"Schiffbruch" der Krisenstrategie Wirtschaftsweiser tadelt Merkel
07.05.2012, 12:20 Uhr
Peter Bofinger.
(Foto: REUTERS)
Die Arbeitslosigkeit in der Eurozone steigt, einige Euroländer stecken in der Rezession. Vor diesem Hintergrund sei Kanzlerin Merkels Kurs in der Schuldenkrise gescheitert, kritisiert der Wirtschaftsweise Bofinger. Die gewählte Therapie sei nicht nur unzureichend, sondern kontraproduktiv.
Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger hat den Kurs der Bundesregierung in der europäischen Schuldenkrise scharf kritisiert. "Insgesamt hat die Strategie der Bundesregierung, die Krise über einen maximalen Marktdruck und dadurch forcierte prozyklisch wirkende Sparprogramme zu lösen, völligen Schiffbruch erlitten", sagte Bofinger in einer Stellungnahme für eine Anhörung des Bundestags-Haushaltsausschusses.
"Nicht zuletzt die dadurch entstandenen teilweise extrem hohen Arbeitslosenraten von jungen Menschen stellen eine große Gefahr für die politische Stabilität und zugleich für die Zustimmung der Bürger zur Europäischen Union dar", erklärte der Wirtschaftsprofessor bei einer Expertenbefragung zum Rettungsschirm ESM und zum Fiskalpakt. Aus Sicht Bofingers hat auch die Europäische Zentralbank versagt.
Kritik am Rettungsschirm
Über Fiskalpakt und dauerhaften ESM stimmt der Bundestag am 25. Mai ab. Beim Fiskalpakt ist Schwarz-Gelb auf die Opposition angewiesen, da in Bundestag und Bundesrat eine Zweidrittelmehrheit nötig ist. Die Linkspartei hat Verfassungsklage angekündigt, die Grünen plädieren für eine spätere Abstimmung.
Bofinger sagte, die Entwicklung in den vergangenen zwei Jahren lege es nahe, dass "die von der Bundesregierung präferierte Therapie nicht nur unzureichend, sondern vielmehr kontraproduktiv gewesen ist". Die Krise lasse nicht nur und nicht vorrangig auf fiskalisches Fehlverhalten der Problemländer zurückführen. Im Gegensatz zu Griechenland oder Deutschland hat beispielsweise Spanien vor der Finanz- und Wirtschaftskrise nicht gegen die europäischen Stabilitätskriterien verstoßen. Außerdem habe auch die deutsche Wirtschaftspolitik maßgeblich zu Ungleichgewichten innerhalb der Eurozone beigetragen, sagte Bofinger und verwies auch auf Maßnahmen zur Senkung des Lohnniveaus.
Der Regierungsberater äußerte zugleich Kritik am ESM: Dieser sei weder vom Volumen noch von den Konditionen her in der Lage, eine umfassende Antwort auf die gravierenden Risiken zu bieten.
Quelle: ntv.de, jga/dpa