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China Ein Balanceakt

Von Oliver Stönner, Investment-Stratege bei Cominvest

Die wiederholten Hinweise der chinesischen Notenbank auf weitere Zinsschritte sollten nicht zu negativ interpretiert werden, da sowohl die Notenbank als auch die Regierung kein Interesse an einer zu schnellen Abkühlung der Konjunktur und der Aktienmarktdynamik haben. Entscheidend ist vor allem, dass die Regierung den Privaten Verbrauch stärken will. Bislang basiert die Wachstumsdynamik zum allergrößten Teil auf Exporten und Investitionen. Die Exporte werden schrittweise über steuerliche Maßnahmen und eine langsame Aufwertung des Renminbi gedämpft. Die Investitionen werden durch eine schwächere Exportentwicklung, langsam steigende Zinsen und direkte Eingriffe in die Kreditvergabe der Banken gebremst.



Folglich ist die große Herausforderung für die Regierung, die ersten Anzeichen auf eine robustere Aufwärtstendenz des privaten Verbrauch zu untermauern. Dies beinhaltet neben einem Ausbau des sozialen Sicherungsnetzes insbesondere Vertrauen in die Finanzmärkte, damit der private Vermögensaufbau vorangetrieben wird. Mit anderen Worten, das erst seit kurzer Zeit wiedergewonnene Vertrauen der Anleger in die Aktienmärkte wird vermutlich kaum durch zu starke Gegenmaßnahmen von offizieller Seite gefährdet.

Eine moderate Dämpfung der binnenwirtschaftlichen Dynamik und inländischen Finanzmärkte ist zudem deshalb von zentraler Bedeutung, da andernfalls die Importnachfrage geschwächt würde, die die Regierung ebenfalls stärken will. Das Ziel ist es, eine Verringerung des Handelsbilanzüberschusses sowohl über eine Abschwächung der Exporte als auch über stärker wachsende Importe zu erreichen. Bislang trägt diese Strategie allerdings noch keine greifbaren Früchte. Dies spiegelt sich in dem Anstieg der Exportquote, d.h. Exporte gemessen am BIP, wider. Diese Quote erhöht sich in diesem Jahr voraussichtlich weiter auf rund 40%. Erst im kommenden Jahr rechnen wir mit einem stärkeren Zuwachs der Importquote auf knapp 34,5%.

Nur wenn sich dieser Trend verstärkt fortsetzt, kann die Regierung die Exportabhängigkeit der chinesischen Wirtschaft reduzieren. Die Entschlossenheit der Regierung diese Entwicklung einzuleiten und voranzutreiben, zeigt sich einerseits in der Entscheidung Mehrwertsteuerrückerstattungen für eine Vielzahl von Exportgütern zu kürzen oder ganz abzuschaffen. Am stärksten werden Güter belastet, die besonders energieintensiv oder umweltverschmutzend sind. Erst wenn in den kommenden Monaten deutlich wird, dass die bisherigen Maßnahmen nicht ausreichen, um eine Verringerung des Handelsbilanzüberschusses und Neuausrichtung der Wirtschaft zu erreichen, dürften weitere Dämpfungsschritte folgen.

Diese Ausarbeitung dient ausschließlich Informationszwecken und stellt weder eine individuelle Anlageempfehlung noch ein Angebot zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder sonstigen Finanzinstrumenten dar. Die in der Ausarbeitung enthaltenen Informationen wurden sorgfältig zusammengestellt. Eine Gewähr für die Richtigkeit und Vollständigkeit kann jedoch nicht übernommen werden. Einschätzungen und Bewertungen reflektieren die Meinung des Verfassers im Zeitpunkt der Erstellung der Ausarbeitung.

Quelle: ntv.de

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