Große Koalition sorgt für Gegenwind Windenergie-Titeln geht die Puste aus
11.11.2013, 18:46 Uhr
Die geplanten politischen Eingriffe in die Energiewende sorgt für Missstimmung bei den Anlegern von Windenergie-Aktien.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die CDU feiert die in den Koalitionsverhandlungen mit der SPD gefundenen Korrekturen bei der Energiewende als "großen Wurf". Die Anleger sehen das anders: Werte wie Nordex und PNE Wind kommen unter die Räder. Der Abwärtssog erfasst auch Solartitel. "Die Unsicherheit mach den Markt kaputt", heißt es bei Nordex.
Stürmische Zeiten stehen den Aktionären von Windenergietiteln wie Nordex oder PNE Wind bevor. Der Grund dafür liegt in politischen Weichenstellungen der möglichen neuen Bundesregierung. Die sich abzeichnende Einigung zwischen CDU und SPD in den Koalitionsverhandlungen über einen Abbau der "Überförderung" beispielsweise bei der Windkraftgewinnung liefert einen ersten Vorgeschmack: Die Kurse brechen ein.
Nordex büßen zu Wochenbeginn zeitweise mehr als 20 Prozent ein und führten damit die Verliererliste im TecDax mit großem Vorsprung an. Auch PNE Wind kamen unter die Räder: Das Minus beträgt hier am Abend knapp 14 Prozent. Allerdings hatte Nordex seit Jahresbeginn mehr als 360 Prozent an Wert gewonnen - aufgrund voller Auftragsbücher und einer Rückkehr in die Gewinnzone im ersten Halbjahr. PNE konnte immerhin rund 50 Prozent Kursgewinn aufweisen. Auch der dänische Weltmarktführer Vestas kam im Montagshandel unter die Räder, die Aktie verlor 4,3 Prozent.
Der "große Wurf"?
Union und SPD wollen knapp drei Wochen nach dem Start der Koalitionsverhandlungen die Weichen für Korrekturen bei der Energiewende stellen. Ziel dabei ist es, den Anstieg der Strompreise zu bremsen. Dazu soll die Förderung der Windenergie deutlich gesenkt und die Zahl neuer Windparks in Nord- und Ostsee bis 2030 entgegen der Planungen fast halbiert werden.
CDU-Vize Armin Laschet bezeichnete die Pläne als "großen Wurf". "Unser Ziel war es, die Kostenexplosion in den Griff zu bekommen. Das haben wir erreicht", sagte Laschet der "Rheinischen Post". Niedersachsens SPD-Ministerpräsident Stephan Weil sagte der "Nordwest-Zeitung", er sei zufrieden "unter den gegebenen Umständen". "Die Vereinbarung gibt wichtige Leitplanken."
Die Grünen warfen Union und SPD hingegen vor, den Ausbau der erneuerbaren Energien abzuwürgen. "Union und SPD wollen offenbar die Atomkraftwerke durch klimazerstörende Kohlekraftwerke ersetzen. Da wird der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben", sagte Fraktionschef Anton Hofreiter den "Ruhr Nachrichten".
Politische Ränkespiele
"Offenbar versucht die große Koalition sich unter Gesichtswahrung ein bisschen von der Energiewende zu verabschieden", sagte Aktienstratege Robert Halver von der Baader Bank. Davon profitierten vor allem die großen Energieversorger: Eon legten am ersten Handelstag nach der neuen Beschlusslage 0,8 Prozent und entwickelten sich damit etwas besser als der Gesamtmarkt. "Es wird klar kommuniziert, dass weiter auf Kohle und konventionelle Energie gesetzt wird", sagte Halver. "Die SPD hat eine starke Basis in Nordrhein-Westfalen, da geht es um Tausende Arbeitsplätze."
Andere Börsianer blieben dennoch skeptisch in ihrer Beurteilung der Geschäftsperspektiven für die großen Versorger. "Wir gehen davon aus, dass systemisch relevante, aber unrentable Kraftwerke weiter Ausgleichszahlungen erhalten", hieß es in einem Kommentar einer Großbank. Die düsteren Gewinnaussichten hellten sich dadurch aber nicht auf, und die Rally der Versorgeraktien in den vergangenen Monaten sei überzogen. Die Commerzbank bekräftige ihre Anlageempfehlung für Eon mit "Hold" und für RWE mit "Reduce".
Obwohl die Solarbranche nach den Kürzungsrunden der vergangenen Jahre diesmal weitgehend verschont bleiben soll, stießen Anleger auch diese Titel vorsichtshalber ab. Im TecDax verlieren SMA Solar 1,7 Prozent. Die in keinem Index mehr gelisteten Solarworld-Anteilsscheine verloren 2,5 Prozent.
"Unsicherheit macht Markt kaputt"
Nordex selbst bleibt gelassen: Die Pläne seien wenig bedrohlich, da man nur noch zehn Prozent des Geschäftes in Deutschland mache, sagte ein Nordex-Sprecher. Die bestehenden Unsicherheiten über die Fördermodalitäten seien aber ein Risiko für die Branche, da Banken sich in dieser Situation mit Finanzierungszusagen zurückhielten, sagte der Nordex-Sprecher. "Das macht derzeit den Markt kaputt."
Die Überförderung von Anlagen im windreichen Norden Deutschlands habe die Branche bereits eingeräumt. Eine "regionale, maßvolle Umverteilung" sei sinnvoll und verkraftbar. Fast alle neuen Projekte rechneten sich, auch wenn ein gewisser Preisdruck eintreten könnte, erklärte der Nordex-Sprecher weiter.
Quelle: ntv.de, bad/dpa/DJ/rts