Wirtschaft

Rettung läutet harte Zeiten ein Zypern tritt schweren Weg an

Diese Forderung wurde erfüllt. Andere Wünsche werden offen bleiben.

Diese Forderung wurde erfüllt. Andere Wünsche werden offen bleiben.

(Foto: AP)

Zyperns Regierung einigt sich mit seinen Gläubigern auf ein Rettungspaket, die Zukunft des Inselstaates ist vorerst gesichert. Dennoch kommt keine echte Erleichterung auf. Denn jetzt steht der Umbau an, der das Land verändern muss.

Ein neuer Morgen in Zypern: Nach langen, harten Verhandlungen in Brüssel ist die Staatspleite in letzter Minute abgewendet worden. Die Regierung des überschuldeten Landes einigte sich im zweiten Anlauf mit ihren Geldgebern auf einen neuen Rettungsplan. Nun sollen nicht mehr die Kleinsparer zur Sanierung herangezogen werden, sondern die Großbanken mitsamt ihren Gläubigern und Kunden. Die Laiki-Bank, offiziell Cyprus Popular Bank, wird ihre Pforten nicht mehr öffnen. Das Institut wird in einen guten Teil und eine Bad Bank zerschlagen. Letztere soll nach und nach abgewickelt werden, während das Geschäft mit den Kleinsparern voraussichtlich in der Bank of Cyprus aufgehen wird.

Was auf den ersten Blick wie eine elegante, vernünftige Lösung klingt, hat weitreichende Folgen: Tausende Jobs werden wegfallen, Gläubiger und Kunden beider Banken werden viel Geld verlieren – wie viel genau, ist noch unklar. Klar ist bislang nur: Die zyprischen Banken werden erheblich verkleinert, die Regeln deutlich strenger. Das soll das Ende des Landes als Steuerparadies einläuten.

Ende der Steueroase

Der überdimensionierte Bankensektor gilt als Hauptverursacher der Wirtschaftskrise der Insel. Finanzielle Dienstleistungen machen derzeit einen Anteil von 45 Prozent am Bruttoinlandsprodukt aus, zusammen mit dem Tourismus sind es 70 Prozent der Wirtschaftsleistung. Rund 8500 Menschen arbeiten direkt in Zypern in der Finanzbranche, davon 3200 bei der größten Bank, der Bank of Cyprus, und 2300 bei dem zweitgrößten Institut, der Laiki-Bank.

Die Geldhäuser der Insel kommen auf Einlagen von 68 Mrd. Euro, 38 Mrd. Euro davon liegen auf Konten mit einem Guthaben von mehr als 100.000 Euro - enorme Summen für ein Land mit nur 1,1 Mio. Einwohnern. Viele Gelder kommen aus dem Ausland, oft von reichen Russen oder Briten. Es liegt dabei in der Natur der Sache, dass nur grob geschätzt werden kann, wie hoch der Schwarzgeldanteil hier ist.

Jetzt ist diese Blase geplatzt und die zyprische Wirtschaft dürfte einen bleibenden Schaden davongetragen haben. Volkswirte prophezeien, dass die Konjunktur in den nächsten Jahren um bis zu zehn Prozent schrumpfen könnte. Aus Verhandlungskreisen in Brüssel hieß es, das Land müsse nun wochen- oder gar monatelang seine Geldströme streng kontrollieren. Die Kapitalverkehrskontrollen sollen verhindern, dass bei der Wiedereröffnung der Banken eine massive Kapitalflucht einsetzt, die zum Kollaps des Bankensystems führen könnten. Doch auch wenn die zyprische Notenbank vor einigen Tagen versicherte, dass der Zahlungsverkehr unterbrochen sei, wurden zuletzt ungewöhnlich hohe Kapitalabflüsse aus Nikosia verbucht. Beobachter argwöhnen, dass es sich hierbei nicht nur um die üblichen Ausnahmen, wie etwa Überweisungen für humanitäre Hilfen, handelt. Hier flieht das große Kapital.

Auf dem Rücken der Zyprer

Zurück bleiben die zyprischen Bürger, die sich in den vergangenen Tagen nicht nur um ihre Ersparnisse sorgen mussten, sondern auch massiven Beschränkungen unterworfen waren. Die Banken geschlossen, die Abhebungen am Geldautomaten erst auf 260 Euro, dann auf 100 Euro am Tag begrenzt. Das Bargeld ist mittlerweile knapp und die Europäische Zentralbank hat noch nicht nachgeliefert.

Unklar ist auch, ob das Rettungspaket überhaupt ausreichen wird: Hartnäckig halten sich die Gerüchte, dass das Land schon bald mehr Geld benötigen wird, zu groß seien die Verwerfungen, die die geschlossenen Banken zuletzt angerichtet hätten. Die Euro-Finanzminister dementierten zwar einen Bericht der Tageszeitung "Die Welt", wonach rund zwei Mrd. Euro mehr benötigt würden. Der niederländische Finanzstaatssekretär Frans Weekers bestätigte allerdings zum Wochenstart, dass das Land vielleicht mehr als die berechneten 17 Mrd. Euro brauchen könnten: "Wir sind eine Woche weiter und der Wirtschaft wurde erheblichen Schaden zugefügt. Wundern Sie sich also nicht, wenn der Finanzbedarf Zyperns höher ausfällt."

Doch wer sollte sich noch wundern, nachdem zuletzt selbst die europäische Einlagegarantie für Guthaben bis 100.000 Euro mal eben infrage gestellt wurde. Mit dem zunächst geplanten Griff nach den Spareinlagen hat die Euro-Gruppe nicht nur das Vertrauen der Inselbewohner in die Europäische Gemeinschaft nachhaltig erschüttert - der internationale Aufschrei und das große Interesse am Schicksal des kleinen Landes belegen das. Die Fehlkommunikation wird den Verantwortlichen sowohl auf Zyperns als auch auf der Euroseite noch lange nachhängen – egal, wie schnell nun der neue Plan aufgelegt wurde. Da wird es Euro-Gruppenchef Jeroen Dijsselbloem nicht viel nützen, zu beteuern, dass der nun gefundene Deal schon vergangene Woche hätte geschlossen werden können, wenn sich die zyprische Regierung nicht dagegen gesperrt hätte, um die reichen ausländischen Bankkunden zu schonen.

Mit Hilfe des neuen Rettungspakets wird die Euro-Gruppe nun die reichen Bankkunden zur Kasse bitten – sofern sie noch da sind. Die anderen Inselbewohner können sich auf einen deutliche Rückgang des Bruttoinlandsproduktes und weiter steigende Arbeitslosenquoten einstellen. Aktuell liegt die Arbeitslosenquote bei 11 Prozent, viele Zyprer fürchten jedoch hier neue Rekorde wie in Griechenland, wo zuletzt eine Quote von 26 Prozent gemessen wurde. Von der einstigen Vollbeschäftigung kann Zypern die nächsten Jahre nur noch träumen.

Quelle: ntv.de, mit dpa/DJ

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