Wie viele Jobs zählt Washington? Dax freundlich erwartet
07.10.2011, 08:00 Uhr
Der Dax am Donnerstag.
(Foto: REUTERS)
Am deutsche Aktienmarkt bereiten sich die Beobachter in Banken und Brokerhäusern auf leichte Kursgewinne zum Auftakt ein. Am letzten Handelstag der Woche dürfte die Schuldenkrise und der offizielle Bericht zur Lage im US-Arbeitsmarkt die Hauptrolle spielen.
Nach den kräftigen Vortagesgewinnen dürfte der Dax am Freitag erneut fester in den Handel starten. Banken und Broker sahen den deutschen Leitindex am Morgen rund 20 Punkte über seinem Schlussstand von 5645 Punkten vom Donnerstag.

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Am Vorabend war das wichtigste deutsche Börsenbarometer 3,2 Prozent fester aus dem Handel gegangen. Die Hoffnung auf staatliche Hilfen für die angeschlagene Finanzbranche hatte die Kurse auf beiden Seiten des Atlantiks angekurbelt.
Im Handelsverlauf am Freitag rechneten Händler am Markt mit weitgehend stabilen Verhältnissen. "Dann muss sich zeigen, ob heute die Konjunktur-Bären oder die Sentiment-Bullen die Oberhand behalten", meine ein Marktteilnehmer.
Auf der Ebene der Einzelwerte standen am frühen Morgen verschiedene Unternehmensnachrichten im Vordergrund: Die Aktien der Deutschen Telekom lagen vorbörslich im Minus. Händler rechnen jedoch nicht damit, dass die Aktie stärker unter Druck gerät. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn gegen die Deutsche Telekom wegen des Verdachts auf gewerbsmäßigen Betrug seien "eine neue Entwicklung" in dem seit Jahren laufenden Rechtsstreit um die wahren Kosten für die Telefonauskunft. "Es geht der Telegate um die Höhe der Entschädigung, die sie von der Telekom bekommt", sagte ein Händler mit Blick auf einen entsprechenden Bericht des "Handelsblatts". Doch selbst wenn der von Telegate geforderte Schadensersatz von 900 Mio. Euro gerichtlich bestätigt werden sollte, sei die Summe für die Telekom "überschaubar". Vermutlich dürfte die von der Telekom zu zahlende Entschädigung "deutlich darunter liegen". Negativ für die Telekom sei eher der mit dem jahrelangen Streit verbundene Image-Schaden.
Der Absatz von LCD-Produkten von Samsung Electronics falle als positiver Kurstreiber für Merck KGaA aus, meinte ein Händler. "Die Sparte hat zum dritten Mal in Folge operativ einen Verlust ausgewiesen", begründete er seine Einschätzung. Die Lagerbestände an LCD-Panels seien weiter hoch wegen schwacher Verkäufe, hatte das Unternehmen mitgeteilt. Die Preise für TV-Geräte mit einer Bildschirmdiagonalen von mehr als 40 Inches seien gefallen. Für Käufe von Merck im Vorfeld des saisonal starken Weihnachtsgeschäfts sei es angesichts der Unwägbarkeiten beim privaten Konsum "noch viel zu früh", sagte ein Händler. Die als defensiv geltende Aktie der Merck KGaA habe die jüngste Aufwärtsbewegung des Dax nicht mitgemacht, merkte ein weiterer Händler an. Er rechne mit einem wenig bewegten Kurs zwischen der Unterstützung bei 58,60 Euro und dem Widerstand bei 60,40 Euro.
Der EU-Gesetzesentwurf zu einer Liberalisierung der Bodenabfertigung auf europäischen Flughäfen dürfte Fraport nicht stärker belasten, hieß es am Markt. "Vom Gesetzesentwurf bis zum Gesetz ist es in Brüssel ein weiter, beschwerlicher Weg", sagte ein Händler. "Die nationalen Aufsichtsbehörden werden sich nicht von Brüssel in die Suppe spucken lassen wollen", meinte ein anderer Broker. Der Ausgang des Vorhabens sei also völlig offen.
In New York schloss der Dow-Jones-Index mit einem Plus von 1,7 Prozent bei 11.123 Punkten. Der S&P-500-Index beendete den Tag 1164 Punkte höher, ein Aufschlag von 1,8 Prozent. Der Composite-Index der Nasdaq gewann 1,9 Prozent und ging mit 2506 Punkten aus dem Handel. Damit bauten alle drei Indizes ihr Plus gegenüber dem Handelsschluss in Europa noch deutlich aus. In Tokio legte der Nikkei 1 Prozent auf 8608 Punkte zu.
Im Fokus der Anleger dürften am Freitag unter anderem die Arbeitslosenzahlen aus den USA stehen, die für 14.30 Uhr (MESZ) erwartet werden. Entscheidend für den Ausgang der Börsenwoche sei die Lage auf dem Arbeitsmarkt in den USA, hieß es am Markt. Analysten rechnen bei der Beschäftigung (ex Agrar) mit einem Zuwachs um 60.000 Stellen und einer unveränderten Arbeitslosenquote von 9,1 Prozent.
Nach der Zustimmung zum erweiterten EFSF-Rettungsschirm in den Niederlanden stehe nun noch die Zustimmung der Slowakei am 11. Oktober aus. In Malta sollen die Beratungen im Parlament am kommenden Montag fortgesetzt werden. "Das Interesse am Markt dürfte sich jetzt immer mehr diesem Termin zuwenden. Jede Nachricht, jedes Gerücht hierzu kann hohe Vola in die Märkte und vor allem in die Finanzwerte bringen", sagte ein anderer Händler.
Technisch würde sich für den Dax mit einem Ausbruch über die jüngsten Hochs bei 5700 Punkten Aufwärtspotenzial erschließen. "Ein Überwinden dieser Widerstandszone würde (...) eine kurzfristige Bodenbildung mit einem Anschlusspotential von gut 600 Punkten vervollständigen", merkte HSBC Trinkaus am Donnerstag an. Die entscheidende, unbedingt zu verteidigende Unterstützungszone liege bei den Hochs von Juni und Januar 2009 bei 5178/5111 Punkten.
Die Erholung an Europas Börsen dürfte sich zur Eröffnung am Freitag nach Einschätzung von Beobachtern fortsetzen. An Wall Street sei es noch ein wenig mit den Notierungen nach oben gegangen, und auch in Asien spielten die Börsen mit, hieß es am Markt. Das Sentiment wird getragen von der Ankündigung neuer Liquiditätsmaßnahmen der Zentralbanken, der Hoffnung auf eine Rekapitalisierung des europäischen Bankensektors sowie zuletzt tendenziell weniger schlecht als befürchtet ausgefallener Konjunkturdaten.
Die Aufschläge zur Eröffnung dürften sich allerdings in Grenzen halten. "Die Anleger werden sich vor der Bekanntgabe der Arbeitsmarktdaten zurückhalten", heißt es von einem Händler. Diese könnten sich als entscheidend für die weitere Marktentwicklung erweisen. Sollten diese enttäuschen, könnten die Aktienmärkte in der kommenden Woche wieder das untere Ende der zuletzt ausgebildeten Handelsspanne testen.
Für den Fall guter Zahlen könnte indes ein nachhaltiger Ausbruch nach oben gelingen, der wiederum die Perspektive auf weitere Aufschläge in den kommenden Tagen und Wochen eröffnen würde. Nachdem der ADP-Bericht allerdings besser als erwartet ausgefallen ist, dürften die Flüsterschätzungen etwas höher angesiedelt sein, hieß es im Handel.
Quelle: ntv.de, DJ