Angst um Spanien Dax meldet Land unter
25.05.2010, 18:00 UhrDie Furcht vor einer Ausweitung der Schuldenkrise auf Spanien lässt am deutschen Aktienmarkt die Kurse kräftig purzeln. Nahezu alle Aktien im Dax, MDax und TecDax verzeichnen Verluste. Besonders große Minuszeichen muss der Chipproduzent Infineon verbuchen.
Der deutsche Aktienmarkt stand am Dienstag wie unter Schock. Die Notverstaatlichung einer kleinen spanischen Sparkasse schürte auf dem Parkett die Sorge vor einem instabilen Bankensystem in Europa und einem neuerlichen Abgleiten der Wirtschaftsleistung in eine Rezession.
Der Dax brach 2,3 Prozent auf 5670,04 Punkte ein und erreichte damit seinen tiefsten Stand seit Anfang März. Das überraschend deutlich gestiegene US-Verbrauchervertrauen sorgte nur kurzzeitig für eine leichte Reduzierung der Verluste. Der MDax sank um 4,3 Prozent auf 7.428,57 Punkte. Der TecDax verlor 4,5 Prozent auf 691,02 Punkte.
"Es ist ein Mix negativer Nachrichten, der die Anleger verunsichert", sagte Fondsmanager Thorsten Winkler von Veritas Investment Trust. Bewegt würden die Kurse unter anderem von der Zuspitzung der Situation in Korea und der Einschätzung des Internationalen Währungsfonds, dass das spanische Bankensystem reformiert werden müsse. Dass auch ein unerwartet kräftiger Schub bei den Auftragseingängen der Industrie in der Eurozone nicht für positive Impulse sorgt, sei ein Zeichen dafür, dass der Markt "angeschossen" sei. "Positive Nachrichten zählen gar nicht, negative Nachrichten werden überbewertet", sagte Winkler.
Am Nachmittag hellte das leicht oberhalb der Markterwartung ausgefallene Verbrauchervertrauen aus den USA die Stimmung leicht auf. Zu der überraschend positiven Entwicklung trugen nach Aussage der Postbank sowohl die aktuelle Lageeinschätzung als auch die Erwartungen bei. Der jüngste Anstieg war bereits der zweite deutliche Zuwachs in Folge, der Index erreichte seinen höchsten Stand seit März 2008. Dies lasse erwarten, dass der US-Konsum auch in den folgenden Monaten robuste Zuwächse verzeichne und das Wirtschaftswachstum stütze.
Stahlaktien sehr schwach
Stahlwerte gerieten deutlich unter Druck. ThyssenKrupp und Salzgitter sanken jeweils um mehr als 4 Prozent, für Klöckner & Co (KlöCo) ging es sogar um 6,9 Prozent nach unten. KlöCo-Vorstandschef Gisbert Rühl hatte in einem Interview von Überkapazitäten am Markt gesprochen, weshalb er in den kommenden Monaten sinkende Stahlpreise erwarte. Hinzu kam, dass die UBS die Kursziele für alle drei Stahlwerte senkte.
Größter Verlierer im Dax waren Papiere von Infineon mit minus 9,4 Prozent. JP-Morgan-Analyst Sandeep Deshpande senkte seine Einstufung von "Overweight" auf "Neutral". Er sieht insgesamt für die Halbleiterbranche die Gefahr einer Abschwächung der Auftragslage.
Aixtron waren im TecDax mit minus 13,1 Prozent das Schlusslicht. Wie bei Infineon wirkte auch hier eine Studie von JP Morgan belastend, in der die Einschätzung der Papiere des auf Leuchtdioden-Anlagen spezialisierten Maschinenbauers von "Overweight" auf "Neutral" und das Kursziel um ein Drittel von 30 auf 20 Euro gekappt wurden.
FMC trotzt Trend
Gegen den Trend im Plus gingen Papiere von Fresenius Medical Care mit einem Plus von 0,2 Prozent aus dem Handel. Der Dialysespezialist hatte sich mit der thailändischen Klinik Bumrungrad auf die Übernahme von Asia Renal Care geeinigt, einem führenden Dialyseanbieter im asiatisch-pazifischen Raum. Der Zukauf werde bereits im ersten Jahr einen positiven Ergebnisbeitrag liefern, hieß es. Börsianer lobten diesen Schritt als strategisch sinnvoll und verwiesen zudem auf den defensiven Charakter der FMC-Aktie.
Im MDax verloren Lanxess-Aktien trotz positiver Aussagen von Finanzvorstand Matthias Zachert und einer Anhebung des Kursziels durch Goldman Sachs. Die Papiere gaben um 4,4 Prozent nach. Zachert hatte in der "Börsenzeitung" gesagt, dass das Unternehmen derzeit von der Euro-Schwäche profitiere. "Bei einem Anstieg des Dollar gegenüber dem Euro um 1 Cent erzielen wir auf Ebene des Ergebnisses vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen einen zusätzlichen Gewinn von 5 bis 6 Mio. Euro." Insgesamt sei die Währungsinstabilität allerdings nicht positiv und die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht ausgestanden.
JP Morgan macht Kurse
Im TecDax stemmpten sich Papiere von Carl Zeiss Meditec gegen den schwachen Markt und waren mit einem Plus von 0,6 Prozent der beste Wert im TecDax. HSBC-Analyst Jan Keppeler nahm die Bewertung der Aktien des auf Augenheilkunde spezialisierten Medizintechnik-Konzerns mit "Neutral" und einem Kursziel von 12,50 Euro auf. Das Unternehmen verfüge über ein stabiles Geschäftsmodell und die Aussichten für die Margenentwicklung seien ebenfalls positiv.
Überdurchschnittliche Verluste verbuchten hingegen Papiere des Solarunternehmens Q-Cells mit minus 4,8 Prozent. Hier wirkte ebenfalls eine Studie belastend: UBS senkte das Kursziel für die Anteilsscheine deutlich von 7,40 auf 4,50 Euro. Analyst Patrick Hummel erwartet, dass Q-Cells weitere Marktanteile verlieren wird. Zu schaffen machten dem Unternehmen insbesondere der zunehmende Preisdruck in der Branche. Für andere Solarwerte ging es noch deutlicher runter: SMA Solar und Phoenix Solar verloren mehr als fünfeinhalb Prozent.
Quelle: ntv.de, nne/dpa-AFX/rts