Kolumnen

Die Busch-Trommel Der Sieger ist der Finanzmarkt

Wer ist Schuld an der Euro-Misere, die Politik oder die sogenannten Märkte? Und wer diktiert wem, was zu tun ist: Die Politik den Märkten oder umgekehrt?

Wer ist Schuld an der Euro-Misere, die Politik oder die sogenannten Märkte? Und wer diktiert wem, was zu tun ist: Die Politik den Märkten oder umgekehrt?

(Foto: picture alliance / dpa)

Politiker sollten den internationalen Finanzmärkten dankbar sein, meint n-tv Börsenkommentar Friedhelm Busch. Statt unentwegt auf sie einzupügeln, sollten sie sehen, dass ohne den Druck der Märkte ein dauerhafter Abbau der Staatsschulden in Euroland und ein Neustart für Griechenland oder Italien gar nicht denkbar wären.

Das endlose Talkshow-Palaver der Massenmedien und die diffusen Protestaktionen vor den Bankzentralen in aller Welt lassen in der Öffentlichkeit kaum noch Zweifel aufkommen: Die entscheidende Ursache der gegenwärtigen Staatsschuldenkrise in Europa sind die Exzesse an den Finanzmärkten und die blinde Gier der Bankmanager und Spekulanten. Welche konkreten Vergehen man dieser amorphen Gruppe nun vorhalten kann, interessiert allerdings weniger.

Friedhelm Busch

Friedhelm Busch

Nun gibt es in der Tat problematische Strategien einzelner Akteure auf den Finanzmärkten, die kontrolliert, behindert, wenn nicht gar verhindert werden müssten. So kann es durchaus sinnvoll sein, durch eine gezielte Finanztransaktionssteuer den undurchschaubaren Wertpapierhandel über Hochfrequenzrechner weltweit zu verteuern und damit zu reduzieren oder den Banken beispielsweise beim Kauf von Anleihen überschuldeter Staaten die Bildung von belastbaren Eigenkapitalpuffern in ihren Bilanzen vorzuschreiben. Man sollte auch in den Banken selbst darüber nachdenken, ob all die undurchsichtigen Finanzprodukte notwendig sind, die letztlich nur der Erzielung eigener Gewinne aus Finanzgeschäften dienen und nicht der Absicherung von Kundengeldern. Ein Verzicht darauf könnte natürlich den eigenen Erfolg erheblich belasten, aber immerhin wäre es ein Hinweis auf eine vorhandene Einsicht und Selbstreinigungskräfte dieser Branche.

Der Politik scheinen die andauernden öffentlichen Proteste gegen die Banken durchaus ins eigene Konzept zu passen, belegen sie doch scheinbar, dass nicht die Regierungen die gegenwärtige Staatsschuldenkrise zu verantworten haben , sondern eben jene fehlgeleiteten, verantwortungslosen Finanzspekulanten, die mit Staatshilfen, also mit dem Geld der Steuerzahler vor dem Bankrott gerettet werden mussten, weil sonst das ganze Gesellschaftssystem zusammengebrochen wäre. Um diese Zwangslage künftig auszuschließen, sollen nun die systemrelevanten Banken an die kurze Leine staatlicher Kontrolleure gelegt werden. In Zukunft wollen also die Politiker den Finanzmärkten vorschreiben, wo's lang geht. Soweit die Hoffnung von Merkel und Co. Die Realität sieht völlig anders aus, wie in den letzten Tagen in Cannes zu besichtigen war.

Die Macht ist mit den Märkten

Nicht die Regierungschefs von Frankreich und Deutschland, nicht Brüssel oder die EZB haben den europäischen Stabilitätssündern die Richtung gewiesen, sondern die Finanzmärkte. Aber ist das allein schon ein Unglück? Erst als Griechenland begreifen musste, dass es ohne die finanzielle Unterstützung der Eurozone einsam und allein den Regeln der Finanzmärkte ausgesetzt sein würde, kroch Papandreou zu Kreuze. Verzichtete er erst auf die Volksbefragung zum griechischen Sparprogramm und dann auch auf das Amt des Ministerpräsidenten. Aber weder die eindringlichen Bitten der europäischen Regierungskollegen, noch die Sorge um den Euro oder gar um die Zukunft Europas haben ihn zur Einsicht gebracht, sondern ganz einfach der Hinweis: Kredite aus der gemeinsamen Kasse zu marktunüblich niedrigen Zinsen gibt es nur, wenn, wie verabredet, der griechische Haushalt so schnell wie möglich wieder in Ordnung gebracht wird. Andernfalls müssten sich die Griechen das Geld für ihre Rentenauszahlungen und Staatsgehälter auf den internationalen Finanzmärkten besorgen. Und dort würde es dann richtig teuer, für Griechenland wahrscheinlich unbezahlbar. Die Konsequenz wäre die Staatspleite.

Einem ähnlichen Druck von Seiten der Finanzmärkte sehen sich andere hochverschuldete Regierungen in Europa ausgesetzt. Portugal, Spanien oder Italien, bald auch Frankreich hängen ab vom Urteil der internationalen Ratingagenturen. Senken diese ihren Daumen, setzen sie also die Kreditwürdigkeit dieser Länder herab, weil ihnen die versprochenen Konsolidierungsmaßnahmen nicht ausreichend erscheinen oder nicht glaubwürdig, gibt es frisches Geld von privaten Investoren nur zu steigenden Zinsen. Um dem zu entgehen, sind jetzt offenbar selbst die schlimmsten europäischen Stabilitätssünder bereit zu tätiger Reue. Es sind im Grunde also die Finanzmärkte, die eine Sanierung überschuldeter Staatshaushalte erzwingen. Notfalls auch gegen den Willen der Bürger, die sich über Jahre am gepumpten Wohlstand prächtig gewärmt haben und nun, da ihnen die Rechnung präsentiert wird, desillusioniert und enttäuscht ihre verantwortlichen Politiker in die Wüste schicken.

Nach Irland und Portugal werden bald auch Spanien und Griechenland eine neue Regierung bekommen. Selbst Berlusconi scheint zum Abschuss freigegeben zu sein und Sarkozy könnte ihm bald folgen. Statt unentwegt auf die Finanzmärkte einzuschlagen, sollten die Politiker, wenn sie wirklich an einem dauerhaften Abbau der Staatsschulden und an einem Neustart interessiert sind, den internationalen Finanzmärkten insgeheim danken, denn letztlich sind sie es, die mit ihren Zinskeulen staatliche Geldverschwender abschrecken.

Quelle: ntv.de

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