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Licht aus, Spot an Da ist sie wieder, die Euro-Krise

Portugal macht den Kotau und flüchtet sich unter Europas Rettungsschirm. Der Schritt war wie bei Irland kein leichter. Im Gegenteil: Die Wege an die Geldtöpfe von EU und IWF werden immer verschlungener. Was zählt, ist ein eiserner Wille.

Als geschäftsführender Premier Portugals deutlich handlungskräftiger: José Sócrates.

Als geschäftsführender Premier Portugals deutlich handlungskräftiger: José Sócrates.

(Foto: Reuters)

Eigentlich war die Euro-Krise nie weg, nur wahrnehmen wollte sie in letzter Zeit keiner. Wie bei so vielen Dingen ist es häufig eine Frage der Zeit, bis sich grell herausstechende Probleme  zu einer harmonischen pastellfarbigen Hintergrundkulisse einfügen. So ist es auch mit der Euro-Krise. Doch plötzlich geht das Licht wieder an, alle sehen sich an und stellen fest, die weichgezeichneten Furchen und Unebenheiten sind immer noch da. Na dann. Klappe zu, Licht aus, bis zum nächsten Mal. Aber Stopp. Da ist sie wieder oder immer noch, die Euro-Krise.

Das kurz vor der Pleite stehende Portugal schlüpft mit allerletzter Kraft und in allerletzter Minute unter den europäischen Rettungsschirm. Hier lohnt eine kurze Zäsur. Denn hier passiert etwas Ungewöhnliches. Nicht der Akt an sich, sondern die Tatsache, dass ausgerechnet diese Übergangsregierung es schafft, diesen gewichtigen Hilfsantrag an die Euro-Partner zu stellen, lässt einen aufmerken. Das ist politisches Taktieren vom Feinsten. Denn Portugal steht kurz vor Neuwahlen. Ministerpräsident José Sócrates war es in seiner regulären Amtszeit nicht vergönnt, die Opposition von den nötigen Sparplänen zu überzeugen. Die konservative Opposition lehnte ab und erzwang den vorzeitigen Urnengang. Die Regierung rutschte ins Provisorium.

Und nun die Überraschung: Der nunmehr geschäftsführende sozialistische Premier Sócrates,  der sich bisher geweigert hatte, den Hilfsantrag zu stellen, vollzieht die 180-Grad-Wende und bittet um Finanzhilfen. Der Schwenk sei von der Regierung  in intensiven Gesprächen mit der EU-Kommission vorbereitet worden, heißt es. Sócrates hat Plan B aktiviert. Er erkennt die Not der Stunde und stößt dabei, noch mehr zur Überraschung aller, auf keinerlei juristische Hürden. Er darf als Übergangspremier offenbar den Hilfsantrag stellen. Ein kluger Schachzug für Portugal, das die ganze Zauderei noch viel Geld kosten wird. Jetzt können die Kredite schnell fließen.

Gefahr erkannt, …

Aufregung macht sich in der Europäischen Union und an den Kapitalmärkten nicht breit. Ein typischer Fall von "eingepreist", möchte man meinen. Die Gründe für die Kapitulation Portugals sind hinlänglich bekannt. Geld an den Kapitalmärkten aufzunehmen fiel zunehmend schwerer. Zuletzt musste Portugal zehn Prozent Rendite auf langlaufende Staatsanleihen zahlen. Die Regierung hatte sich eine Grenze bei sieben Prozent gesetzt.

Schon in zwei Monaten, kurz nach den Wahlen am 5. Juni, braucht das Land wieder mehrere Milliarden Euro zur Bedienung alter Schulden und für Zinszahlungen. Die Hütte brannte wieder einmal. Man erinnert sich an Griechenland und Irland, wo die Geldspritzen auch nur sehr widerwillig  zugelassen wurden.

Aber die EU ließ auch im Fall von Portugal nicht locker. Die Kommission betonte ein ums andere Mal, dass die Hilfen bereit stünden. Aber immer wieder vergeblich. Selbstverständlich sollten die Hilfen nicht ohne Bedingung fließen. Wahrscheinlich waren sie auf dem Reißbrett sogar haariger, als das, was Sócrates dem Parlament vorgelegt und was er von der Opposition um die Ohren gehauen bekommen hat. Man darf also fragen, wie der Deal zwischen Portugal und EU jetzt aussieht. Mit Spannung werden die Details erwartet. Wichtig ist aber erst einmal, dass Portugal sich auf den Weg gemacht hat. 

… aber Gefahr gebannt?

Die Kuh ist noch nicht vom Eis. Aber Portugal ist in die Spur gegangen. Passender Weise auch rechtzeitig vor dem morgigen Euro-Finanzministertreffen in Ungarn, wo das Thema ganz oben auf der Krisen-Agenda gestanden hätte. Die Euro-Finanzminister hätten ihrem portugiesischen Kollegen Fernando Teixeira dos Santos sicherlich gut einzuheizen verstanden. Das können sie sich jetzt sparen und sich ganz der Sache widmen. Denn eins steht fest. Der Rettungsschirm kann und ist nicht alles auf dem Weg zur finanziellen Genesung. Nicht bei Griechenland, nicht bei Irland und auch nicht bei Portugal. Ein großer Teil der künftig noch benötigten Finanzmittel müssen weiterhin am Kapitalmarkt besorgt werden. Das Thema Umschuldung ist aktuell nicht mehr im Scheinwerferlicht der Finanzmärkte – aus der Welt ist es nicht.

Quelle: ntv.de

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