Rutschpartie aus Angst ums liebe Geld Dax schmiert ab
12.06.2013, 17:40 UhrErst glitschig, aber stabil, dann abgeschmiert - so lässt sich der Kursverlauf am deutschen Aktienmarkt zusammenfassen. Der Dax kennt wieder kein Halten. Das Problem sei, dass die Märkte "süchtig nach geldpolitischen Stimuli" seien, sagt ein Analyst. Allein der MDax verteidigt hartnäckig sein Plus.

Die Sucht nach "geldpolitischen Stimuli" ist ein glitschiges Geschäft.
(Foto: Pixelio/Günter Havlena)
Alles steht und fällt derzeit mit der US-Geldpolitk. Solange nicht klar ist, ob und wann die US-Notenbank (Fed) ihre Anleihekäufe zurückfährt, schwanken die Finanzmärkte. Und je mehr die Börsen in Übersee schlingern desto schwerer fällt es den Börsen in Europa gegenzuhalten.
Nach schwachen Vorgaben der Wall Street drehte der im Tagesverlauf noch unentschiedene Dax in den roten Bereich ab und baute sein Minus kontinuierlich bis auf 0,9 Prozent und 8143 Punkte aus. Der TecDax büßte 0,2 Prozent ein auf 953 Punkte ein. Allein der MDax blieb auf Kurs und stellte damit Dax und TecDax deutlich in den Schatten; der Nebenwerteindex rettete ein Plus von immerhin 0,5 Prozent für sich. Das entsprach 13.888 Zählern.
Am Morgen hatte schon der japanische Aktienmarkt schlechte Stimmung verbreitet. Dort schloss der Nikkei-Index 0,2 Prozent tiefer, nachdem er zunächst deutlich stärker im Minus gelegen und zwischenzeitlich sogar kurz ins Plus gedreht hatte.
"Die Unsicherheit über das weitere Vorgehen der Fed ist groß, und daran wird sich bis zur Offenmarktsitzung in der kommenden Woche nichts ändern", sagt ein Händler. Bis dahin werde es volatil weiter gehen. Einen Test der Marken von 8080 bzw. 8000 Punkten im Dax schließt der Teilnehmer in den kommenden Tagen nicht aus.
Warten auf Hinweise zum Kurs der Fed
"Das große Problem ist, dass die Märkte süchtig nach geldpolitischen Stimuli geworden sind", sagte Daniel Kukalj, Analyst bei Close Brothers Seydler. Noch falle es schwer, sich an den möglichen Verlust dieses Sicherheitsnetzes zu gewöhnen, erklärte ein anderer Börsianer.
Zuletzt hatten sich Vertreter der US-Notenbank immer öfter für eine Drosselung der milliardenschweren Wertpapierkäufe ausgesprochen. Fed-Chef Ben Bernanke hatte den Beginn des Ausstiegs nur für den Fall in Aussicht gestellt, dass sich die Beschäftigungslage nachhaltig aufhellt. Mit Spannung warten Börsianer nun darauf, ob Bernanke nach der Fed-Sitzung in der nächsten Woche neue Hinweise auf den weiteren Kurs der Notenbank geben wird. "Bis dahin dürfte das Hin und Her an den Märkten weitergehen", sagte ein Händler.
Verkäufe an griechischer Börse
Die Herabstufung auf den Status eines Schwellenlandes durch den Index-Anbieter MSCI löste Verkäufe an der griechischen Börse aus. Der Leitindex in Athen fiel um 0,5 Prozent auf 891 Punkte, nachdem er schon in den vergangenen beiden Tagen um fast zehn Prozent eingebrochen war. Der Bankenindex stieg um 3,3 Prozent, vorangegangen war eine ebenfalls zweitägige Talfahrt mit einem Gesamtverlust von zwölf Prozent. MSCI begründete die neue Einstufung Griechenlands unter anderem damit, dass die dortige Börse nicht mehr die modernen Rahmenbedingungen für Kapitalanlagen erfülle. Auch von den Umsätzen her biete der griechische Markt nicht mehr das, was von einem Industrieland erwartet werde.
In Deutschland endete unterdessen auch der zweite und letzte Tag der Anhörungen vor dem Bundesverfassungsgericht, das entscheiden soll, ob das OMT-Anleihekaufprogramm der Europäischen Zentralbank rechtens ist. Ein Ergebnis ist jedoch erst im Herbst zu erwarten.
Vodafone macht ernst - MDax trumpft auf
Großes Gesprächsthema auf dem Parkett war die mögliche Übernahme Kabel Deutschlands durch Vodafone. Der britische Mobilfunkriese hat erstmals sein Interesse an einem Kauf von Deutschlands größtem Kabelnetzbetreiber bestätigt. Es sei aber nicht sicher, ob es letztlich zu einer Offerte kommen werde, erklärte der Konzern. Wie viel Vodafone für Kabel Deutschland zu bieten bereit ist, blieb zunächst unklar. Die Analysten der Investmentbank MainFirst sagten, eine Offerte müsse bei 80 Euro je Aktie liegen. Damit müssten die Briten einschließlich der zuletzt 2,8 Milliarden Schulden von Kabel Deutschland fast zehn Milliarden Euro ausgeben. Kabel-Deutschland-Aktien schossen um bis zu 8,2 Prozent auf ein Rekordhoch von 80,84 Euro und waren mit Abstand größter MDax-Gewinner. Die Titel sind für gut die Hälfte des MDax-Anstiegs verantwortlich, Kabel Deutschland ist mit einem Index-Gewicht von etwa 6,5 Prozent der Titel der zweitschwerste Wert hinter EADS.
Im Dax hatten Heidelbergcement das Nachsehen: Eine Herunterstufung von Morgan Stanley auf "Equal-Weight" drückte die Titel um gut 5,0 Prozent ins Minus.
Ebenfalls schwächer notierten Volkswagen mit einem Abschlag von 3,3 Prozent. Europas größter Autobauer hat zum zweiten Mal innerhalb von sieben Monaten eine milliardenschwere Wandelanleihe begeben. Analysten lobten indes die Maßnahme: Der Emissionserlös von bis zu 1,2 Milliarden Euro wirke sich positiv auf das Eigenkapital der Gesellschaft aus, schrieb DZ-Bank-Analyst Michael Punzet in einem Kommentar. Er bestätigte seine Kaufempfehlung für die Aktien.
Der Flughafenbetreiber Fraport legte Händlern zufolge unterdessen gemischte Verkehrszahlen für Mai vor. Die Aktie schloss unverändert.
Verkauf von Axel-Springer-Anteilen
Deutlich im Minus lagen die Aktien von Axel Springer, nachdem sich der der britische Unternehmer Michael Lewis nach sieben Jahren von seiner Beteiligung an dem Verlagskonzern getrennt hatte. Die Deutsche Bank platzierte das Anteilspaket von 2,8 Prozent über Nacht für 89 Millionen Euro bei institutionellen Investoren. Der Preis für die 2,77 Mio. Aktien lag mit je 32,18 Euro um fünf Prozent unter dem Schlusskurs vom Dienstag. Das Papier gab 3,8 Prozent nach.
Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