Anleger brauchen eine Pause Dax knapp behauptet
05.04.2011, 18:15 Uhr
Friedlicher Ausgang nach einem durchwachsenen Tag.
(Foto: dpa)
In Reaktion auf teures Öl und eine wachsende Skepsis gegenüber den portugiesischen Staatsfinanzen legt der deutsche Aktienmarkt eine Atempause ein. Ein milliardenschwerer Zukauf in der Chipbranche stützt den Markt etwas und katapultiert Infineon an die Spitze.
Nach einem freundlichen Start rutscht der Dax im Verlauf ins Minus und schloss schließlich unverändert bei 7175 Punkten. Damit hat er von seinem am 15. März wegen der Atomkatastrophe in Japan markierten Jahrestief von 6483 Punkten immer noch wieder zehn Prozent aufgeholt. "Grundsätzlich herrscht die Stimmung, dass es mit dem Markt weiter nach oben geht", sagte ein Börsianer. "Vor dem Hintergrund des Ölpreisanstiegs und der erneuten Herabstufung Portugals schauen viele Anleger aber von der Seitenlinie zu. Selbst die Hedgefonds mischen kaum mit." Für Gesprächsstoff sorgte eine Megafusion in der Chipbranche, von der unter anderem die Aktien des deutschen Halbleiterkonzerns Infineon profitierten.
Nordseeöl der Sorte Brent kostete weiter mehr als 120 Dollar pro Fass. Die Sorge sei, dass dies zu höheren Zinsen beitrage, sagte Investmentstratege Bernard McAlinden von NCB Stockbrokers. Am Donnerstag entscheidet die Europäische Zentralbank über die Leitzinsen. Am Markt wird die erste Zinsanhebung seit Sommer 2008 erwartet, was Börsianern zufolge allerdings schon in den Kursen enthalten ist. Die erneute Straffung der Geldpolitik in China blieb an den Aktienmärkten ohne Widerhall. Sie war nach Einschätzung von Societe-Generale-Analyst Yao Wei erwartet worden.
Das teure Öl belastete insbesondere die Aktien von Fluggesellschaften, für die Kerosin ein wichtiger Kostenfaktor ist. Lufthansa-Aktien verloren 0,7 Prozent auf 14,77 Euro.
Zusätzlich drückte die Abstufung der Kreditwürdigkeit Portugals durch die Ratingagentur Moody's auf die Stimmung. Moody's senkte vor Börseneröffnung die Note auf Baa1 und verpasste Portugal damit als dritte Ratingagentur nach Standard & Poor's und Fitch eine schlechtere Bewertung. Zudem drängen die Banken Portugals einem Zeitungsbericht zufolge die Regierung des Landes dazu, um internationale Finanzhilfen zu bitten. Die Rendite für zehnjährigen portugiesische Staatsanleihen stieg laut Tradeweb auf 9,033 Prozent und damit den höchsten Stand seit der Euro-Einführung. Am Lissaboner Aktienmarkt verlor der Leitindex PSI20 0,9 Prozent.
Größter Dax-Gewinner war die Aktie von Infineon mit einem Plus von 3,84 Prozent auf 7.75 Euro. Der Milliardenzukauf von Texas Instruments (TI) in den USA fachte Händlern zufolge die Übernahmefantasie in der Chipbranche an. Dialog Semiconductor legten im TecDax um 4,55 Prozent auf 15,60 Euro zu. Texas Instruments will National Semiconductor für 6,5 Mrd. Dollar übernehmen.
Die Aktien der Commerzbank gewannen drei Prozent auf 5.6ß Euro, was Händler mit charttechnischen Signalen und Eindeckungskäufen begründeten.
Ein zurückhaltender Ausblick drückte Siemens ins Minus. Die Aktien des Dax-Schwergewichts fielen um 1,3 Prozent. "Die Anleger sind derzeit sehr optimistisch gestimmt", sagte ein Börsianer. "Sie setzten auf ein anhaltend starkes Wachstum. Da hört man Aussagen über eine Abschwächung der Nachfrage natürlich nicht gern."
Auf Bayer lasteten gemischt ausgefallene Studienergebnisse für einen wichtigen Hoffnungsträger, das Thrombosemittel Xarelto. "Das ist ein richtiger Rückschlag für Bayer", kommentierte ein Händler. Mit einem Minus von 3,6 Prozent auf 54,65 Euro rutschte die Aktie an das Dax-Ende.
Der Einstieg des Sultanats Oman bei der Containerreederei Hapag-Lloyd kam bei TUI-Anlegern gut an. Die Aktien des Hapag-Großaktionärs verteuerten sich um 2,96 Prozent und waren damit größter MDax-Gewinner. Auch wenn der Kaufpreis nicht genannt worden sei, dürfte der Einstieg den TUI-Aktien ordentlich Auftrieb geben, sagte ein Händler. Der angestrebte Börsengang von Hapag-Lloyd könnte sich nun erledigt haben.
Auf der Verliererseite im MDax standen Wacker Chemie mit einem Abschlag von 1,6 Prozent auf 165,30 Euro. Händler zitierten aus einer Commerzbank-Analyse, wonach zwar die Silizium-Sparte Siltronic davon profitieren dürfte, dass Wettbewerber in Japan infolge des Erdbebens ihre Produktion hätten stoppen müssen. Dies spiegle sich aber bereits im Aktienkurs wider, der seit Beginn der Katastrophe in Japan mehr als 25 Prozent an Wert gewonnen hat. Die Analysten stuften die Papiere den Angaben zufolge herunter auf "add" von "buy", erhöhten aber zugleich das Kursziel auf 175 von 170 Euro.
Brenntag waren nach einem positiven Kommentar der Deutschen Bank gefragt. Die Titel des Chemiekalienhändlers gehörten mit einem Plus von 2,3 Prozent zu den meistgefragten Werten im MDax. Die Aktie habe zwar seit dem Börsengang im März 2010 deutlich zugelegt, sie sei aber noch immer unterbewertet, zitierten Händler aus der Analyse. Im laufenden Geschäftsjahr könne das Ebitda des Konzerns auf 680 Mio. Euro wachsen, erklärten die Analysten demnach. Sie erhöhten ihr Kursziel für die Aktie auf 100 von 85 Euro und bekräftigten ihre Kaufempfehlung. Die Brenntag-Papiere gewannen seit ihrem Börsenstart laut Reuters-Daten gut 50 Prozent an Wert.
Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts