Roland Wörner Mehr Wettbewerb bei Rating-Agenturen
19.04.2010, 10:15 Uhr
Seit vielen Jahren beherrschen die US-amerikanischen Agenturen Moody’s, Standard & Poor’s und Fitch den weltweiten Markt zur Erstellung von Ratings – sowohl für Unternehmen als auch für Staaten und Gebietskörperschaften. Dieses Quasi-Monopol, manchmal als „Rating-Kartell“ bezeichnet, versagte bei der Bewertung von US-Subprime-Titeln offenkundig. Doch schon in den Jahren zuvor war es zu kontroversen Diskussionen gekommen.
So hinterfragten die Europäer immer wieder, ob die US-Institute mit der gebotenen Objektivität zu Werke gehen. Wiederholt wurde bei zwei in der gleichen Branche tätigen Unternehmen beobachtet, dass die Bewertung für den aus den USA stammenden Mitbewerber nicht selten um eine Nuance besser ausfiel als das Rating des offenbar gleichwertigen europäischen Kontrahenten. Da das Rating die Finanzierungskapazität des Unternehmens am Kapitalmarkt und die Zinskosten beeinflusst, kann dies den Wettbewerb entscheidend beeinflussen.
Griechenlands Schicksal am seidenen Faden
Die Griechenland-Krise hat dem Thema nun besondere Brisanz verschaffen und es in die höchsten politischen Ebenen katapultiert. Durch die zweifache Herabstufung des Griechenland-Ratings auf „BBB“ hängt das Schicksal des Landes nun am Verhalten der dritten Agentur, die ebenfalls mit einer Herabstufung droht. Sollte auch Moody‘s ihr Votum von „A2“ auf das Niveau der Kollegen senken, darf die Europäische Zentralbank (EZB) als Sicherheit für die Ausleihung von Geld an die Banken nach ihren eigenen Regeln keine griechischen Staatsanleihen mehr akzeptieren.
Zwar ist diese Vorschrift wegen der anhaltenden Finanzkrise zwar momentan ausgesetzt, doch die Folgen für Griechenland, den Euro und auch die Länder, die die Gemeinschaftswährung eingeführt haben, wären äußerst unangenehm. Die USA, selbst mit Verschuldungs- und Refinanzierungs-problemen „gesegnet“, würden hingegen als lachende Dritte von dieser Entwicklung profitieren.
Ein sinnvoller Schritt: Rating-Agenturen für Euro-Land
Daher ist der Plan, bei der Europäischen Zentralbank ein Länder-Rating für die Euro-Staaten einzurichten, zu begrüßen - zumal die EZB nach Meinung namhafter Volkswirte über eine hervorragend ausgestattete Research-Abteilung verfügt und der Aufwand demnach erträglich ausfiele. Zudem wäre dies ein starkes Signal für die selbstgefälligen US-Agenturen. Deren Einflussnahme auf ganze Staaten könnte durch den aufkommenden Wettbewerb zumindest ansatzweise korrigiert werden.
Ideal wäre es, wenn als Pendant zu den US-Agenturen zudem ein länderübergreifendes europäisches Institut aus der Taufe gehoben würde, das sich um Unternehmens-Ratings kümmert. Die nach Orientierung suchenden Investoren könnten im Vorfeld von Anlageentscheidungen so auf weitere fundierte Informationen zugreifen. Zudem böte sich die Chance, aufkommende Störfelder an den Kapitalmärkten früher als bisher zu erkennen. Letzteres ist den US-Agenturen bekanntlich nicht nur im Falle der Subprime-Titel gründlich misslungen.
Der Autor Roland Wörner von KSW Vermögensverwaltung ist Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.
Quelle: ntv.de