Anleger verunsichert, Händler ratlos Dax rutscht unter 7600
21.02.2013, 18:21 Uhr
Trüben sich die Aussichten wieder ein?
Das Ende der großen Geldschwemme wird angedeutet, und die Anleger suchen das Weite. Das allein wundert nicht, denn Geld ist der Schnmierstoff der Finanzmärkte. Was wundert, ist der Zeitpunkt, denn wirklich neu sind die Zweifel der Fed an ihrer Geldpolitik nicht. Die Händler sind ratlos.
Die US-Notenbank Fed hat auf ihrer geldpolitischen Hochgeschwindigkeitsfahrt offenbar kalte Füße bekommen und das setzt den Finanzmärkten weltweit kräftig zu.
Der Dax schloss 1,88 Prozent tiefer bei 7583,57 Punkten. Damit knüpfte der Leitindex an seine Vortagsentwicklung an, als er im späten Handel noch moderat ins Minus gerutscht war. Auch die anderen Indizes mussten Federn lassen: Der MDax büßte 1,24 Prozent auf 13 014,41 Punkte ein und der TecDax sank um 1,31 Prozent auf 896,79 Punkte.
"Wir sehen eigentlich keinen Grund, warum die Märkte derart heftig reagieren. Denn es gibt nichts wirklich Neues. Die jüngsten Verlautbarungen aus dem Kreise der Fed zeigen lediglich die Spaltung des Gremiums und die Konfusion unter den Mitgliedern", merken die Nordea-Analysten an. Wirkliche Hinweise auf eine Beendigung der extrem lockeren Geldpolitik fänden sich in den Fed-Aussagen nicht.
Analysten und Anleger rätseln nun, ob es gegebenenfalls zu einer Stotterbremsung oder gar einem plötzlichen Stopp kommen wird. Die Fed hat erst im Januar damit begonnen, monatlich Staatstitel und Immobilienpapiere in Höhe von insgesamt 85 Mrd. Dollar aufzukaufen, bis der sieche Arbeitsmarkt aus dem Gröbsten heraus ist. Dass die Tage der großen Geldschwemme in den USA nunmehr gezählt sein könnten, dürfte der wachsenden Sorge zuzuschreiben sein, dass die Nebenwirkungen der gigantischen Konjunkturspritzen zu stark werden könnten.
US-Daten schüren die Verunsicherung
Auch die Wall Street trug schwer an diesen Äußerungen. Neben der Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Fed sorgten zusätzlich durchwachsen ausgefallene Wirtschaftsdaten für schlechte Stimmung. Der Konjunkturindex der Federal Reserve von Philadelphia rutschte im Februar um 12,5 Punkte ab - Analysten hatten mit einem Anstieg gerechnet. Zudem meldeten sich in der vergangenen Woche mehr US-Amerikaner erstmals arbeitslos als angenommen. Der Absatz bestehender Eigenheime lag im Januar allerdings über den Erwartungen.
Börsianern zufolge erhöhten die Daten die Verunsicherung der Anleger nur noch. Denn schlechte Konjunkturzahlen aus den USA könnten die Fed davon abbringen, an der extrem lockeren Geldpolitik etwas zu ändern. "Die Anleger stecken in einem Zwiespalt", sagte ein Händler. "Entweder signalisieren derartige Daten, dass die Fed die Märkte weiter mit Geld fluten wird, um die Wirtschaft anzukurbeln. Oder sie zeigen, dass die US-Wirtschaft länger braucht, um wieder auf die Beine zu kommen."
Maua Konjunkturdaten aus der Eurozone
In Europa sorgten derweil auch schwache Einkaufsmanagerindizes aus Frankreich und Deutschland für Enttäuschung. Die Einkaufsmanagerindizes sind in beiden Ländern sowohl im verarbeitenden wie auch im nicht-verarbeitenden Gewerbe unter den Erwartungen geblieben. Die Zahlen erwischten die Anleger auf dem falschen Fuß. Sie hatten nach einem klar besseren ZEW-Konjunkturbarometer auf wieder bessere Wirtschaftsdaten aus der Eurozone gesetzt.
Auch die Angst vor einer Rückkehr Berlusconis bei den Wahlen am Sonntag und Montag in Italien belastete die Märkte. "Sollte der Cavaliere tatsächlich in Rom wieder an die Macht oder auch nur in ihre Nähe kommen, wird das nicht nur den italienischen Anleihen den Garaus machen. Dann wird die ganze Euro-Zone abgestraft und die Aktienkurse dürften in den Keller rauschen", sagte ein Börsianer. Berlusconi will viele Reformen zurückdrehen. In den jüngsten Umfragen Anfang Februar lag die Mitte-Links-Allianz von Pier Luigi Bersani vorne. Aber Berlusconis Mitte-Rechts-Bündnis gewinnt an Zustimmung, und wegen des großen Anteils unentschlossener Wähler schließen einige seinen Wahlsieg nicht ganz aus.
Das rezessionsgeplagte Euroland Spanien konnte sich derweil dank einer hohen Nachfrage mehr Kapital besorgen als geplant. Eine Aufstockung dreier Staatsanleihen spülte 4,2 Mrd. Euro in die klammen Kassen. Anvisiert worden waren drei bis vier Mrd. Euro. Die Zinskosten gingen im Vergleich zu vorherigen Auktionen zurück, was ebenfalls als positives Zeichen gewertet werden kann. Der Korruptionsskandal in Spanien und die anstehenden Wahlen in Italien haben die Anleger demnach zunächst nicht verunsichert.
Bei den Einzelwerten konnten sich Allianz-Papiere trotz guter Geschäftszahlen dem Abgabedruck nicht entziehen. Die Titel fielen 2,4 Prozent. "Die guten Ergebnisse, vor allem im Schaden/Unfall-Geschäft, haben dazu geführt, dass die Combined Ratio deutlich besser ist als erwartet", sagte ein Händler. Im Schaden/Unfall-Geschäft habe das Ergebnis die Konsensschätzung um acht Prozent übertroffen, das sei außerordentlich stark. Die DZ-Bank zeigte sich allerdings enttäuscht, weil die Dividende nicht angehoben wird.
Rein in Bundesanleihen
Gegen den Trend stemmten sich nur wenige Titel - im Dax lagen schlossen lediglich die weniger konjunkturabhängigen Werte Fresenius, FMC und Linde mit Aufschlägen, die allerdings jeweils unter einem Prozent lagen.
Europaweit standen die Aktien großer Bankhäuser auf den Verkaufszetteln. Anleger fürchteten, dass den Instituten die Unterstützung durch die Notenbanken wegbrechen könnte. Im Dax verloren Deutsche Bank und Commerzbank 2,9 beziehungsweise 2,7 Prozent. Der Bankenindex für die Euro-Zone schloss 3,4 Prozent schwächer.
Das Streben nach Sicherheit war auch am Rentenmarkt ablesbar: So standen Bundesanleihen hoch im Kurs. Der Bund-Future stieg um 106 Ticks auf 143,48 Punkte, während die Rendite der zehnjährigen Bundesanleihen auf rund 1,579 von 1,66 Prozent am Vortag sank.
An den Rohstoffmärkten suchten die Anleger ihr Heil in Gold. Der Preis für das Edelmetall stieg um 1,1 Prozent auf 1578 Dollar pro Feinunze, hatte allerdings am Vortag deutlich nachgegeben.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