Inside Wall Street Das Geld im Weißen Haus
21.02.2012, 11:08 Uhr
(Foto: picture-alliance/ dpa)
Mitt Romneys Vermögen ist im US-Wahlkampf ein heiß diskutiertes Thema. Aber Romney ist nicht die Ausnahme, sondern die Regel. Es gilt: Wer den steinigen Weg ins Weiße Haus gehen will, braucht mehr als nur einen langen Atem. Wer US-Präsident werden will, braucht vor allem eines: Geld.
President's Day - bis heute ist der Geburtstag von George Washington (und Abraham Lincoln) einer der wichtigsten Feiertage für die patriotischen Amerikaner, die sich immer Mitte Februar an die mehr oder weniger bedeutenden Männer erinnern, die das Land seit 1789 geführt haben. Am Feiertag bleiben die Märkte geschlossen, was nicht darüber hinwegtäuschen kann, dass es für die US-Präsidentschaft nichts wichtigeres gibt als Geld.
Der Weg ins Weiße Haus ist ein langer, beschwerlicher und damit ein teurer Weg. Nur vermögende Amerikaner können ihn gehen - früher genauso wie heute. Im aktuellen Vorwahlkampf der Republikaner ist kein einziger Kandidat vertreten, der nicht mindestens Millionär ist. Der fundamental-christliche Rechtsaußen Rick Santorum kommt unter anderem dank eines früheren Engagements als Kommentator bei Fox News auf ein Vermögen von einer Million Dollar, der paläolibertäre Ron Paul hat als Autor mehrerer politischer Bücher rund vier Millionen Dollar angehäuft, und Newt Gingrich kommt auf rund sieben Millionen Dollar. Den größten Teil hat der ehemalige Sprecher des Repräsentanten seit seinem Rücktritt verdient: als politischer Berater, Analyst, Lobbyist und Sprecher.
Mit weitem Abstand reichster Kandidat ist Mitt Romney. Der ehemalige Gouverneur von Massachussetts hat ein Privatvermögen von rund 220 Millionen Dollar, das er größtenteils als Vorstandsvorsitzender des Private-Equity-Riesen Bain Capital verdiente.
JFK bleibt unerreicht
Auf demokratischer Seite tritt in diesem Jahr nur Amtsinhaber Barack Obama ins Rennen. Sein Vermögen wird auf fünf Millionen Dollar geschätzt, wenngleich der größte Teil aus Tantiemen für seine beiden Bücher stammt. Beide haben sich erst mit Beginn seiner Präsidentschaft erfolgreich verkauft.
Die meisten aktuellen Kandidaten für das Weiße Haus sind finanziell im historischen Mittel anzusiedeln. Lediglich Romney sticht hervor. Derart viel Geld hatte vor ihm kaum ein Präsident, streng genommen nur einer: John F. Kennedy saß auf einem Privatvermögen von rund einer Milliarde Dollar, das allerdings dem Familienclan gehörte und das er wegen seines frühen Todes nicht einmal anteilig erbte. Seinen Lebenswandel finanzierte er aus einem vergleichsweise bescheidenen Fond von rund zehn Millionen Dollar.
Großgrundbesitzer und Bauern
Zweitreichster US-Präsident war Gründervater George Washington – mit Abstrichen. Der Großgrundbesitzer wird zwar auf 525 Millionen Dollar taxiert, sein Gehalt machte rund 2 Prozent des damaligen Bruttoinlandsproduktes aus. Doch der historische Vergleich, hochgerechnet auf aktuelle Dollar ist wacklig, die Schätzung nur grob. Auch Thomas Jefferson, von Experten auf einen Besitz von 212 Millionen Dollar geschätzt, ist auf heutige Verhältnisse schwer hochzurechnen.
Interessant ist die Geschichte der präsidialen Vermögen, die ziemlich präzise die Veränderungen in der wirtschaftspolitischen Geschichte der USA nachzeichnet. So hatten die ersten Präsidenten, grob gesagt von Washington bis zu Zachary Taylor Anfang der 1850er-Jahre, ihren Reichtum auf Grundbesitz aufgebaut. Dazu kamen Landwirtschaft und Rohstoffhandel. Sie waren unterschiedlich erfolgreich, nicht zuletzt wegen der saisonalen und zyklischen Widrigkeiten, die mit der Ernte als Haupteinnahme verbunden sind.
Juristen sind gefragt
Am Anfang des 19. Jahrhunderts waren die USA weitgehend etabliert, Firmen und Genossenschaften hatten sich gegründet und Anwälte gewannen an Bedeutung. Andrew Jackson mag ein früher Vorläufer des Trends gewesen sein, der eine ganze Reihe von Juristen ins Weiße Haus brachte. Während keiner von ihnen darbte, wurde auch keiner über die Maßen reich: die Präsidenten Buchanan, Lincoln, Johnson, Grant, Hayes und Garfield gingen als Mitglieder des gehobenen Mittelstandes in den Ruhestand, sie hatten ein Vermögen von jeweils etwa einer Million Dollar.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden die USA zunehmend zur Industrienation. Damit kamen finanziell wie politisch die Mitglieder von Industrie-Dynastien an die Spitze. Ihr reichster Vertreter war John F. Kennedy, dessen Familienvermögen aus dem Finanzimperium stammte, das Präsidentenvater Joseph Kennedy aufgebaut hatte. Herbert Hoover hatte ein Vermögen von rund 75 Millionen Dollar, das aus seinem Besitz von Mienen im Berg- und Tagebau stammte. Theodore Roosevelt, Franklin D. Roosevelt und nicht zuletzt die beiden Präsidenten Bush konnten vor Amtsantritt jeweils auf vererbtes Familienvermögen zurückgreifen.
Im Laufe der Zeit hat sich indes nicht nur der Wohlstand der amerikanischen Präsidenten vor, sondern auch nach ihrer Amtszeit verändert. Für lange Zeit galt es als unschicklich, wenn ein Ex-Präsident mit einfacher Arbeit Geld verdienen wollte - heute ist das normal. Bereits Calvin Coolidge hätte seinen Ruhestand nicht ohne eine äußerst erfolgreiche Zeitungskolumne finanzieren können, die US-weit verkauft und gedruckt wurde. Gerald Ford verdiente als Aufsichtsrat zahlreicher großer Unternehmen gutes Geld. Und Bill Clinton, dessen Vermögen heute auf 38 Millionen Dollar geschätzt wird, profitierte vor allem von einem Rekord-Deal um seine Autobiographie.
Quelle: ntv.de