Geeigneter IWF-Chef gesucht Keine Frage der Nationalität
23.05.2011, 17:45 UhrEigentlich sollte schon Strauss-Kahn als letzter Europäer den IWF führen, nun erhält seine Landsmännin Lagarde für eine Kandidatur Schulterklopfen allerorten. So laut die Nationalität des IWF-Chefs auch diskutiert wird, der Pass wird den künftigen Erfolg der Weltfinanzfeuerwehr nicht bestimmen.
Am Ende zählt das Geld. Es ist eine nüchterne, aber verlässliche Regel, nach der der künftige Chef des Internationalen Währungsfonds gewählt werden wird. Ein potenzieller Nachfolger von Dominique Strauss-Kahn muss nicht die Mehrheit der Mitgliedsländer des IWF von sich überzeugen, sondern die Mehrheit des Kapitals, das für die Finanzfeuerwehr zahlt. Das kann man ungerecht oder schlicht falsch finden, seit der Gründung des Fonds in den Tagen von Bretton Woods ist diese Regel jedoch die Grundlage aller Entscheidungen, nicht nur in Führungsfragen.
Die größten Eisen haben beim IWF die Europäer und US-Amerikaner im Feuer, entsprechend groß ist ihr Einfluss. Dass sie die Macht beim Währungsfonds und seiner Schwesterorganisation Weltbank über Jahrzehnte unter sich aufgeteilt haben, führte schon oft zu Kritik. Wer nun aber aus Prinzip keinen Europäer mehr an der IWF-Spitze sehen möchte, will einen Wandel aus den falschen Motiven. Kein Europäer zu sein, qualifiziert einen Finanzexperten ebenso wenig zum IWF-Chef wie ein europäischer Pass.
Wieder ein Europäer
Nationalitäten werden dennoch auch künftig ein entscheidender Faktor bei der Vergabe internationaler Positionen sein. Etwas anderes zu glauben wäre blauäugig. Gut möglich auch, dass Verschiebungen auf der ökonomischen Weltkarte auch in Organisationen wie dem IWF zu neuen Kräfteverhältnissen und Koalitionen führen. Wer sagt, dass die USA ihre Zustimmung auf Dauer einem Europäer zusichern werden? Kurzfristig, erst recht bis Ende Juni, wird das jedoch wohl keinen brasilianischen oder mexikanischen Top-Ökonomen auf den Chefsessel des IWF befördern.
Viel entscheidender als die Herkunft ist nämlich eine ganz andere Frage: Wird es dem neuen Lenker in Washington gelingen, mit diplomatischem Fingerspitzengefühl und einem wirksamen finanzpolitischen Werkzeugkasten dafür zu sorgen, in möglichst vielen Staaten neues Vertrauen in den IWF zu schaffen? Der IWF hat ein ureigenes Interesse daran, noch stärker als bisher auf Kritiker zuzugehen. Andernfalls droht der Kreditgeber für Länder in Finanznöten deutlich an Einfluss zu verlieren, denn Staaten wie China öffnen schon jetzt bereitwillig die Schatulle, um klammen Gläubigern aus der Patsche zu helfen - zu ihren Konditionen.
Und abseits aller strafrechtlich relevanter Vorwürfe gegen ihn: Dominique Strauss-Kahn hat den Währungsfonds in dieser Frage ein gutes Stück nach vorn gebracht. Unumstritten sind die Rettungsauflagen des Fonds zwar auch heute nicht. Doch ohne den IWF wären etwa die umfangreichen Hilfen in der europäischen Schuldenkrise nicht denkbar gewesen. Nun wird es für den IWF unter neuer Führung darum gehen, auch klammen Staaten abseits der europäischen Grenzen wirksame Unterstützung zu geben.
Quelle: ntv.de