Kolumnen

Inside Wall Street Ein Reigen schlechter Nachrichten

In New York beginnt langsam der Frühling. Der Dow Jones steht in voller Blüte und doch will es nicht so richtig warm werden im Land. Wo man hinschaut: Von guten Nachrichten weit und breit keine Spur. Die Situation in den USA ist spätestens auf den zweiten Blick völlig verfahren.

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(Foto: REUTERS)

Journalisten sollen ja keine Cheerleader sein, doch sucht man hin und wieder einfach nach guten Nachrichten, die sich kommentieren ließen – mit Blick an die Wall Street und nach Corporate America sind diese derzeit aber nicht zu finden.

Im Gegenteil: In den letzten Tagen jagte ein Aufreger den nächsten. Das fing zunächst bei General Electric an, wo man trotz Milliarden-Gewinnen keine Steuern zahlt. Das Unternehmen, einer der größten Industrie-Konzerne weltweit, stand kurz darauf erneut in den Schlagzeilen als CEO Jeff Immelt einen Kurztrip nach Japan unternahm. Dort verteidigte er eifrig die allgemeine Sicherheit von Atomkraft, während ein paar Meilen weiter radioaktiv verseuchtes Wasser hektoliterweise ins Meer floss.

GE-Chef Jeffrey Immelt begrüßt Japans Handelsminister Banri Kaieda.

GE-Chef Jeffrey Immelt begrüßt Japans Handelsminister Banri Kaieda.

(Foto: REUTERS)

Dass sich GE, immerhin der Konstrukteur einiger Fukushima-Reaktoren, zur Katastrophe äußern und dabei auch auf die positiven Seiten der Branche erwähnen muss, ist klar. Ein wenig Demut hätte Immelt dennoch gut getan. So zeigt sich ganz deutlich, dass GE weitere Geschäfte im Nuklearbereich wichtiger sind als das Leid der Japaner nach der Katastrophe.

In dieselbe Kerbe schlugen auch die Öl-Riesen. Während BP ein Jahr nach der Katastrophe auf der "Deepwater Horizon"-Plattform im Golf von Mexiko eifrig an neuen Bohr-Verträgen mit dem amerikanischen Innenministerium arbeitet, gönnte man sich beim Plattform-Betreiber Transocean dicke Boni. Der Grund: 2010 sei das "in Bezug auf Sicherheit das beste Jahr der Unternehmensgeschichte" gewesen. Wie bitte? Hat man "Deepwater Horizon" mit 13 Toten und der gewaltigen Verschmutzung des Golfs schon vergessen? – Keineswegs, heißt es bei dem Konzern. Doch sei der Unfall eben nur ein einzelner Zwischenfall, und die Zahl der Zwischenfälle sei 2010 eben geringer gewesen als in anderen Jahren. Das Ausmaß einzelner Zwischenfälle beachtet die betriebsinterne Statistik nicht, und damit können die Boni fließen.

Apropos Öl: Während der Ölpreis – und damit Heizöl ebenso wie Benzin – weiterhin klettern und auch keine Trendwende zu erwarten ist, bezuschusst Washington die Industrie weiterhin mit Milliardenbeträgen. Diese Subventionen waren einst beschlossen worden, um die Förderung von Öl bei niedrigen Barrel-Preisen attraktiv zu machen. Warum die Gelder immer noch fließen, obwohl die Öl-Industrie Rekordmargen einfährt, ist unklar – in Zeiten eines existenzbedrohenden Defizits um so mehr.

Nächste Branche, nächste Farce

Burger plus Job gefällig? McDonald's rührt die Werbetrommel.

Burger plus Job gefällig? McDonald's rührt die Werbetrommel.

(Foto: Reuters)

Der Fastfood-Riese McDonald's kündigt stolz die Schaffung von 50.000 neuen Arbeitsplätzen in Restaurants in ganz Amerika an, was auf den ersten Blick nach einer guten Nachricht für den US-Arbeitsmarkt aussieht. Ist es aber nicht, denn McDonald's schafft nun ganz genau das, was Amerika am wenigsten braucht: Schlecht bezahlte Jobs ohne Sozial- und Krankenversicherung. Abgesehen davon, dass angesichts hoher Arbeitslosigkeit jeder neue Job ein wenig hilft, bestätigt McDonald's doch vor allem, was Analysten seit zwei Jahren befürchtet hatten: dass all die gut bezahlten Stellen, die in der Krise verloren gingen, langfristig durch schlecht bezahlte ersetzt werden.

Bleiben wir beim Arbeitsmarkt, wo eine Geschichte aus dem Bundesstaat Wisconsin für Unruhe sorgt. Dort bleiben zurzeit viele neue Jobs, wenn es sie überhaupt gibt, unbesetzt, und dahinter steckt zunehmend ein einziges Problem: die Kommunen haben den öffentlichen Nahverkehr so stark beschnitten, dass viele Arbeitsplätze nicht mehr mit dem Bus zu erreichen sind. Solche Einsparungen sind zurzeit typisch für Amerika. Gespart wird an der Infrastruktur und bei Projekten, die der Unter- und Mittelschicht zu Gute kommen. Das allerdings hat Folgen für die gesamte Konjunktur.

Von guten Nachrichten hingegen findet sich keine Spur. Wie verfahren die Situation in Amerika ist, zeigt sich am ehesten in Washington, wo sich Republikaner und Demokraten weiterhin nicht auf einen Haushalt einigen können. Gelingt ihnen das nicht in den nächsten Tagen, laufen die Zahlungsermächtigungen der Regierung aus, Ministerien und Behörden könnten nicht bezahlt werden, die Regierung würde praktisch dicht machen – und das hilft wieder keinem.

Quelle: ntv.de

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