Mubarak-Effekt Dax im Glück
11.02.2011, 17:58 UhrDie Erleichterung über den Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak hievt die deutschen Standardwerte zum Wochenausklang auf ein Dreijahreshoch."Ein gewisser Unsicherheitsfaktor ist zunächst einmal weg", sagt ein Händler. Alleine wie es künftig weitergehen werde, sei unklar.
Der Rücktritt des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak hat dem deutschen Aktienmarkt im späten Handel Gewinne beschert. Händlern zufolge dämpft der Schritt die Befürchtung einer erneuten Eskalation der Gewalt in dem Land. Skeptische Stimmen warnten allerdings, dass der Effekt auch kurzlebiger Natur sein könnte. Die Zukunft Ägyptens sei weiterhin ungewiss, hieß es.
Der Dax schloss mit plus 0,4 Prozent bei 7371,20 Punkten, nachdem er sich zuvor im Tagesverlauf zumeist kaum verändert gezeigt hatte. Mit dem Schlussstand markierte der Leitindex ein neues Dreijahreshoch. Auf Wochensicht verbuchte der Dax einen Aufschlag von 2,15 Prozent. Für den MDax ging es um 0,6 Prozent auf 10.552 Punkte nach oben, der TecDax stieg um 0,3 Prozent auf 896 Punkte.
Mubarak macht Platz
Am Nachmittag hatte der ägyptische Vizepräsident Omar Suleiman mitgeteilt, Staatsoberhaupt Mubarak trete zurück. Im dortigen Fernsehen hieß es, ein Militärrat werde die Amtsgeschäfte übernehmen. "Die Leute sind erleichtert, dass es nicht zu einem Gewaltausbruch gekommen ist und sich die Lage nun entspannt", sagte ein Börsianer. "Offenbar müssen sich nun diejenigen, die auf eine Eskalation und damit fallende Kurse spekuliert hatten, vor dem Wochenende noch schnell mit Aktien eindecken."
Der Rücktritt Mubaraks lindere die Sorgen, dass es zu einer Eskalation in Ägypten sowie zu einem Übergreifen der Proteste auf Saudi-Arabien, Libyen und Algerien kommen könnte,hieß es an anderer Stelle. Ein Händler sagte: "Angesichts der reichlichen Liquidität steigt der Markt seit Tagen an, da genügt so eine Nachricht für einen weiteren Schub nach oben."
Abseits der Lage in Ägypten sorgten positive Konjunkturdaten aus den USA für Rückenwind. Hier hatte sich das von der Universität Michigan ermittelte Konsumklima im Februar überraschend stark aufgehellt.
Entspannung am Rohstoff-Markt
Am deutlichsten reagierten die Rohstoff-Märkte auf die Nachrichten vom Nil: Der Ölpreis, der in den vergangenen Tagen unter anderem wegen der Furcht vor einer Störung des Schiffsverkehrs im Suez-Kanal gestiegen war, gab deutlich nach. Die Nordsee-Sorte Brent verbilligte sich auf bis zu 100,43 Dollar je Barrel (159 Liter), WTI gab 0,6 Prozent auf 86,23 Dollar nach. Auch der "sichere Anlagehafen" Gold verlor an Attraktivität, eine Feinunze (31,1 Gramm) des Edelmetalls kostete am frühen Abend noch 1361,59 Dollar.
Die ägyptischen Credit Default Swaps (CDS) gingen nach Ankündigung des Mubarak-Rücktritts auf Talfahrt. Die Kosten zur Absicherung eines zehn Millionen Dollar schweren Kredites an den Nil-Staat verbilligte sich dem Datenanbieter Markit zufolge um 25.000 auf 315.000 Dollar. Im Tagesverlauf hatte die Versicherung zeitweise 380.000 Dollar gekostet.
