China-Warnungen und Metro Dax zögerlich erwartet
20.03.2012, 08:45 Uhr
Bis knapp unter die Schwelle: Der Dax zu Wochenbeginn.
(Foto: REUTERS)
Am deutschen Aktienmarkt rechnen die Beobachter in Banken und Brokerhäusern mit einem leicht unterkühlten Start in den Tag. Solide Vorgaben aus den USA sorgen für Rückenwind. Doch mahnende Signale aus China jagen kalte Windstöße in den Börsenfrühling.
Trotz positiver Vorgaben aus den USA zeichnet sich am deutschen Aktienmarkt ein verhaltener Auftakt ab: Der Dax dürfte anders als am frühen Morgen erwartet wie bereits am Vortag auf hohem Niveau stagnieren. Am Vorabend war der Leitindex knapp 0,1 Prozent schwächer bei 7154 Punkte aus dem Handel gegangen. Die Deutsche Bank berechnete den Dax vorbörslich mit 7138 Punkten, das sind 0,2 Prozent oder 16 Punkte weniger als der Schlusskurs vom Montag.
Immerhin habe der Dax vor dem vergangenen Wochenende erstmals seit dem 1. August 2011 an der Marke von 7200 Punkten gekratzt, erklärte ein Marktteilnehmer. Nach einer Kurs-Rally von 561 Punkten in nur acht Handelstagen sei "eine Korrektur nie weit entfernt", sagt Stan Schamu von IG Markets in Melbourne.
Bei den Vorgaben aus Asien fehlt ein wichtiger Impulsgeber: Die Börse in Tokio bleibt feiertagsbedingt geschlossen. Die Japaner ehren den Frühlingsbeginn mit einem arbeitsfreien Tag. Der Shanghai-Index verlor gut ein Prozent. "Es ist ein guter Zeitpunkt, die Risiken wieder etwas abzubauen und zu niedrigeren Kursen Schnäppchen zu kaufen", sagte Tom Kaan von Louis Capital Markets in Hongkong. Dort gab der Hang-Seng-Index um 0,8 Prozent nach.
An der Wall Street hatte die erste Dividendenzahlung seit 17 Jahren von Apple die Kauflust der Anleger angeregt. Der Nasdaq-Composite gewann 0,8 Prozent, der S&P-500 legte 0,4 Prozent zu. der Dow-Jones-Index der Standardwerte schloss mit einem Aufschlag von 0,1 Prozent knapp im Plus.
Konjunktursignale aus China sorgten für neue Unsicherheit: Die chinesische Notenbank People's Bank of China (PBoC) sieht die Zeit gekommen, die Zinsliberalisierung voranzutreiben. In einem Beitrag für die jüngste Ausgabe des "China Finance Magazine" fordert Zentralbankchef Zhou Xiaochuan außerdem die beschleunigte Einführung eines Einlagensicherungssystems. Nach Einschätzung von Ökonomen ist eine Hinwendung zu Marktzinsen ein wichtige Voraussetzung dafür, die privaten Haushalte mit mehr Geld zu versorgen, um so den Konsum anzukurbeln. Bisher ist die Regierung in diesem Punkt zurückhaltend gewesen, weil sie befürchtet, dass die Profitabilität der chinesischen Banken leiden würde, wenn sie in einen Wettbewerb um Spareinlagen gezwungen würden.
Bei den Rohstoffwerten dürften die mahnenden Worte von BHP Billiton für Abgaben sorgen. Der Konzern hat gewarnt, dass sich die Nachfrage nach Eisenerz aus China - dem Land mit der größten Nachfrage - abschwächen wird. Grund dafür sei die konjunkturelle Abkühlung im Reich der Mitte. Die Aussagen haben bereits an der rohstofflastigen australischen Börse zu Verlusten geführt.
Weitere Aussagen aus China dürften Händlern zufolge auch die europäischen Autowerte belasten. So rechnet der chinesische Autoverband CAAM nach Bloomberg-Berichten nicht mehr mit einem Wachstum des Automarktes von bisher 5 Prozent im Jahr. "Die China-Story war ein grosser Wachstumstreiber für die Autos", sagte ein Händler: "Wenn hier die Luft herausgelassen wird, könnte kräftig Druck auf die Aktien aufkommen". Zudem zogen die Ölpreise in den vergangenen Wochen immer weiter an. Dazu kam die BHP-Warnung vor einem abgeschwächten Wachstum. Autowerte waren bereits zu Wochenbeginn unter Druck geraten.
Den europäischen Ölwerten drohen Händlern zufolge Abgaben. Marktteilnehmer verweisen auf die Entwicklung bei den Rohöl-Futures. Hier seien anhaltende Gewinnmitnahmen zu beobachten. Die Anhebung der Benzin- und Dieselpreise in China spielt dabei keine Rolle. "Der Schritt bewegt sich im Rahmen des Erwarteten", meinte ein Analyst, der mit weiteren Erhöhungen in diesem Jahr rechnet. Die chinesischen Ölwerte haben trotz der Verteuerung nachgegeben.
