Per Saldo - die Wirtschaftskolumne Anleger unter Klimaschock
21.08.2009, 12:00 UhrAktienanleger brauchen in stürmischen Börsenzeiten wie diesen starke Nerven. Nach Wochen steigender Kurse erwischte so manches Wärmegewitter an den Märkten die Investoren trotz Warnungen von Markt-Meteorologen eiskalt. Noch gehen die starken Kursschwankungen – von Kapriolen übermütiger süddeutscher Automanager einmal abgesehen – auf das Konto der Finanzkrise. Eines Tages wird die letzte Episode dieser düsteren Finanzmarkt-Ära in die Geschichtsbücher eingegangen sein. Ein Ende der Schaukel-Börsen ist damit jedoch nicht absehbar, im Gegenteil: Die Schwankungen dürften eher noch an Kraft gewinnen. Die Ursache dafür liegt auf der Hand: Die globale Erwärmung!
Zu diesem Schluss muss man zumindest kommen, wenn man die Forschungsarbeiten von US-Wirtschaftswissenschaftlern näher betrachtet, die den Zusammenhang zwischen der Wetterlage und der Entwicklung von Aktienkursen untersuchen. Das erstaunliche Ergebnis: Sonne und Regen bestimmen Wohl und Wehe an der Börse zu einem guten Stück mit.

Gewitter im Märzen geht nicht nur Bauern zu Herzen.
(Foto: Reuters)
So zeigte der US-Ökonom Edward Saunders in einem Aufsatz in der renommierten Zeitschrift „American Economic Review“, dass sich Wolken über der US-Finanzmetropole New York tatsächlich negativ auf die Kursentwicklung an der Wall Street auswirken. Die Gegenprobe machten die beiden US-Wissenschaftler David Hirshleifer und Tyler Shumway. In einer Studie bewiesen sie, dass sich an sonnigen Tagen die Kurse an den Aktienbörsen besonders gut entwickeln. Dafür untersuchten sie Wetter- und Kursdaten von 26 unterschiedlichen Börsenplätzen über einen Zeitraum von 15 Jahren. Entscheidend für die Zuverlässigkeit der Sonnen-Regel ist nach den Erkenntnissen der Ökonomen dabei, dass sich das gute Wetter bereits am frühen Morgen abzeichnet – selbst ein strahlend schöner Nachmittag kann also gegen einen verregneten Morgen nicht mehr viel ausrichten.
Zwar sitzen nicht alle Investoren gleichermaßen direkt an den großen Handelsplätzen in New York oder London, doch ändert das im Ergebnis wenig an den Resultaten: Die zentralen Pulsgeber des Handels sind die so genannten Market Maker, die jederzeit die Kauf- und Verkaufkurse für Aktien stellen und so das Geschäft im Fluss halten. Fürchten diese Kursmakler Verluste, dann treten sie durch größere Spannen zwischen An- und Verkaufskursen auf die Bremse. Untersuchungen der Yale-Ökonomen William Goetzmann und Ning Zhu haben gezeigt, dass die Auswirkungen von Sonne und Regen auf diese Market Maker ausreichen, um für den gesamten Markt einen nennenswerten Effekt nachzuweisen.
Börsianer sind auch nur Menschen
Die Erklärung für all diese bemerkenswerten Phänomene ist schlichte Psychologie: Börsianer sind auch nur Menschen – und die sind bei sonnigem Wetter zuversichtlicher, risikofreudiger und besser gelaunt als an trüben Tagen. Angesichts zunehmender Klimakapriolen und Wetterextremen verheißt das für die kommenden Jahre nichts Gutes. Wenn sich künftig Wirbelstürme, Dammbrüche und Hitzewellen den Rang ablaufen, dürfte der Dax nach strenger Auslegung der Wettertheorie manisch-depressive Züge entwickeln: Heute himmelhoch jauchzend, morgen zu Tode betrübt. Für Daytrader dürften mit dem Klimawandel also glorreiche Zeiten anbrechen.
Übrigens: Für den Börsenplatz Frankfurt sagen die Meteorologen nach einem heißen und sonnigen Wochenstart zur Wochenmitte Abkühlung bei Gewittern voraus. Machen Sie was draus!
Quelle: ntv.de