Wirtschaft

Madrid starrt auf die Banken Spanien droht Gefahr

Flammenfront am Horizont: Die Prämien für spanische Staatsanleihen erreichen den höchsten Stand seit November 2011.

Flammenfront am Horizont: Die Prämien für spanische Staatsanleihen erreichen den höchsten Stand seit November 2011.

(Foto: REUTERS)

Die Glutnester der Schuldenkrise sorgen an den Märkten weiter für nervöse Gesichter: An verschiedenen Stellen drohen neue Brandherde aufzuflackern. Jüngstes Alarmsignal: Banken in Spanien borgen sich riesige Mengen Kapital bei der EZB.

Freitag, der 13. in Madrid: Die Börse fällt, die Risikoaufschläge steigen.

Freitag, der 13. in Madrid: Die Börse fällt, die Risikoaufschläge steigen.

(Foto: dpa)

Neue Hiobsbotschaften aus Spanien haben kurz vor dem Wochenende neue Nervosität an den Finanzmärkten ausgelöst: Die angeschlagenen Bankhäuser der viertgrößten Volkswirtschaft im Euroraum saugen sich weiter mit Zentralbankgeld voll, während die Risikoprämien an den Anleihemärkten steigen. An den europäischen Börsen zogen die Sorgen um Spanien die Finanzwerte nach unten, am Devisenmarkt brach der Euro-Kurs ein. Anleger wurden auch durch weitere typische Krisenanzeichen alarmiert: So stiegen die Prämien für Versicherungen gegen einen spanischen Zahlungsausfall deutlich an.

Spaniens kriselnder Bankensektor ist trotz der massiven Liquiditätsversorgung im Euroraum weiter in Geldnöten. Die Ausleihungen der spanischen Institute bei der Europäischen Zentralbank (EZB) stiegen im März um fast 50 Prozent und erreichten damit einen Rekord, wie aus Angaben der spanischen Nationalbank hervorging. Danach sind die Netto-Ausleihungen der spanischen Geldhäuser beim Eurosystem aus EZB und den anderen nationalen Notenbanken im Vergleich zum Vormonat von 152,4 Mrd. Euro auf 227,6 Mrd. Euro geklettert. Die spanischen Banken machen damit den Löwenanteil der im März von der EZB verliehenen Netto-Summe von 361,7 Mrd. Euro aus.

Diese Entwicklung löste einen Anstieg der Renditen spanischer Anleihen aus. Richtungsweisende Staatspapiere mit zehnjähriger Laufzeit bewegten sich wieder auf die kritische Marke von 6,0 Prozent zu - auch die italienischen Pendants wurden im Fahrwasser mitgezogen. Die leichte Entspannung, die Aussagen von EZB-Vertretern zum derzeit ruhenden Anleihekaufprogramm seit Wochenmitte auslösten, ist damit vorerst gestoppt. Auch der Euro geriet im Zuge der neuen Nervosität unter Druck.

Beachtliche Zweifel an Madrid

Weitere Krisensignale sendete auch der Markt für die umstrittenen Kreditausfallversicherungen (CDS) aus: Die Prämien für spanische Staatsanleihen stiegen auf den höchsten Stand seit November vergangenen Jahres, also noch bevor die EZB die Lage mit ihren beiden riesigen Geldspritzen beruhigen konnte. Am Freitag legte die Prämie für eine Versicherung auf spanische Anleihen mit fünfjähriger Laufzeit auf rund 490 Basispunkte zu. Bei einem Staatstitel über beispielsweise 10.000 Euro entspricht dies einer jährlichen CDS-Zahlung von 490 Euro.

