Sperrungen, Umwege, Verspätungen Worauf sich Bahnkunden einstellen müssen
31.03.2016, 13:52 Uhr
Zwischen dem 23. April und 8. Mai wird es zwischen Hannover und Kassel kein Durchkommen geben.
(Foto: dpa)
Angekündigt waren die umfassenden Bau- und Sanierungsarbeiten der Deutschen Bahn zwar, aber dass die Strecke zwischen Hannover und Kassel gleich für mehrere Wochen voll gesperrt wird, überrascht nicht nur die Reisenden. Karl-Peter Naumann vom Fahrgastverband Pro Bahn kritisiert die späte Kommunikation.
n-tv.de: Die Strecke Hannover - Kassel wird ab dem 23. April voll gesperrt. Hat Sie diese Ankündigung überrascht?
Karl-Peter Naumann: Ganz überrascht hat mich die Ankündigung nicht, man hat es gerüchteweise schon gehört. Die Bahn hatte ja auch Anfang des Jahres Bauarbeiten auf der Schnellfahrstrecke angekündigt, allerdings nur zwischen Hannover und Göttingen.
Bei aller Kritik - sollte man nicht froh sein, dass das marode Streckennetz nun endlich repariert wird?
Ich denke, es ist absolut richtig und notwendig, dass die Arbeiten gemacht werden. Dass man nach 25 Jahren Betrieb auf einer Schnellfahrstrecke Schienen auswechseln muss, ist völlig in Ordnung. Was wir jedoch kritisieren, ist die Art und Weise, wie die Bahn es kommuniziert: Wenn man Anfang des Jahres große Pläne vorstellt, wo und wie man bauen will, dann muss sich der Kunde auch darauf verlassen können. Es können nicht einfach kurzfristig und ohne Begründung andere Baumaßnahmen angekündigt werden, die vor allem viel weitreichendere Auswirkungen auf die Fahrtzeit haben. Die Kritik ist hier nicht am Bauen, die Kritik ist eindeutig an der Kommunikationspolitik der Deutschen Bahn.
Waren die Schäden am Streckennetz größer als gedacht oder wollte die Bahn etwas verschleiern?
Das ist ganz schwer zu sagen: Möglicherweise hat man tatsächlich neue Schäden entdeckt, dann ist es natürlich richtig, wenn man diese auch behebt. Man sollte aber in jedem Fall die Öffentlichkeit und die Fahrgäste rechtzeitig und umfassend informieren.
Wissen Sie schon etwas über mögliche Umleitungsstrecken und wie viel Zeit das die Reisenden kosten wird?
Wer von Berlin nach Fulda oder Frankfurt will, kann die neue Schnellfahrstrecke über Erfurt nutzen. Da werden auch heute schon Züge angeboten und diese Route wird man auch sicherlich verstärkt anbieten. Für die Reisenden, die von Hamburg, Bremen, Hannover und dem Hinterland aus auf der großen Nord-Süd-Route in Richtung Kassel, Fulda, Frankfurt und München fahren, wird es vermutlich keine Alternative geben, als eine Stunde länger unterwegs zu sein und gegebenenfalls zusätzlich umsteigen zu müssen.
Rechnen Sie mit starken Auswirkungen auch auf andere Strecken in Deutschland, beispielsweise durch erhöhtes Fahrgastaufkommen?
Viele alternativen Routen gibt es nicht: Es gibt einmal die Berlin-Erfurt-Strecke, da ist viel Kapazität vorhanden. Wenn die Bahn auf diese Strecke einige Züge umleiten wird, dürfte das völlig problemlos sein. Möglicherweise werden einige Reisende aus dem Raum Bremen und Osnabrück versuchen, ihr Ziel in Süddeutschland über Köln zu erreichen. Auf dieser Strecke wird es dann vielleicht ein vermehrtes Aufkommen von Fahrgästen geben. Das kann man aber zum jetzigen Zeitpunkt schwer abschätzen.
Müssen Fahrgäste mehr Geld zahlen?
Wir hoffen, dass es zu keinen erhöhten Fahrpreisen kommt und ich rechne auch nicht damit. Es gab jedoch manchmal in der Vergangenheit durch die Inflexibilität des Buchungssystems höhere Fahrpreise - die muss man sich dann aber unbedingt erstatten lassen.
Im Zeitraum der Sperrung kann man aktuell keine Sparpreise buchen - hat das etwas mit der Streckensperrung zu tun?
Ja, die Deutsche Bahn hat einem Kunden vor mehr als zehn Tagen bereits so geantwortet: "Da noch kein genaues Konzept über ein Ersatzfahrplan etc. vorliegt, wurde zunächst der Verkauf der Sparpreise unterdrückt. Die Kontingente werden wieder geöffnet, sobald über den Ersatzfahrplan entschieden wurde." Der Ersatzfahrplan wurde hier schon für den 23. März angekündigt.
Worauf müssen sich die Fahrgäste in den nächsten Wochen einstellen?
Die Bahn hat ja schon Anfang des Jahres einen ganzen Katalog von Strecken aufgezeigt, wo größere Baumaßnahmen kommen werden. Die muss man sich dann anschauen, wenn sie aktuell werden. Wichtig ist aber, und das ist auch unsere Forderung an die Deutsche Bahn, dass man Streckensperrungen, Umleitungen und eingleisigen Betrieb deutlich und rechtzeitig bekannt gibt und dafür sorgt, dass die Reisenden vernünftig ans Ziel kommen. Und dazu gehören auch zusätzliche Züge.
Mit Karl-Peter Naumann sprach Liv von Boetticher-Germeroth
Quelle: ntv.de