Wirtschaft

Republikaner überarbeiten Plan Neue Runde in US-Schuldendrama

Repräsentantenhaus am Capitol Hill

Repräsentantenhaus am Capitol Hill

(Foto: picture alliance / dpa)

Lösung in Reichweite oder alles nur heiße Luft? Die Republikaner stellen einen überarbeiteten Entwurf für eine kurzfristige Anhebung der Schuldenobergrenze im Repräsentantenhaus zur Abstimmung. Das Problem: Spätestens im Senat dürfte er auf Ablehnung stoßen - und der Schuldenstreit in eine neue Runde gehen. Die Märkte reagieren, das Ausland auch.

Im festgefahrenen Streit der US-Parteien über eine Anhebung der Schuldengrenze kommt wieder etwas Bewegung. Die Republikaner haben den Entwurf des republikanischen Sprechers im Repräsentantenhaus, John Boehner, überarbeitet und stellen ihn nun erneut zur Abstimmung. Damit soll die Zustimmung des konservativen Flügels gesichert werden, erklärten Vertreter der Partei.

Das Problem dabei: Selbst wenn der Entwurf vom unter republikanischer Mehrheit stehenden Repräsentantenhaus angenommen wird, dürfte er kaum die Zustimmung des demokratisch dominierten Senats finden. Und das Geschacher um eine Lösung des US-Schuldenstreits ginge weiter - inklusive der Verunsicherung der US-Bürger, des Auslands und der Finanzmärkte.

900 Mrd. Dollar mehr

Der verschärfte Entwurf sieht vor, dass die Schuldengrenze vom derzeitigen Niveau von 14,3 Billionen Dollar zunächst nur um 900 Mrd. Dollar angehoben werden darf, und dass eine weitere Anhebung erst dann erfolgen darf, wenn zuvor eine Vorschrift über einen ausgeglichenen Staatshaushalt in der Verfassung verankert wurde.

Der von Boehner ausgearbeitete Plan sah in seiner ursprünglichen Fassung eine Anhebung der Schuldengrenze in zwei Stufen sowie massive Einsparungen vor. Dieser Plan drohte aber am Widerstand aus den eigenen Reihen zu scheitern, da sich besonders konservativ eingestellte Abgeordnete kategorisch gegen jede Anhebung der Schuldengrenze ausgesprochen hatten.

Die verschärfte Variante dieses Plans sollte noch am Freitag zur Abstimmung gestellt werden. Diese habe nun genug Unterstützung unter den Republikanern, um im Repräsentantenhaus angenommen zu werden, gab sich der Mehrheitsführer des Hauses, Eric Cantor, sicher.

Im Senat ist dann Schicht

Der verschärfte Enwurf dürfte allerdings spätestens am Widerstand der demokratischen Mehrheit im Senat scheitern. Die Demokraten sind gegen den zweistufigen Plan, da er das Problem nur um gut ein halbes Jahr aufschieben würde. Im Februar oder März würden dann erneut schwierige Verhandlungen zwischen den Parteien um die nächste Stufe anstehen, da diese nach dem Willen der Republikaner nicht automatisch erfolgen soll. Der demokratische Mehrheitsführer im Senat, Harry Reid, arbeitet an einem eigenen Plan.

Und der sich damit immer weiter hinzuziehen drohende Streit macht nicht nur US-Präsident Barack Obama und die US-Bürger, Geschäftsleute und Wirtschaftsbosse nervös - auch außerhalb der USA wächst das Misstrauen gegen das Geschacher zwischen Demokraten und Republikanern um eine Lösung im US-Schuldenstreit. Die mächtigste Wirtschaftsnation sei von gefährlich verantwortungslosen Politikern als Geisel genommen worden, attackierte etwa China in Form der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua in ungewohnt scharfer Form.

Obama: Zeit reif für Kompromiss

Da hilft alles Drängen von US-Präsident Obama nichts: Bisher gibt es keine Einigung im US-Schuldenstreit.

Da hilft alles Drängen von US-Präsident Obama nichts: Bisher gibt es keine Einigung im US-Schuldenstreit.