ThyssenKrupp im Minus
Für Aufsehen am Aktienmarkt sorgte ansonsten die geplante Handysoftware-Allianz von Nokia mit Microsoft. Der finnische Konzern will sich damit gegen den Abstieg aus der Top-Liga der Mobiltelefon-Hersteller stemmen. Nokia verliert bei den gewinnträchtigen internetfähigen Smartphones zunehmend Marktanteile an das iPhone von Apple und Handys mit dem Google-Betriebssystem Android. Analyst Geoff Blaber von CCS Insight bezeichnete die Vereinbarung als Offenbarungseid für Nokia. "Das betont den Ernst der Lage. Solch ein Schritt wäre noch vor 12 Monaten undenkbar gewesen." Nokia-Aktien fielen an der Börse Helsinki um bis zu 15,5 Prozent auf ein Fünfeinhalb-Monats-Tief von 6,90 Euro. Microsoft verloren an der Wall Street 0,7 Prozent auf 27,31 Dollar.
Bei den deutschen Unternehmen richtete sich die Aufmerksamkeit der Investoren auf ThyssenKrupp. Die Aktien des Stahlkochers rutschten nach Vorlage der Quartalsbilanz um 2,7 Prozent auf 30,29 Euro ab. "Eigentlich sind die Zahlen nicht schlecht, aber in den Belastungen durch die neuen Stahlwerke in den USA und Brasilien haben die Investoren das Haar in der Suppe gefunden", sagte ein Börsianer.
Nach den herben Kursabschlägen vom Vortag gingen Lufthansa auf Erholungskurs. Die Titel der Airline gehörten im Dax mit einem Plus von 0,8 zu den Gewinnern. Am Vortag hatten sie 2,5 Prozent verloren. "Die Abschläge vom Vortag waren vielleicht etwas übertrieben, schließlich hat Air-France KLM eine Gewinnwarnung herausgegeben, nicht Lufthansa", sagte ein Händler.
An der Tabellenspitze der ersten deutschen Börsenliga standen aber die Autobauer. Volkswagen hatte am Vormittag ein kräftiges Absatzplus für Januar bekanntgegeben. VW-Papiere und die Titel von BMW und Daimler rückten zwischen 1,9 und 2,6 Prozent vor. "Da hoffen offenbar einige auf starke Quartalsergebnisse", sagte ein Börsianer.
Neue IVG-Aktien platziert
Im MDax hielten IVG Immobilien die rote Laterne. Der Bonner Immobilienkonzern will sich mit einer Blitz-Kapitalerhöhung um zehn Prozent Geld für die Bilanzsanierung und für ein Parkhaus am Frankfurter Flughafen beschaffen. Die Aktien gaben 1,3 Prozent nach.
Südzucker kletterten 2,1 Prozent. LBBW-Analyst Bernd Müll verwies in einem aktuellen Kommentar auf die EU. Diese plane laut Medienberichten, die Zuckerquoten zu lockern. Danach dürfte mehr Zucker als bislang festgelegt importiert und auch mehr innerhalb der EU verkauft werden.
Auch Continental standen im Blick nach Geschäftszahlen von Goodyear am Vorabend und Michelin am Morgen. Der französische Mitbewerber hat seinen Gewinn und Umsatz deutlich gesteigert. Der Ausblick auf weiter steigende Gewinne im laufenden Jahr fiel zudem sehr positiv aus. Continental schafften den Sprung aufs Trittbrett. Die Titel zogen 0,9 Prozent an.
Sky wieder auf Wolke Sieben
Die Aussicht auf eine Kooperation mit der Deutschen Telekom gab den Titeln von Sky Deutschland Auftrieb. Mit einem Plus von 7,9 Prozent waren die Papiere stärkster Wert im MDax. Die Telekom will offenbar alle Sender des defizitären Bezahlsenders in lokale Kabelnetze einspeisen. Für Sky wäre das ein guter Deal, da sich dadurch der Kundenkreis erweitern dürfte, sagte ein Händler. Die Telekom-Titel notierten im Dax dagegen 0,5 Prozent schwächer.
Im TecDax machten Carl Zeiss Meditec das Rennen. Hier stützte der Umsatzausblick die Aktie, vermutete ein Händler. "Der Analystenkonsens liegt derzeit bei 715 Mio. Euro, also unter der Prognose des Unternehmens", sagte der Händler. Carl Zeiss Meditec rechnet mit einem Umsatz von 720 Mio. bis 750 Mio. Euro im laufenden Geschäftsjahr. Die Titel legten 5,0 Prozent zu.
Quelle: ntv.de, ddi/DJ/rts/dpa