Solidaritätsfonds: ja, Zwangsabgabe: später Zypern macht ersten Rettungsschritt
22.03.2013, 22:55 Uhr
Wütende Zyprer verbrennen vor dem Parlamentsgebäude in Nikosia die EU-Flagge, während die Abgeordneten die ersten Teile des Rettungspakets verabschieden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Rettung Zyperns vor der Pleite nimmt Formen an: Das Parlament in Nikosia bringt etwa Einschränkungen für den Kapitalverkehr auf den Weg. Es sagt aber auch Ja zum umstrittenen Solidaritätsfonds, der vor allem der deutschen Regierung sauer aufstößt. Dagegen wird die Entscheidung zur Zwangsabgabe auf Bankeinlagen vertagt. Aufgebrachte Bürger protestieren gegen die Beschlüsse.
Mit der Verabschiedung erster Punkte eines neuen Rettungsprogramms versucht sich Zypern doch noch vor dem Finanz-Kollaps und der Pleite zu retten. Das Parlament billigte zunächst me hrheitlich Einschränkungen im Kapitalverkehr und die Bildung eines Solidaritätsfonds zur Rekapitalisierung der Banken. Dieser Punkt war von Seiten der Europäischen Union (EU) zuvor heftig kritisiert worden. Später sollte auch die Spaltung einer der großen Banken des Landes gebilligt werden. Erst für Samstag war dagegen die Abstimmung über den wichtigsten Teil des Rettungspakets geplant: Dann steht die Zwangsabgabe auf Bankeinlagen zur Debatte. Sie ist auch die wichtigste Voraussetzung für weitere Hilfen aus der EU.
Laut Fernsehberichten ist zur Vermeidung des Staatsbankrotts Zyperns eine Zwangsabgabe von 15 Prozent auf Bankguthaben von mehr als 100.000 Euro im Gespräch. In Parteikreisen hieß es, erwogen werde unter anderem aber auch, nur die größten Einlagen bei der größten Bank, der Bank of Cyprus, mit einer 20-prozentigen Abgabe zu belegen.
Die zyprischen Banken verwalten rund 68 Mrd. Euro an Einlagen, davon 38 Mrd. auf Konten, auf denen mehr als 100.000 Euro liegen. Viele der größten Einlagen gehören Ausländern, insbesondere Russen.
Solidaritätsfond - trotz harscher Kritik
Der Solidaritätsfonds soll früheren Angaben zufolge mit Kapital von Kirche, Rentenkassen und anderen Einrichtungen gefüllt werden und Staatsanleihen ausgeben. Auch die zyprische Zentralbank soll mit ihren Goldreserven dazu beitragen. Vor allem der Zugriff auf die Rentenkasse stößt dabei auf Kritik: "Das können wir auf keinen Fall akzeptieren", sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel. Auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) ist gegen diesen Plan.
Die EU hat Zypern eine Frist bis Montag gesetzt, um eine Eigenbeteiligung von 5,8 Mrd. Euro aufzutreiben. Diese Summe ist Bedingung dafür, dass das Land 10 Mrd. Euro an Hilfskrediten erhält. Andernfalls will die EZB ihre Unterstützung für angeschlagene zyprische Banken einstellen, so dass diese zusammenbrechen würden und dem Land die Pleite droht. Ein erstes Hilfspaket, das eine Sonderabgabe auf Bankeinlagen vorsah, hatte das zyprische Parlament am Dienstag abgelehnt.
Aufgebrachte Bürger
Kreisen zufolge werden sich die Finanzminister der Euro-Gruppe erst am Sonntag treffen und über etwaige Zypern-Hilfen beraten. Das Treffen werde in Brüssel stattfinden, verlautete aus Eurozonen-Kreisen. Ein Vertreter der zyprischen Regierung kündigte an, Präsident Nikos Anastasiades werde am Wochenende nach Brüssel reisen.
Die Parlamentsdebatte war von aufgebrachten Demonstranten begleitet worden. Diese hatten vor dem Parlamentsgebäude in Nikosia eine Europaflagge verbrannt. Mit Blick auf die mögliche Zwangsabgabe auf Bankguthaben riefen die etwa 30 vermummten Jugendlichen: "Die Abgabe ist Diebstahl". Auch viele Bankangestellte, die um ihre Arbeitsplätze fürchten, waren vor das Parlament gekommen.
Auch in Griechenland kochte der Volkszorn hoch: Etwa tausend Anhänger der griechischen Neonazi-Partei Chryssi Avghi (Goldene Morgenröte) protestieren vor der deutschen Botschaft in Athen gegen den Umgang mit dem finanziell angeschlagenen Zypern. Sie trugen bei der Kundgebung Plakate mit Aufschriften wie "Deutschland raus" und "Merkel raus". Die meisten Teilnehmer erschienen mit rasierten Köpfen und in schwarzer Kleidung. Die Partei war im vergangenen Sommer erstmals ins griechische Parlament eingezogen und lehnt die internationalen Sparauflagen für Griechenland ab.
Zudem gingen auch etwa 200 linke Demonstranten in der Innenstadt von Athen auf die Straßen. Sie riefen Sprüche wie "Griechenland und Zypern - gemeinsam gegen den Euro".
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Quelle: ntv.de, bad/AFP/rts/DJ