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Das Kotelett von Athen Papandreous Flucht nach vorn

Die schwere Krise Griechenlands überfordert Ministerpräsident Papandreou und seine Regierung. Der Sozialist will die schwere Last auf breitere Schultern laden. Er nimmt dafür sogar seinen Rücktritt in Kauf.

Giorgos Papandreou will nicht mehr der alleinige Buhmann sein.

Giorgos Papandreou will nicht mehr der alleinige Buhmann sein.

(Foto: dpa)

Spät, fast zu spät, hat Giorgos Papandreou erkannt, dass die schwere Wirtschafts- und Haushaltskrise in Griechenland seine sozialistische PASOK mit in den Abgrund zu reißen droht. Die immer stärker werdende Wut der Griechen auf die von ihm geführte Regierung lässt den Regierungschef zur Einsicht kommen und politische Manöver durchführen.

"Wenn ich das Problem bin, klebe ich nicht an meinem Stuhl", sagte er seinem konservativen Konkurrenten Antonis Samaras. Im Klartext: Der seit Oktober 2009 als Ministerpräsident amtierende Papandreou hat keine Lust mehr, ein Kotelett zu sein, das auf der einen Seite von EU, IWF und EZB und auf der anderen von seinem eigenen Volk weich geklopft wird.

Im Prinzip hat der 59-Jährige - sein Geburtstag am 16. Juni 2011 wird ihm ewig in Erinnerung bleiben - auch keine Chance, mit seiner Partei das am finanziellen Abgrund stehende Land alleine aus der Krise zu führen. Die Finanzkrise weitete sich zu einer politischen aus. Die Probleme Griechenlands sind so gravierend, dass eine Regierung der nationalen Einheit unbedingt vonnöten ist. Zumal auch Teile von Papandreous Truppen aufbegehren. Einige PASOK-Abgeordnete machen den rigiden Sparkurs ihres Chefs nicht mehr mit und gehen von der Fahne. Papandreous Mehrheit im Parlament ist nur noch sehr dünn. Schlechte Vorzeichen also, um ein Land durch ein tiefes Tal der Tränen zu führen.

Antonis Samaras soll mit seiner Nea Dimokratia mit ins Regierungsboot.

Antonis Samaras soll mit seiner Nea Dimokratia mit ins Regierungsboot.

(Foto: picture alliance / dpa)

Allerdings ist Samaras' konservative Nea Dimokratia (ND) aus verständlichen Gründen nicht sonderlich scharf auf die Mitübernahme von Regierungsverantwortung - und dies auch noch mit den ungeliebten Sozialisten. Der Oppositionsführer wird sehr überrascht gewesen sein, wie schnell Papandreou auf seine Forderung einging, den Premierposten in den Rauch zu schreiben, um Griechenland eine stabile Regierung zu garantieren. Dementsprechend taktiert Samaras: Er verlangt eine Neuverhandlung der Bedingungen für die internationalen Hilfen. Dumm nur, dass dafür eigentlich die Zeit fehlt, denn Griechenland benötigt zeitnah neue Milliarden aus dem Ausland.

Sowohl PASOK als auch ND haben das Land durch eine jahrelange falsche Politik in die schwere Krise geführt. Es ist schon makaber, dass ausgerechnet beide Sünder jetzt gemeinsam Griechenland aus dem Morast holen müssen.

Eine Einheitsregierung ist dennoch dringend geboten, schon um die europäischen Partner und die Finanzmärkte zumindest etwas zu beruhigen. Zudem steht eine sozialistisch-konservative Regierung auf einem breiteren gesellschaftlichen Fundament. Die Protestierer kommen auch aus vielen Schichten der griechischen Gesellschaft: Mittelständler, Arbeitslose, Rentner, Jugendliche, Studenten, Rechte und Linke.

"Wir können nur noch beten", sagte eine ältere Demonstrantin in Athen. Das allerdings reicht für Griechenland schon lange nicht mehr. Denn noch auf Jahre hinaus werden die Hellenen aktiv gegen die Krise ankämpfen müssen.

Quelle: ntv.de

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