Das China-Argument zieht Dax schließt im Plus
10.06.2010, 18:00 UhrDas Exportwachstum in China und die Erholung des Euro wecken am deutschen Aktienmarkt die Kauflaune. Nach einem zunächst schwachen Auftakt kehrt der Dax über die Marke von 6000 Punkten zurück. Im Leitindex läuft nur ein einziger Titel dem Gewinnerfeld hinterher.

Gruppenbild unter der Wärmelampe: Erdmännchen (Suricata suricatta) haben ein feines Gespür - für Gefahren ebenso wie für Chancen.
(Foto: picture-alliance / dpa/dpaweb)
Starke Konjunkturdaten aus China und die Erholung des Euro haben dem deutschen Aktienmarkt am Donnerstag Auftrieb gegeben. Der deutsche Leitindex kehrte über die 6000-Punkte-Marke zurück und legte vor allem am späteren Nachmittag nochmals kräftig zu.
"Es herrscht vor allem Erleichterung darüber, dass der Druck auf den Euro nachlässt", brachte Carsten Raun, Leiter des Eigenhandels bei der WGZ Bank in Frankfurt, die Marktstimmung auf den Punkt.
Der Dax schloss mit einem Plus von 1,20 Prozent auf 6056,59 Punkten. Der MDax der mittelgroßen Werte stieg um 2,85 Prozent auf 8208,09 Punkte und der TecDax gewann 1,87 Prozent auf 753,67 Punkte. Der Euro kletterte über 1,21 Dollar und notierte bei 1,2107 Dollar.
"Auftrieb für Dax und Euro kam einerseits davon, dass die Anleiheemissionen, insbesondere die spanischen, gut aufgenommen wurden. Zudem kam es gut an, dass es keine Überraschungen bei der Leitzinsentscheidung der Europäischen Zentralbank gab", sagte Raun. Dabei verwies er auf zeitweilige Spekulationen am Markt über eine Zinssenkung auf 0,5 Prozent. "Ein solcher Schritt hätte den Euro wieder belastet."
Erneut zählten die Autoaktien zu den Favoriten im Dax. Die Aktien von BMW, Daimler und VW fanden sich mit Kursaufschlägen zwischen drei und vier Prozent an der Index-Spitze. Sie profitierten weiter von starken Absatzzahlen und gehören wegen ihrer starken Präsenz auf dem US-Markt zu den Profiteuren der Euroschwäche. Im MDax setzten sich die Papiere von Continental mit einem Plus von 5,85 Prozent an die Index-Spitze. Der Autozulieferer zeigt sich nach den ersten fünf Monaten bei der Umsatzentwicklung optimistischer.
Die Anteilsscheine der Versorger Eon und RWE lagen dagegen wie schon an den Vortagen am hinteren Ende des Dax. Eon gewannen 0,09 Prozent auf 23,50 Euro. RWE stiegen um 0,27 Prozent auf 56,60 Euro. Die andauernden politischen Unsicherheiten über eine Brennelementesteuer in Deutschland und Laufzeiten von Kernkraftwerken belasteten weiter.
Als einziger Dax-Wert blieben die Aktien von SAP mit einem Abschlag von 0,06 Prozent auf 36,215 Euro im Minus. Es habe Gerüchte am Markt gegeben, dass SAP die Software AG übernehmen könnte, sagte ein Händler. Deren Aktie legte um knapp vier Prozent zu.
Die Aktien von Kabel Deutschland profitierten mit plus 0,84 Prozent auf 23,35 Euro von erfreulichen Geschäftsjahreszahlen und einem von Analysten ebenfalls positiv aufgenommenen Ausblick. Der Kabelnetzbetreiber, der erst im März dieses Jahres an die Börse gegangen war, wird am 21. Juni in den MDax aufgenommen.
Mit Blick auf Europas Aktienmärkte stieg der EuroStoxx 50 um 2,04 Prozent auf 2608,74 Punkte. In Paris und London wurden ebenfalls Gewinne verzeichnet. In den USA zeigten sich die wichtigsten Indizes ebenfalls freundlich und legten jeweils um mehr als 1,5 Prozent zu.
Am deutschen Rentenmarkt stieg die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere auf 2,12 (Vortag: 2,09) Prozent. Der Rentenindex Rex sank um 0,19 Prozent auf 127,62 Punkte. Der Bund Future büßte 0,33 Prozent auf 128,78 Punkte ein. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs des Euro auf 1,2045 (Mittwoch: 1,2010) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,8302 (0,8326) Euro.
Wenig Überraschendes für die Aktienanleger brachte der EZB-Zinsentscheid. Die Europäische Zentralbank beließ die Leitzinsen wie erwartet auf dem rekordniedrigen Niveau von 1,0 Prozent. Auf der anschließenden Ratssitzung in Frankfurt betonte Notenbankchef Jean-Claude Trichet, dass das Wachstum der Wirtschaft in der Euro-Zone holprig sein könnte. Die Zentralbank geht deshalb bis 2011 von einer schwachen Konjunktur und einer niedrigen Inflation aus. "Das ist nicht anders zu erwarten gewesen", kommentierte ein Händler. Details zu den gerade in den Problemländern wie Griechenland oder Portugal gestarteten Staatsanleihekäufen gab Trichet nicht bekannt.
Blick auf die Konjunkturseite
Der Preisauftrieb in Deutschland zieht leicht an. Im Mai lag die Inflationsrate bei 1,2 Prozent, teilte das Statistische Bundesamt mit. Die Statistiker bestätigten damit ihre erste Schätzung. Im März hatte die Jahresrate noch bei 1,1 Prozent gelegen, im April bei 1,0 Prozent. Die für die Geldpolitik wichtige Marke von knapp 2,0 Prozent wird weiterhin deutlich unterschritten. Im direkten Vergleich von April auf Mai stiegen die Preise um 0,1 Prozent. Preistreiber waren im Jahresvergleich vor allem Benzin und Heizöl, hieß es.
Einen starken Impuls lieferten Konjunkturdaten aus China. Die Exportwirtschaft des Riesenreichs läuft trotz der Schuldenkrise in Europa auf Hochtouren. Binnen Jahresfrist schnellten die Ausfuhren im Mai um 48,5 Prozent in die Höhe, wie die Zollbehörden Chinas mitteilten. "Die Daten sind deutlich stärker als vom Markt erwartet und können Sorgen vor einem Rückfall in die Rezession zerstreuen", sagte Xie Xuecheng von Southwest Securities.
Quelle: ntv.de, AFP/DJ/dpa/rts