Was macht Berrnanke? Dax steht vor spannender Woche
06.07.2013, 09:55 Uhr
Der Dax hält sich derzeit knapp über der Marke von 7800 Punkten.
(Foto: dpa)
Wann beginnt die amerikanische Notenbank Fed, ihre extrem lockere Geldpolitik zu drosseln? Das ist die drängendste Frage, die sich derzeit Börsianer stellen. In der kommenden Woche wird die Antwort darauf wohl klarer sein als bisher. Etwas Rückenwind für die Kurse könnte von der einsetzenden Berichtssaison in den USA kommen.
Richtige Freude will am Frankfurter Aktienmarkt derzeit nicht aufkommen: Die Regierungskrise in Portugal und das Ringen um die nächsten Milliarden-Hilfen für Griechenland lassen die Anleger vorsichtig agieren. Zudem ist noch immer unklar, wie lange es noch dauert, bis die amerikanische Notenbank Fed ihr milliardenschweres Anleihenkaufprogramm reduziert. Gibt es eine Drosselung der Anleihekäufe bereits im September oder Oktober, wie von vielen Marktbeobachtern vermutet?
Der Arbeitsmarktbericht der USA für Juni dürfte deshalb besondere Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Arbeitslosenquote beträgt derzeit 7,6 Prozent, sie ist die zentrale Größe für die US-Notenbank hinsichtlich ihrer lockeren Geldpolitik. Spannend dürfte es auch am Mittwoch werden, wenn die Fed ihr Sitzungsprotokoll des Offenmarktausschusses (Fed Minutes) veröffentlicht und ihr Chef Ben Bernanke vor dem National Bureau of Economic Research spricht.
Experten werteten die jüngsten Daten vom US-Arbeitsmarkt, auf dem im Juni deutlich mehr Stellen geschaffen wurden, als klares Indiz für eine baldige Drosselung der ultralockeren Geldpolitik der Fed: "Die Zahlen sind erfreulich und untermauern die Erwartungen, dass sich die US-Notenbank im Verlauf des Herbstes von den Anleihekäufen zurückzieht", so etwa Analyst Ralf Umlauf von der Landesbank Hessen-Thüringen.
Doch geht es der US-Konjunktur besser, belastet das tendenziell die Aktienmärkte. "Es ist immer dasselbe Spiel: Gute Nachrichten werden schlecht geredet. Die fortschreitende Gesundung der Wirtschaft bevollmächtigt die Fed zur Straffung der Geldpolitik. Solange die Sorge vor einem Ende der lockeren Geldpolitik andauert, solange werden positive Konjunkturdaten immer mit der Angst vor einem schnelleren Ausstieg der Fed aus der lockeren Geldpolitik in Verbindung gebracht", erklärte Analyst Mark Newton von Greywolf Execution Partners die Berg- und Talfahrt an den Börsen.
US-Berichtssaison beginnt
"Der Mix aus einer noch immer freundlichen Zinspolitik und einer moderat wachsenden US-Wirtschaft bleibt bestehen, dies ist ein ordentliches Umfeld für die Aktienmärkte", umreißt indes Daniel Saurenz von Feingold Research die aktuelle Situation. Entscheidend sei nun ein guter Auftakt in die neue US-Quartalssaison. Diese wird traditionell vom Aluminiumkonzern Alcoa eingeläutet. Das Unternehmen legt am Montag nach Börsenschluss seine Daten vor, bis zum Wochenschluss folgen unter anderem die Großbanken JP Morgan Chase und Wells Fargo.
"Die größten US-Unternehmen dürften ihren Gewinn - nach einem Rücksetzer im ersten Quartal - wieder gesteigert haben", prognostiziert LBBW-Analyst Uwe Streich. Die Gewinnüberraschungen sollten jedoch nicht allzu üppig ausfallen.
