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Mit der Nase im Wind Merkel gibt den Euro-Fighter

Bundeskanzlerin Angela Merkel steuert Deutschland im Sichtflug durch die Euro-Krise. Ihr fehlt dabei nicht nur der Kompass. Nun droht mitten in der Luft auch noch der Treibstoff auszugehen.

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(Foto: REUTERS)

Kein Monat ist vergangen, seit mit Irland erstmals ein Land unter den Rettungsschirm schlüpft und die nächsten Kandidaten werden immer lauter zu Markte getragen. Klar ist, dass die Euro-Krise 2012 nicht ausgestanden sein wird, ganz im Gegenteil. Deshalb soll nun der eilig genähte Rettungsschirm planmäßig ausgemustert und durch eine dauerhafte Finanzfeuerwehr ersetzt werden. Kurzum: Die Zeiten sind erklärungsbedürftig. Wer jetzt aber in der Regierungserklärung von Bundeskanzlerin Merkel Orientierung und Perspektive sucht, wird enttäuscht.

"Europa ist eine Verantwortungsgemeinschaft", leitet die Kanzlerin ihre Rede ein. Zu Recht spricht sie vom Euro als Stabilitätswährung und fragt, mit welchen Folgen Deutschland und die übrigen Staaten Europas wohl durch die Krise der vergangenen Jahre gekommen wären, wenn sie alle ihre eigene Währung gehabt hätten.

Statt nun den Bogen zu schlagen, welche Idee sie als deutsche Regierungschefin mit der Europäischen Union und dem Euro heute und für die Zukunft verbindet, wechselt sie in Windeseile zu technischen Details des künftigen Rettungsschirms. Beinahe eine geschlagene Viertelstunde zählt Merkel Punkt für Punkt auf, welche Prüfungsschritte die Euro-Staaten künftig für Hilfsgelder bestehen müssen. Was eine Regierungserklärung sein sollte, mutete hier eher an wie ein europapolitisches Repetitorium.

Wenn Merkel gegen Ende ihrer Rede dann doch noch grundsätzlich wird, spricht sie von der europäischen Einigung als "grandiose Friedens- und Freiheitsidee", dem Vermächtnis der Gründungsväter Europas, dem sie sich ganz persönlich verpflichtet fühlt. Wie sie als deutsche Bundeskanzlerin dieses Vermächtnis jedoch für die Zukunft mit Leben und Vision füllen möchte, bleibt im Ungefähren. "Europa gelingt nur gemeinsam", ist ihr Credo. Auch über eine weitere politische Integration in Europa müsse gesprochen werden, jedoch gleichermaßen mit Solidarität und Wettbewerb. Alles klar?

In Zeiten, in denen das ohnehin nie sonderlich starke Vertrauen der Bevölkerung in ihre Währung weiter zusehends schwindet, ist von einem Kanzler Haltung gefragt. Merkel aber hangelt sich mit Wankelmut von Gipfel zu Gipfel, dieses Mal sind es die Euro-Bonds. Damit sammelt sie Sympathiepunkte bei Euro-Skeptikern. Fraglich ist aber, wie lange sie diesen Sichtflug ohne Absturz übersteht.

Quelle: ntv.de

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