7400 Punkte halten knapp Dax segelt abwärts
08.07.2011, 18:00 UhrVon Hoffnungsschimmer keine Spur: Nach schwachen Zahlen zum US-Arbeitsmarkt rauscht der deutsche Aktienmarkt auf breiter Front ins Minus. Nur eine Handvoll Unternehmen halten sich im Plus. Auf der Verliererseite erwischt es insbesondere die Energieversorger.

Intraday-Ikarus: Lange hält der Höhenflug angesichts der Hoffnung auf gute US-Arbeitsmarktdaten nicht.
(Foto: REUTERS)
Mit großer Enttäuschung hat der deutsche Aktienmarkt die jüngste Entwicklung auf dem US-Arbeitsmarkt aufgenommen. Statt der erhofften positiven Überraschung fiel die Entwicklung deutlich schwächer aus als erwartet und drückte damit die Kurse auch auf dem Frankfurter Parkett ins Minus. Mit Ach und Krach konnte der Leitindex Dax die Marke von 7400 Punkten verteidigen.
Zu Handelsschluss notierte der Dax bei 7402,73 Punkten, das sind 0,9 Prozent weniger als noch am Vorabend. Auf Wochensicht verbuchte der Dax ein Minus von 0,2 Prozent. Für den MDax ging es um 1,1 Prozent abwärts auf 11.068,92 Punkte. Der TecDax verlor 1,3 Prozent auf 898,87 Zähler.
"Das war eine kalte Dusche - an den Daten ist nicht ansatzweise etwas Positives zu entdecken", sagt ein Marktteilnehmer zur Beschäftigungsentwicklung in den USA. Die Erwartungen seien hoch gewesen und die Ernüchterung umso bitterer, nachdem Volkswirte nach den überraschend guten ADP-Daten vom Vortag ihre Prognosen angehoben und mit 125.000 neuen Stellen gerechnet hätten. Stattdessen wurden gerade einmal 18.000 neue Stellen gemeldet. Auch sonst boten die Daten wenig Erbauliches. So stieg die Arbeitslosenquote von 9,1 auf 9,2 Prozent. Zudem hat der Amerikaner weniger Geld in der Tasche. Die Stagnation der Stundenlöhne im Vergleich zum Vormonat bedeute angesichts einer Inflationsrate von derzeit 3,6 Prozent sinkende Reallöhne, merkte ein Volkswirt an.
Für Verunsicherung sorgten zuvor zeitweise Spekulationen, dass nach Griechenland, Irland und Portugal nun auch Italien Hilfe von außen benötigen könnte, um die Schuldenprobleme in den Griff zu bekommen. "Es gibt einen Angriff gegen Italien, das ist ganz klar", sagte ein Händler in Mailand. Unicredit leide besonders, weil es die einzige italienische Großbank sei, die keine Kapitalerhöhung vorgenommen habe.
Kapitale Sorgen
Der größte Verlierer war RWE mit einem Minus von 4 Prozent. Grund dafür ist eine mögliche Kapitalerhöhung, die Konzernchef Jürgen Großmann auf einer Sitzung des Konzernbeirats ins Spiel gebracht hat. Demnach reichten die bisherigen Konsolidierungspläne vermutlich nicht aus, um die Ratingagenturen von der finanziellen Stärke des Konzerns zu überzeugen. RWE will nach eigenen Angaben bei Veröffentlichung der Zahlen zum zweiten Quartal über mögliche Maßnahmen berichten. Für Equinet-Analyst Michael Schäfer kommt der mögliche Schritt wenig überraschend. "Das reflektiert lediglich, was wir bereits seit dem Atommoratorium oder dem Beschluss über den Atomausstieg wissen; nämlich dass RWE stark verschuldet, die operative Ertragskraft aber gleichzeitig geschwächt ist", sagte er. Auch den Branchenprimus Eon ließen die Berichte nicht kalt, dessen Papiere schlossen 2,4 Prozent im Minus.
Nach einer Herabstufung machten Anleger einen Bogen um Papiere der Metro. Die Papiere verbilligen sich um 2,5 Prozent. Die Analysten von Bofa/Merrill Lynch äußerten sich laut Händlern skeptisch zu den Gewinn- und Umsatzzielen des Konzerns. Sie setzten die Aktien auf "Underperform" von "Neutral" und senkten das Kursziel von 52,50 auf 42 Euro.
Unter den wenigen Standardwerten, die ihre Kursgewinne halten können, notierten die Aktien der Deutschen Börse zu Handelsschluss 0,8 Prozent im Plus. Der Börsenbetreiber ist beim geplanten Zusammenschluss mit der NYSE durch die Zustimmung der Anteilseigner der US-Börse ein gutes Stück vorangekommen. Das ausstehende Votum der Anteilseigner der Deutschen Börse via Aktientausch sollte nach Einschätzung der Commerzbank nun kein Problem mehr sein.
ThyssenKrupp hielten sich mit 0,3 Prozent Verlust wacker. Händler hatten zunächst Berichte als belastend gewertet, wonach die an der jüngsten Aktienplatzierung beteiligten Banken auf rund 30 Prozent der Aktien sitzengeblieben seien. Allerdings sei dies ein Problem der Banken und nicht von Thyssen, hieß es. Der Stahlproduzent hatte den Banken am Vortag rund 50 Mio. eigene Aktien zum Garantiepreis andienen können.
Vossloh auf holprigem Gleis
Im MDax gingen Vossloh nach einer Gewinnwarnung auf Talfahrt. Zu Handelsschluss verbuchten die Papiere ein Minus von 8,1 Prozent, über weite Strecken des Handels war der Abschlag noch größer. Vossloh hatte am Donnerstag nach Börsenschluss mitgeteilt, es rechne für 2011 nur noch mit einem Umsatz von 1,25 Mrd. Euro und einem operativen Gewinn (Ebit) zwischen 120 und 130 Mio. Euro. Bislang hatte das Unternehmen für das laufende Jahr einen Umsatz von rund 1,4 Mrd. Euro und ein operatives Ergebnis von mehr als 160 Mio. Euro in Aussicht gestellt. "Auch wenn einige Analysten die Ziele des Konzerns bereits infrage gestellt haben, überrascht doch das Ausmaß der Prognosesenkung", sagte ein Händler.
Optisch billiger notierten die Papiere von Fielmann, die 1,4 Prozent tiefer als am Vorabend gehandelt wurden. Daran war jedoch auch eine Dividendenzahlung von 2,40 Euro je Aktie schuld, die rein rechnerisch ein Kursminus von rund 3 Prozent auslösen müsste. Unter dem Strich machten Aktionäre der Optikerkette damit ein gutes Geschäft. Zur Wochenmitte hatten die Papiere jedoch wegen negativer Geschäftsaussichten bereits deutlich Federn gelassen.
Die Solaraktien litten unter einer skeptischen Studie von Goldman Sachs. Die auf "Sell" gesenkten Centrotherm verloren 4,6 Prozent. Auch zu Aixtron gab es weitere Abstufungen, so dass der Titel um 4,3 Prozent nachgab.
Quelle: ntv.de, nne/DJ/rts