Euro / US-Dollar
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An den europäischen Aktienmärkten litten besonders die Finanzwerte unter den Problemen Spaniens. Papiere der spanischen Großbank Santander sackten um rund vier Prozent ab. Anteilsscheine der italienischen Banken Unicredit und Intesa SanPaolo verbilligten sich jeweils um knapp drei Prozent. Wie ein Börsianer kommentierte, haben Banken einen "besonders schweren Stand, seit Spanien wieder in den Mittelpunkt gerückt ist". Es gebe beachtliche Zweifel, dass die Iberer ihr Haushaltsdefizit unter Kontrolle bringen können. Ein weiterer Marktteilnehmer zielte auf die hohen Ausleihungen der EZB an spanische Banken ab. Das sei kein gutes Zeichen und trübe die Stimmung, sagte er.

Soros attackiert die Bundesbank

In der Diskussion um die wieder aufflammende Schuldenkrise hat sich US-Investor George Soros erneut mit harten Vorwürfen gegen das deutsche Vorgehen zu Wort gemeldet. "Die Bürokraten bei der Bundesbank und anderswo sind gerade dabei, den Euro zu zerstören", sagte Soros der "Süddeutschen Zeitung". Die Eurozone steuere "mit den ganzen Sparpaketen" auf eine Weltwirtschaftskrise wie in den 1930er Jahren zu. "Europa spart sich kaputt, statt auch etwas fürs Wachstum zu tun", kritisierte er mit Blick auf das europäische Krisenmanagement. Die EZB habe mit ihrer Geldspritze von einer Billion Euro zwar für Beruhigung gesorgt. "Damit förderte sie aber die Nationalisierung der Finanzsysteme."

Tags zuvor hatte er seine Kritik bei n-tv noch in etwas weniger plakative Worte gekleidet: Mit dem Beharren auf weitere Sparmaßnahmen heize Deutschland die Schuldenkrise in Europa weiter an. "Wenn alle Länder zur gleichen Zeit versuchen, das zu tun, was Deutschland schon vor einigen Jahren getan hat - dann klappt das so nicht. Als Deutschland Sparmaßnahmen durchgesetzt hat, boomte der Rest von Europa! Und deutsche Exporte fanden guten Absatz. Wenn aber alle Länder zur selben Zeit sparen, dann bewegt sich Europa auf eine deflationäre Schuldenfalle zu!"

Soros schlägt unter anderem vor, dass die Euro-Staaten gemeinsam ihre Schulden reduzieren, also Deutschland stärker für angeschlagene Länder haftet. Der Aufstieg und Fall Europas "wird ablaufen wie bei einer Finanzblase, wenn wir nicht die Politik verändern", meinte Soros. "Ich denke wir brauchen ein System, dass die belohnt, die sich an die Regeln halten und jene bestraft, die die Regeln brechen", sagte er bei n-tv. "Aber die Regeln selbst müssen gerecht sein."

Portugal billigt Fiskalpakt

Unterdessen gab das portugiesische Parlament mit großer Mehrheit grünes Licht für den , der eine zentrale Rolle bei der Überwindung der Schuldenkrise spielen soll. Die Abstimmung in Lissabon ging mit 204 Stimmen zu 24 aus bei zwei Enthaltungen. Am Vortag hatten sich auch die Sozialisten als größte Oppositionspartei hinter den Pakt gestellt.

Portugal gilt neben , und als Sorgenkind der Eurozone. Das Land durchlebt derzeit die schwerste Rezession seit den 70er Jahren und hat Hilfe der EU und des Internationalen Währungsfonds ( ) in Anspruch nehmen müssen. Der IWF hatte dem Land vor etwa einer Woche Fortschritte bei Reformen bescheinigt.

Mit dem Fiskalpakt wollen die die Zügel bei der Kontrolle der Staatshaushalte und beim Schuldenabbau anziehen. Ziel ist es, das Vertrauen der Anleger in die Staatsfinanzen wiederzugewinnen und die Schuldenkrise zu überwinden. Nicht nur die Euro-Staaten, sondern auch fast alle übrigen EU-Staaten haben den Pakt unterzeichnet.

In Deutschland ist der Ratifizierungsprozess in Gange. Benötigt wird eine Zwei-Drittel-Mehrheit.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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