In der Dax-Arena stehen die Ak im Rampenlicht: Nach den monatelangen Personalquerelen soll bei Metro wieder das operative Geschäft in den Vordergrund rücken. Olaf Koch präsentiert zum ersten Mal als Vorstandsvorsitzender die Zahlen für das vergangene Jahr.
Im Mittelpunkt stehen dabei Aussagen zur weiteren Entwicklung und künftigen Strategie des Konzerns. Es wird nicht erwartet, dass Koch einen Strategieschwenk einleitet, vielmehr dürfte er die Linie seines Vorgängers fortführen. Das laufende Geschäftsjahr dürfte aufgrund der sich abschwächenden Weltwirtschaft schwierig für den stark im europäischen Ausland engagierten Konzern werden. Zudem befindet sich die Elektroniktochter Media Saturn mitten in einer Umstrukturierung.
Die Metro-Aktien gaben im frühen Frankfurter Handel um 0,9 Prozent nach. Händler verwiesen auf den Ausblick: Der operative Gewinn des Handelskonzerns dürfte in diesem Jahr stagnieren. Die Düsseldorfer rechnen mit einem Gewinn auf dem Niveau des Vorjahres, als 2,37 Mrd. Euro erzielt wurden. Ein enttäuschendes Weihnachtsgeschäft hatte den Gewinn im vergangenen Jahr belastet.
Nach einer Kaufempfehlung der UBS griffen Anleger bei Lufthansa-Aktien zu: Die Papiere verteuerten sich im frühen Geschäft von Lang & Schwarz um 2,5 Prozent und setzten sich damit an die Dax-Spitze. "Dass Lufthansa ihre verlustträchtige Tochter British Midland (BMI) los geworden ist, wird dem Management wieder mehr Zeit für andere Projekte geben und Kapital freisetzen", schrieben die Analysten der UBS in einem Kommentar. Außerdem müssten die Verluste von BMI nicht länger in der Bilanz verarbeitet, was positiv zu werten sei. Im Dezember vergangenen Jahres hatte die Lufthansa mitgeteilt, BMI an den großen Rivalen British Airways abzugeben. Die UBS-Analysten setzten die Aktien des Luftfahrtkonzerns auf "Kaufen" von zuvor "Neutral" und erhöhten das Kursziel auf 13 (10) Euro. Am Montag hatten Lufthansa-Papiere 0,1 Prozent schwächer bei 10,48 Euro geschlossen.
Die Konjunkturaugen richten sich im Tagesverlauf auf die Baugenehmigungen und -beginne in den USA. Sie werden gegen 13.30 Uhr (MEZ) erwartet. Bereits in den letzten Monaten hat sich das Stimmungsbarometer der Branche erholt und signalisiert weitere Verbesserungen der Bautätigkeit, schrieb Helaba-Analyst Ralf Umlauf in einem Kommentar. "Vom US-Immobilienmarkt gehen starke Impulse für die Konjunktur aus", sagte ein Händler. Volkswirte rechnen im Konsens mit einem Anstieg der Baubeginne von 1,3 Prozent im Vergleich zum Januar. "Das nach wie vor warme Wetter dürfte im Februar die Baubeginne angekurbelt haben", prognostizierte Jan Dubsky von der Royal Bank of Scotland.
Im späten deutschen Handel vom Vorabend hatten sich die wichtigsten deutschen Indizes nur wenig bewegt und uneinheitlich tendiert. Der L-Dax schloss geringfügig höher bei 7158,75 Punkten, nachdem der Leitindex Dax im Hauptgeschäft um 0,05 Prozent auf 7154,22 Punkte gesunken war. Der L-MDax stand am Ende bei 10 706,54 Punkten. Der Index mittelgroßer Werte hatte zuvor 0,34 Prozent auf 10 712,71 Punkte gewonnen. Der L-TecDax ging bei 796,25 Punkten aus dem Späthandel. Zuvor war der Index der Technologiewerte um 0,73 Prozent auf 796,58 Punkte vorgerückt.
Die US-Börsen waren nach einem ruhigen Handelstag freundlich in den Abend gegangen. Händler verwiesen dabei auf den wieder zunehmenden Konjunkturoptimismus in den USA sowie auf eine offenbar bessere Verfassung der US-Unternehmen. Der Markt registriere zunehmend Signale der Zuversicht von Unternehmensseite, sagte James Paulsen von Wells Capital Management mit Blick auf die jüngste Dividendenankündigung von Apple und die in der Vorwoche veröffentlichten Dividendenerhöhungen von US-Banken.
Quelle: ntv.de, DJ/dpa/rts