"Irland optisch vom Tisch" Dax grünt so grün
18.11.2010, 17:46 UhrDie Hoffnung auf eine Lösung der Schuldenkrise in Irland treibt den deutschen Aktienmarkt nach oben. Die Kuh sei erst einmal vom Eis, sagt ein Analyst. Der Dax feiert die gute Aussicht mit einem neuen Jahreshoch. Im Leitindex gibt es keinen einzigen Verlierer.
Der glanzvolle Börsengang von General Motors (GM) und positiv aufgenommene US-Konjunkturdaten haben auch die Anleger am europäischen Aktienmarkt in Kauflaune versetzt. Die irische Schuldenkrise rückte unterdessen in den Hintergrund. "Das Problem der irischen Schulden ist optisch erst mal vom Tisch, da vonseiten der EU und des IWF offenbar mit Hilfen eingeschritten wird", sagte ein Börsianer. Dem irischen Notenbankchef Patrick Honohan zufolge wird die Inselrepublik voraussichtlich einen zweistelligen Milliarden-Euro-Kredit von der Europäischen Union und dem Internationalem Währungsfonds in Anspruch nehmen.
Investoren nutzten die Kursverluste der vergangenen Tage daher zum Einstieg. Der Dax beendete den Xetra-Handel zwei Prozent höher bei 6832,11 Punkten und damit nur knapp unter dem am Nachmittag markierten Zweieinhalb-Jahres-Hoch von 6835,54 Zählern. Der EuroStoxx50 stieg um 1,8 Prozent auf 2851,85 Stellen. Auch an der Wall Street standen die Zeichen auf Kauf: Der US-Standardwerteindex Dow Jones lag bei Börsenschluss in Deutschland 1,6 Prozent im Plus.
Auch am Markt für Kreditausfall-Versicherungen (Credit Default Swaps, CDS) war Erleichterung zu spüren. Die Kosten für die Absicherung eines zehn Millionen Euro schweren irischen Kredites sanken um 30.000 auf 495.000 Euro. Parallel dazu verringerten sich die Risikoaufschläge (Spreads) für zehnjährige Staatspapiere der Inselrepublik im Vergleich zu den entsprechenden Bundesanleihen um zwölf auf 565 Basispunkte.
Der Euro erholte sich auf 1,3633 Dollar, nach 1,3524 Dollar zum New Yorker Vortagesschluss. Ohne nachhaltigen Einfluss auf die Kursentwicklung blieben die im Rahmen der Erwartungen ausgefallenen US-Arbeitsmarktdaten.
Bondauktion in Spanien
Beachtung fand im Zusammenhang mit Irland die Auktion spanischer Staatsanleihen. Ein Bond-Stratege sprach von einem "ordentlichen Ergebnis" bei den Auktionen spanischer Staatsanleihen. "Bei der 30-jährigen Anleihe hat das Bid-Cover-Ratio im Vergleich zur Vorauktion nur ganz leicht nachgegeben. Das ist in Anbetracht des angespannten Umfelds durchaus akzeptabel", sagte der Stratege. Das Gesamtvolumen von rund 3,6 Mrd. Euro decke sich mit seinen Erwartungen.
Das Bieterverhalten bei der zehnjährigen Staatsanleihe sei allerdings etwas schlechter ausgefallen als bei der vorausgegangenen Auktion, dies sei aber ebenfalls kein Beinbruch. Die zehnjährige spanische Staatsanleihe tendiere kaum bewegt mit 4,65 Prozent und somit 2,0 Prozentpunkte über der Bundesanleihe.
Neubewertung bei Infineon
Auf der Dax-Gewinnerseite standen erneut die Aktien des Chipkonzerns Infineon, die ihre jüngsten Gewinne um 4,9 Prozent ausbauten. Nach zahlreichen optimistischen Analystenstimmen vom Vortag hob nun auch Barclays das Ziel von 6,50 auf 7,10 Euro an. Zur Begründung heißt es, die Kennziffern zum vierten Geschäftsquartal hätten gezeigt, dass Infineon seine Wandlung von einem breit aufgestellten Halbleiteranbieter zu einem fokussierten Zulieferer von Schlüsselmärkten nahezu abgeschlossen habe.
Autowerte nicht zu bremsen
Hauptgesprächsthema auf dem Parkett war die bevorstehende Rückkehr von General Motors (GM) an die Börse. Der US-Autobauer, der vor zwei Jahren knapp an der Pleite vorbeigeschlittert war, steuert mit einem Emissionsvolumen von bis zu 23,1 Mrd. Dollar auf den weltweit größten Börsengang der Geschichte zu. Davon profitierten auch die Konkurrenten:
Daimler stiegen um 3,1 Prozent, für BMW ging es um 3,7 Prozent nach oben. VW erreichten mit einem Plus von 2,8 Prozent ein neues Jahreshoch. "Das starke Anleger-Interesse an GM deutet darauf hin, dass der Sektor wieder auf die Füße gekommen ist", sagte ein Börsianer.
Lufthansa stiegen um 1,7 Prozent und folgten damit den Aktien des Konkurrenten Air France KLM. Diese kletterten nach der Anhebung der Jahresprognose um 5,9 Prozent. Ein Börsianer schränkte allerdings ein, dass die Aktien von Deutschlands größter Fluglinie auf absehbare Zeit auch unter der steigenden Terrorangst in Deutschland leiden könnten.
Gefragt waren auch die Stahlwerte, die Börsianern zufolge von den starken Zahlen der österreichischen ThyssenKrupp-Konkurrenten Voestalpine profitierten. Thyssen und Salzgitter verteuerten sich um 2,5 bzw. 0,9 Prozent.
Telekom bestätigt Sky-Gespräche
Die Aktien von Sky Deutschland gaben ihre Tagesgewinne wieder ab und sackten mit 1,4Prozent in den Keller. Medienberichten zufolge bestätigte ein Unternehmenssprecher der Deutschen Telekom die Gerüchte vom Vortag, dass der Konzern sich in Gesprächen mit dem Bezahlsender befindet. Dabei gehe es um eine mögliche Zulieferung für den Internet-TV-Dienst der Telekom. Händler meinten hierauf, Hoffnungen auf einen schnellen Vorstoß in die Gewinnzone könnten verfrüht sein: "Das kann noch lange dauern", so ein Marktteilnehmer.
Bei den Technologiewerten im TecDax kam die konkretisierte Prognose von Wirecard gut an. Die Aktien des auf Zahlungsverkehr im Internet spezialisierten Unternehmens stiegen um 6,1 Prozent. Das Unternehmen hatte das unter Ende seiner Zielspanne für den Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen angehoben und geht nun von 72 Mio.bis 75 Mio. Euro aus.
An die SDax-Spitze setzten sich nach der Anhebung der Jahresprognose Indus Holding mit einem Plus von 4,3 Prozent.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ/dpa