Für Verunsicherung sorgt derweil die ins Wackeln geratene Regierungskoalition in Portugal. Finanzminister Vitor Gaspar hatte wegen des schwindenden Rückhalts in der Bevölkerung für den Sparkurs des Landes seinen Rücktritt eingereicht. Ihm folgte Außenminister Paulo Portas. Sollte die Regierung scheitern, könnten in Portugal Neuwahlen anstehen. Unklar wäre dann, ob das Land am Sparkurs festhalten wird und Mitte 2014 den Rettungsschirm verlassen kann.
Neben Portugal bereitet auch Griechenland den Anlegern Bauchschmerzen: Athen versucht, sich mit den internationalen Geldgebern über das umstrittene Reformprogramm zum Schuldenabbau zu einigen. Knackpunkt der Gespräche sind die Reformziele für den öffentlichen Dienst. Am Montag steht ein Treffen der Eurogruppe an, auf dem es um die Auszahlung der nächsten Kredittranche in Höhe von 8,1 Mrd. Euro geht. Einige Analysten rechnen bereits mit einem zweiten Schuldenschnitt für das Land, weil sie der Meinung sind, dass das Land die Lasten auf Dauer nicht tragen kann. Im Frühjahr 2012 hatte Athen mit einem Schuldenschnitt bei seinen Privatgläubigern die Verbindlichkeiten um gut 100 Mrd. Euro verringert.
Die Anleger sind laut Commerzbank-Analyst Rainer Guntermann in dieser Woche daran erinnert worden, dass die Euro-Krise noch nicht bewältigt ist. Er geht allerdings nicht davon aus, dass sich die Probleme in Griechenland und Portugal zu einer breiten Eskalation mit Ansteckungsgefahren für andere südeuropäische Staaten hochschaukeln. "Das Versprechen der EZB, falls nötig unbegrenzt Anleihen (...) zu kaufen, entfaltet weiterhin seine beruhigende Wirkung."
Die EZB hatte ihr so genanntes OMT-Programm, das allerdings nur unter strikten Bedingungen aktiviert wird, im September angekündigt. Das Wissen um ein solches Sicherheitsnetz hatte die Renditen von Staatsanleihen kriselnder Staaten wie Italien deutlich zusammenschmelzen lassen. Die Aussicht auf anhaltend niedrige Zinsen im Euro-Raum, die EZB-Chef Mario Draghi nach Ratssitzung am Donnerstag angedeutet hat, sollte die Risikoaufschläge für Peripherieländer ebenfalls in Grenzen halten.
Osram geht an die Börse
Die Deutschland-Agenda bleibt in der kommenden Woche auf Unternehmensseite überschaubar. Am Dienstag legt Lufthansa die Verkehrszahlen für Juni vor, ebenso Fraport am Mittwoch. Quartalsbilanzen kommen von CropEnergies, Gerresheimer und Südzucker. Wichtige Konjunkturdaten aus Deutschland stehen unter anderem am Montag mit der Industrieproduktion an.
Deshalb dürfte wohl vor allem der Börsengang von Osram für Gesprächsstoff sorgen. Damit wird die Abspaltung des Leuchtmittelkonzerns von Siemens Realität. Allerdings verläuft der Schritt nicht nach Schema F: Bei "normalen" Börsengängen gibt es mit dem Ausgabepreis den besten Anhaltspunkt dafür, was das Unternehmen den Investoren wert ist - bei Osram jedoch reichen die verfügbaren Richtwerte von knapp 21 bis 44 Euro. Denn Siemens scheute sich davor, die Aktien in einem so genannten Bookbuilding-Verfahren bewerten zu lassen. Sie sollten nach Handelsschluss am Freitagabend einfach in die Depots der Siemens-Aktionäre gebucht werden. In ihren ersten Stunden an der Börse dürfte die Aktie unter Druck geraten, weil viele Aktionäre ihre Osram-Anteile wohl abgeben werden. Mit der Abspaltung wird Osram als 31. Wert für einen Tag dem Dax angehören.
Quelle: ntv.de, jga/rts/dpa