(Foto: picture alliance / dpa)

Der Streit zwischen Obama und den Republikanern über die Anhebung der Schuldengrenze berge Rezessionsgefahren für die Weltwirtschaft. In Washington zeichnet sich trotz fieberhafter Beratungen keine Einigung ab - trotz eines erneuten, eindringlichen Aufruf Obamas zu einer Einigung: "Die Zeit für einen Kompromiss ist jetzt gekommen", sagte Obama im Weißen Haus. Es gebe immer noch "eine Menge Wege", die aus der Krise herausführten. Aber es bleibe nicht mehr viel Zeit.

Ein Vertreter des US-Präsidialamtes sagte aber gleichzeitig, ohne einen umfassenden Kompromiss sei die Regierung auch nicht bereit, eine kurzfristige Lösung für eine höhere Schuldengrenze mitzutragen.

Pleite wird wahrscheinlicher

Diese unübersichtliche Lage nährte Unsicherheiten, ob bis zum Stichtag, dem 2. August, noch eine Einigung gelingt und eine Zahlungsunfähigkeit vermieden werden kann.

Die Bundesregierung demonstrierte trotz der offenbar ausweglosen Lage in den USA weiterhin - zumindest nach außen - Gelassenheit. "Wir setzen weiter darauf, dass es eine Einigung gibt", sagte ein Regierungssprecher. Fast alle Experten weltweit warnen: Käme es tatsächlich in der nächsten Woche zu einer Zahlungsunfähigkeit der USA, könnte das Land abstürzen und die Weltwirtschaft mitreißen.

Unter anderem hatten die Chefs der drei größten US-Banken Goldman-Sachs, JP Morgan und Morgan Stanley am Vortag die Politiker in Washington eindringlich gemahnt, zusammenzufinden und eine Katastrophe mit unabsehbaren Folgen zu verhindern.

Märkte hochnervös

An den Märkten nahm unterdessen angesichts dieser unsicheren Lage die Nervosität weiter zu. Der Dollar fiel gegenüber dem japanischen Yen auf ein Viermonatstief und auch gegenüber dem Schweizer Franken auf rekordverdächtige Werte. Im Verhältnis zum Euro drückte sich das deshalb nicht aus, weil der Kurs der europäischen Gemeinschaftswährung unter neuen Sorgen über die Finanzlage in Spanien und Italien litt.

Inzwischen rechnen manche Analysten damit, dass selbst bei einer Lösung des Schuldenstreits in letzter Minute eine Abwertung der Bonität der USA drohe, solange kein langfristig tragfähiger Sanierungsplan für die Staatsfinanzen vorliegt. Bei US-Geldmarktpapieren kam es zu kräftigen Renditeanstiegen. Auch die Börsen litten unter dem andauernden US-Schuldenstreit.

Verbraucher ohne Vertrauen

Schlechte Nachrichten kamen auch noch aus der US-Wirtschaft. Sie ist im ersten Halbjahr dieses Jahres schwächer gewachsen als erwartet. Nach einem Anstieg der Wirtschaftsleistung um 0,4 Prozent im ersten Quartal legte diese von April bis Juni um 1,3 Prozent zu, wie die US-Regierung mitteilte. Es handelt sich dabei aber um den niedrigsten Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) seit der Rezessionsphase der größten Volkswirtschaft der Welt.

Die Wirtschaftsleistung der USA ist damit hinter den Erwartungen der Analysten zurückgeblieben. Sie waren von einem Wachstum um bis zu zwei Prozent im zweiten Quartal ausgegangen. "Die schlechten Zahlen werfen die Frage nach der Nachhaltigkeit des Wirtschaftsaufschwungs in der zweiten Jahreshälfte 2011 auf", sagte  ein Analyst der Rating-Agentur Moody's.

Der von Anlegern und Volkswirten stark beachtete Index gilt als wichtiges Kon-junkturbarometer, das das Kaufverhalten der US-Verbraucher im Voraus anzeigt. Die Konsumausgaben machen rund zwei Drittel der US-Wirtschaftsleistung aus

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen