Der Börsen-Tag Jahrestief oder 13.000er-Marke: Woche der Entscheidung für den DAX
18.07.2022, 06:25 UhrDie Angst vor einer Energiekrise wird die Anleger am deutschen Aktienmarkt auch in der neuen Woche begleiten. Zudem dürfte die Europäische Zentralbank (EZB) trotz zunehmender Rezessionsrisiken erstmals seit mehr als einem Jahrzehnt die Leitzinsen erhöhen. In den vergangenen Tagen ging es für den DAX nach unten bis zur Nähe des Jahrestiefs von 12.390 Punkten – und im Anschluss wieder nach oben. Am Freitag hatte sich der deutsche Börsenleitindex mit einem deutlichen Aufschlag von 2,8 Prozent und einem Stand von 12.865 Zählern ins Wochenende verabschiedet. Aktuell wird er mit Kursen um 12.885 Zählern gehandelt, er kann sich also auf seinem am Freitag erreichten Niveau stabilisieren.
Die Anleger blicken nun gebannt auf die Gas-Pipeline Nord Stream 1, deren Wartung am Donnerstag enden soll. Allerdings ist unklar, ob Russland den Gashahn anschließend wieder aufdreht oder die Lieferungen als Vergeltung für die Sanktionen des Westens einstellt. "Ein plötzlicher Stopp würde Deutschland und Italien am stärksten gefährden und das Risiko einer stärkeren Rationierung von Energie erhöhen", sagt Katharine Neiss, Europäische Chefvolkswirtin beim Vermögensverwalter PGIM. Die Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland sei in Gefahr und das bei der gegenwärtig ohnehin unsicheren Konjunkturlage, urteilt die Helaba.
Parallel zur möglichen Entscheidung im Pipeline-Krimi steht die geldpolitische Entscheidung der EZB am Donnerstag im Fokus. Die Währungshüter hatten die erste Zinserhöhung seit 2011 signalisiert. Weitere Schritte sollen folgen. "Das Zinserhöhungsfenster schließt sich für die EZB aber schnell", warnen die Analysten der ING Bank. "Das ist ein Argument für eine Anhebung um einen halben statt dem von EZB-Chefin Christine Lagarde signalisierten Viertel Prozentpunkt." Die US-Notenbank Fed hatte ihren Leitzins im Juni um 0,75 Prozent angehoben, so stark wie zuletzt 1994.
Durch ihre Zaghaftigkeit habe die EZB Glaubwürdigkeit verloren, sagt Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. "Eine Inflationsrate über acht Prozent und negative Leitzinsen: Das ist Wahnsinn." Auch die Bank of Japan, die weitere letzte große Notenbank mit Nullzins-Kurs, wird am Donnerstag entscheiden.
Darüber hinaus wird die Bilanzsaison Börsianer auf Trab halten. "Zwar haben sich die Gewinnerwartungen vieler Unternehmen bislang bestätigt, sie werden aber unter Druck geraten, wenn sich die Konjunktur weiter abschwächt", warnt Analyst Craig Burelle vom Vermögensverwalter Loomis Sayles. "Dann sind die Bewertungen möglicherweise nicht mehr so günstig, wie sie derzeit erscheinen."
Dabei zeichnet sich aber zunächst ein ruhiger Start in die Handelswoche ab - was die Terminlage betrifft: Von Unternehmensseite veranstaltet etwa die Porsche AG einen virtuelln Kapitalmarkttag. Am Mittag legen dann in den USA Bank of America und Goldman Sachs Zahlen vor, nachbörslich öffnet IBM dann die Bücher. In Japan bleiben die Börsen feiertagsbedingt geschlossen.
Quelle: ntv.de