Kolumnen

Per Saldo - Die Wirtschaftskolumne Alles eine Frage der Hipness

Kreativität ist das Zauberwort.

Kreativität ist das Zauberwort.

(Foto: REUTERS)

Um wieder auf die Beine zu kommen, setzen Griechenland, Spanien und andere Länder der Eurozone mehr oder weniger freiwillig auf Altbewährtes: den Aderlass. Das stößt angesichts von Rezession und Massenarbeitslosigkeit nicht überall auf Gegenliebe. Dabei lässt sich Begeisterung dafür recht leicht entfachen.

Sparpakete sind schwer in Mode. Derzeit werden ganze Volkswirtschaften auf Wettbewerb getrimmt, wird ganzen Nationen der Schlendrian ausgetrieben. Doch ob in Griechenland oder anderswo: Statt Dringlichkeit und Unausweichlichkeit dieses Weges zu erkennen, reagiert die uneinsichtige Bevölkerung bockig und murrt.

Eine Lösung muss her. Schließlich sollen ja möglichst viele auf dem steinigen Weg in die lichte Zukunft mitgenommen werden, selbst wenn einige auf der Strecke bleiben. Eine gute Idee wäre deshalb, den Sparpaketen einen hippen Namen zu verpassen. Damit sorgt man für breite Akzeptanz und Anerkennung.

Wie in vielen anderen Dingen geht auch hier die Wirtschaft mit gutem Beispiel voran. Seit Jahren verbergen sich Kostensenkung, Effizienzsteigerung und Arbeitsplatzabbau hinter wegweisenden Bezeichnungen wie "Number One", "Forward", "On Track" oder "ReAct 09". Da wird jedem Entlassenen warm ums Herz, denn er darf sich sicher sein: Sein ritterliches Opfer macht dem geliebten Unternehmen den Weg frei in Richtung einer strahlenden Zukunft. Schmissige Schöpfungen wie "Fit for Global Competition" bringen auch den Widerspenstigsten zur Einsicht und lassen ihn begeistert rufen: "Frage nicht, was dein Unternehmen für dich tun kann! Frage, was du für dein Unternehmen tun kannst!"

Lufthansa weist den Weg

Jüngstes Beispiel ist die Lufthansa. Konzernchef Christoph Franz kündigte unlängst ein neues, milliardenschweres Sparprogramm an. Das wird auch allerhöchste Zeit, schließlich ist der Vorgänger namens "Climb 2011" gerade beendet worden. Die Kosten wurden um eine Milliarde Euro gedrückt, doch das reicht natürlich nicht aus.

In den kommenden Tagen wird Franz erst dem Management und dann den Betriebsräten das Programm erläutern – offenbar unter dem Arbeitstitel "Profit Improvement". Auf welchen Namen das Kind am Ende getauft wird, ist der Öffentlichkeit noch nicht bekannt. Auch die Mitarbeiter dürfen gespannt sein. Sie freuen sich aber schon auf einen prima Anglizismus und wissen: Das in naher Zukunft folgende Programm wird noch toller heißen.

Harter Wettbewerb, ungewisse Aussichten, globale Herausforderungen. Damit kann nur fertig werden, wer ständig in Bewegung bleibt. Nicht nur Konzerne müssen dauernd Stürmen widerstehen und sich auf kommende Unwetter vorbereiten. Restrukturierung als Dauerzustand? Das gilt gerade und vor allem für die Länder der Eurozone.

Mythos als Motivationshilfe

Um die Herzen der Bevölkerung angesichts von Rezession und wachsender Arbeitslosigkeit zu gewinnen – das zeigen die in Konzernzentralen ausgebrüteten beeindruckenden, überaus erfolgreichen Wortschöpfungen – bedarf es schlicht und ergreifend ausreichender Kreativität. "Be Hercules" – damit überzeugt man spielend auch den verstocktesten Griechen.

In Sachen Spanien muss man nicht lange suchen, man kann sich einfach bei der Dasa bedienen. Der Luft- und Raumfahrtkonzern hatte sein Sparprogramm Mitte der 90er Jahre "Dolores" getauft. Damit  gab das Management dem Kampf gegen den schwachen Dollar ("DollarLowRescue") einen mitreißenden Namen. Dabei gelang das Kunststück, an die Schönheit von Frauen zu erinnern und gleichzeitig entwaffnend ehrlich zu sein: Dolores, ein wundervoller Frauenname und zugleich das spanische Wort für Schmerzen.

Das ist Lyrik. Das hat Tiefgang. Welcher Spanier würde sich gegen ein Sparprogramm stellen, das einen solchen Namen trägt?

Quelle: ntv.de

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