Wirtschaft

Kirchenoberhaupt sieht Euro-Untergang Zypern soll austreten

Erzbischof Chrysostomos vertraut den "Genies in Brüssel" nicht.

Erzbischof Chrysostomos vertraut den "Genies in Brüssel" nicht.

(Foto: AP/dpa)

Zyperns Kirchenoberhaupt empfiehlt den Austritt aus dem Euro. Erzbischof Chrysostomos II. sagt den Untergang der Gemeinschaftswährung voraus. Zuvor würde die zyprische Kirche dem Land aber monetär unter die Arme greifen. Ein Rettungsplan Zyperns liegt auch kurz vor dem Ablauf des EZB-Ultimatums noch nicht auf dem Tisch, Finanzminister Sarris spricht aber von "erheblichen Fortschritten".

Das Oberhaupt der Orthodoxen Kirche in Zypern hat sich für einen Ausstieg Zyperns aus dem Euro ausgesprochen. "Es ist nicht einfach, aber wir müssen darauf so viel Zeit verwenden wie auf den Beitritt zum Euro", sagte Erzbischof Chrysostomos II. der griechischen Zeitung "Realnews". Der einflussreiche Kirchenmann sagte zur Begründung, dass die Gemeinschaftswährung nicht lange überleben werde. "Ich sage nicht, dass der Euro morgen zusammenbricht. Aber mit diesen Genies in Brüssel ist sicher, dass er nicht lange halten wird."

Es sei in der aktuellen Lage geboten, darüber nachzudenken, wie Zypern einem Zusammenbruch des Euro "entkommen" könne, sagte Chrysostomos. Der Erzbischof betonte, das Angebot der zyprischen Kirche gelte weiterhin, dem Staat durch ihr Vermögen in der Eurokrise zu helfen. Die Kirche, größter Grundbesitzer Zyperns und einer der wichtigsten Akteure in der Wirtschaft, hatte angeboten, unter anderem Hypothekenkredite auf ihre Güter aufzunehmen. "Der zyprische Präsident Nikos Anastasiades hat den Vorschlag angenommen, (...) aber es müssen noch rechtliche Probleme gelöst werden", sagte Chrysostomos.

Eine Rettung Zyperns ist auch kurz vor Ablauf des EZB-Ultimatums nicht in Sicht. Die Regierung hofft zwar auf eine baldige Einigung mit den internationalen Geldgebern. Die Parlamentarier in Nikosia werden sich aber vermutlich erst nach dem für Sonntagabend geplanten Treffen der Euro-Gruppe mit neuen Plänen für einen eigenen Sanierungsbeitrag beschäftigen, hieß es am Samstagnachmittag. Diese sind die Voraussetzung für die zehn Mrd. Euro umfassenden EU-Hilfen. Nachdem Russland weitere finanzielle Unterstützung für die Mittelmeer-Insel abgelehnt hat, kommt aber zumindest Bewegung in die Verhandlungen. Zypern scheint bereit zu sein, Bank-Kunden mit Guthaben von mehr als 100.000 Euro viel stärker als zunächst vorgesehen und im Sinne vieler EU-Partner zur Kasse zu bitten.

"Gespräche machen Fortschritte"

Zyperns Finanzminister Michael Sarris sagte, in den Gesprächen mit der Troika aus EU-Kommission, Europäischer Zentralbank und Internationalem Währungsfonds habe es erhebliche Fortschritte gegeben. Die Beratungen könnten noch am Samstagabend zu Ende gebracht werden, sagte Sarris und hoffte, dass es "keine Überraschungen" da gebe. "Wir werden nach dem Treffen der Euro-Gruppe zusammenkommen", sagte dagegen ein führender zyprischer Abgeordneter, der namentlich nicht genannt werden wollte, der Nachrichtenagentur Reuters. Er wisse noch nicht genau, wann das sein werde.

Zunächst war erwartet worden, dass das Parlament im Kampf gegen die Staatspleite noch am Samstag über die Zwangsabgabe auf Bank-Einlagen entscheidet. Die EZB hat Zypern eine Frist bis Montagabend gesetzt. Bis dahin muss der eigene Beitrag stehen. 5,8 Mrd. Euro sollen aus dem Finanzsektor kommen, erst dann können die zehn Mrd. Euro von EU und IWF freigegeben werden. Bis dahin bleiben die Banken geschlossen, weil mit einem Ansturm auf die Schalter gerechnet wird, sollte es keine Rettung geben

Präsident Anastasiades werde, abhängig vom Erfolg der Gespräche mit der Troika, kurzfristig nach Brüssel reisen, sagte ein Regierungsvertreter. Er ist erst knapp einen Monat im Amt, muss nun aber die Pleite abwenden, die dem Land spätestens im Juni droht. Es ist für Zypern die größte Krise seit dem Einmarsch türkischer Truppen 1974, der die Insel geteilt hat.

25-Prozent-Abgabe für reiche Bank-Kunden

Das erste Hilfspaket vor einer Woche hatte noch eine Sonderabgabe für alle Bank-Kunden vorgesehen, war vom Parlament in Nikosia aber nach heftigen Protesten der Bevölkerung ohne eine einzige Ja-Stimme abgeschmettert worden. Immer wieder war zuvor von einem Bank-Überfall die Rede gewesen. Nun ist Regierungsvertretern zufolge aber zumindest eine Abgabe auf Konten ab 100.000 Euro bei mindestens einer der maroden Banken des Landes im Gespräch. Weil viele der reichen Kunden Russen sind, hatte Zypern auf Hilfen aus Moskau gehofft - vergeblich, wie sich mittlerweile gezeigt hat.

Spätestens seit dem Schuldenschnitt für Griechenland ist der überdimensionierte Banken-Sektor marode. Die zyprischen Banken, die nun schrumpfen sollen, kommen auf Einlagen von 68 Mrd. Euro, 38 Mrd. Euro davon liegen auf Konten mit einem Guthaben von mehr als 100.000 Euro - enorme Summen für ein Land mit nur 1,1 Millionen Einwohnern. Kritiker werfen Zypern vor, mit niedrigen Steuern, hohen Zinsen und laxen Geldwäsche-Kontrollen dubiose Gelder anzulocken. Um den eigenen Sanierungsbeitrag aufzubringen, erwägt Zypern Finanzminister Sarris zufolge eine Abgabe von rund 25 Prozent auf Guthaben oberhalb von 100.000 Euro. Das soll zumindest beim größten Kreditinstitut des Landes gelten, der Bank of Cyprus.

Am Freitagabend hatte Zyperns Parlament schon den Weg für die Schaffung eines sogenannten Solidaritätsfonds frei gemacht und der Regierung die Vollmacht zur Beschränkung des Kapitalverkehrs und zur Aufspaltung von Banken gegeben. Das Institut der deutschen Wirtschaft (IW) hat dies als ein Einlenken auf den richtigen Weg bezeichnet. "Die Aufspaltung der Laiki-Bank in eine Good Bank und eine Bad Bank ist da ganz wichtig", sagte IW-Direktor Michael Hüther im Deutschlandfunk mit Verweis auf die zweitgrößte Bank des Landes.

Quelle: ntv.de, sla/rts/AFP

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