie eine Art Konjunkturprogramm. Wir gehen davon aus, dass sich auch in den nächsten Monaten der Aufwärtstrend fortsetzt."

Hoffnungen auf einen anhaltenden Aufschwung nährte auch WestLB-Ökonom Jörg Lüschow. "Die Industrie befindet sich in einer kräftigen Erholung. Das lässt in der Grundtendenz eine weitere Ausweitung der Produktion erwarten. Die Industrie dürfte das Wachstum im zweiten und dritten Quartal merklich stützen." Erfreulich sei, so Lüschow weiter, dass die Inlandsnachfrage deutlich gestiegen sei und das Plus nicht auf Sondereffekte wie Großaufträge aus dem Ausland zurückgeführt werden müsse.

Kein "Double-Dip" für Deutschland

"Die Schuldenkrise in der Euro-Zone und die Sparmaßnahmen schlagen sich nicht im ersten Schritt in der Industrie nieder", hielt Lüschow fest. "Beim Export wird sich die Konsolidierung in den europäischen Ländern jedoch auf die Nachfrage auswirken." Deutschland profitiere allerdings von seiner starken Stellung bei den Investitions- und Vorleistungsgütern. Es zahlt sich aus, so Lüschow, "dass viele Unternehmen ein starkes Asien-Geschäft haben. Das kompensiert den Effekt der Sparmaßnahmen in Europa."

"Für die deutsche Industrie läuft es seit Monaten richtig gut", bestätigte Andreas Scheuerle von der Dekabank. "Die Auftragsbücher füllen sich." Der Ökonom der Dekanbank warnt allerdings vor Problemen. "Die globalen Indikatoren haben ihren Höhepunkt überschritten. Wir erwarten deshalb kein 'double dip', gehen aber davon aus, dass die Impulse geringer werden", beschrieb Scheuerle die Einschätzung seines Hauses.

"Es war klar, dass die Konjunkturprogramme und der Lagerzyklus nicht ewig tragen können", so Scheuerle weiter. "Danach muss sich zeigen, wie stark die Bremseffekte einer Konsolidierung sind. Wir gehen grundsätzlich nur von einer Wachstumsverlangsamung aus, nicht von neuen rezessiven Tendenzen."

Quelle: ntv.de, rts

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