Kolumnen

Gegen den Strich Abteilung halt!

Ein neuer Minister doktert an einem alten Plan herum: Thomas de Maizière sollte nicht nach dem Motto "Augen zu und durch" handeln, sondern das Stückwerk Bundeswehrreform neu durchdenken. Das Wichtigste dabei: Die Aussetzung der Wehrpflicht gehört in den Müll.

Einsatzarmee oder Heimatschutztruppe: Was wird aus der Bundeswehr?

Einsatzarmee oder Heimatschutztruppe: Was wird aus der Bundeswehr?

(Foto: picture alliance / dpa)

Bundesverteidigungsminister Thomas de Maizière hat hinter verschlossenen Türen keinen Hehl daraus gemacht, dass er die große Bundeswehrreform seines Vorgängers in weiten Teilen für Stückwerk hält: undurchdacht und handwerklich stümperhaft. Was indes verstört: dass der Minister so inkonsequent ist und das Kernstück der Reform, nämlich die Aussetzung der Wehrpflicht, nicht in den Papierkorb wirft, stattdessen an dem alten Plan herumdoktert.

Das wäre aus mindestens zwei Gründen dringend geboten. Erstens steht schon jetzt fest, dass die Freiwilligenzahlen viel zu gering sind, um den Nachwuchsbedarf unserer Streitkräfte auch nur annähernd zu füllen. Zweitens: Es ist bereits heute absehbar, dass der Fokus auf eine Bundeswehr als Einsatzarmee in fernen Ländern - angesichts der aktuell bedrohlich anschwellenden Risiken auf heimischen Boden - gefährlich kurzsichtig ist. Ob die rasch wachsende Cyberkriminalität zwischen Staaten, ob wachsende Pandemie- und Epidemiegefahren, ob die beängstigende Zunahme von schweren Unwettern, ob wieder aufflammende territoriale Konflikte in Osteuropa wie in Serbien oder Ungarn - Europa und Deutschland werden in den nächsten Jahren nicht sicherer, sondern unsicherer. Deutschland braucht nicht nur eine Einsatzarmee, sondern einen funktionierenden Heimatschutz - selbst um den Preis, dass ein erweiterter Heimatschutz im Zweifel einer Grundgesetzänderung bedarf.

Wenn der Minister angesichts dieser großen Risiken nach dem Motto "Augen zu und durch" handeln will, dann sollten seine Parteifreunde nun den Mut aufbringen und im Bundestag das traurige Guttenberg-Erbe entsorgen und dem Minister Bewegungsfreiheit schaffen. Das könnte eine Sternstunde des Parlaments werden.

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Prof. Dr. Klaus Schweinsberg ist Gründer des Centrums für Strategie und Höhere Führung und Vorstand der INTES Stiftung für Familienunternehmen. Der Volkswirt und Publizist arbeitet als persönlicher Berater für große Unternehmen und Top-Manager.

Quelle: ntv.de

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