Marktberichte

Wall-Street-Vorschau Die Woche der Entscheidung

Am Tropf der Fed: Die Märkte erzittern unter der Aussicht, bald ohne Unterstützung der Notenbank leben zu müssen.

Am Tropf der Fed: Die Märkte erzittern unter der Aussicht, bald ohne Unterstützung der Notenbank leben zu müssen.

(Foto: REUTERS)

Die New Yorker Wall Street steuert weiter durch ungewöhnlich unruhiges Fahrwasser: Kurz vor der möglicherweise entscheidenden Fed-Sitzung dürfte die Nervosität der Anleger neue Höhen erreichen. Zuvor stehen Konjunktursignale aus Deutschland an.

Wann und in welchem Ausmaß strafft die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) ihre geldpolitischen Zügel? Das ist die entscheidende Leitfrage, um die sich das Geschehen an den Börsen in aller Welt in der neuen Woche drehen wird. Die Unsicherheit Über den künftigen Fed-Kurs sorgt seit Tagen für Unruhe an den Finanzmärkten. "Nicht nur die Konjunktur, auch die Kapitalmärkte hängen am Tropf des billigen Geldes", sagt Kapitalmarktstratege Carsten Klude von MM Warburg.

Anlass für die zuletzt wieder zunehmenden Spekulationen ist ein bevorstehender Entscheidungstermin im Offenmarktausschuss der Fed: Die starken Schwankungen werden sich nach Einschätzung der Landesbank Berlin (LBB) allerdings auch nach der mit Spannung erwarteten Sitzung fortsetzen, die wie üblich am Dienstag beginnt und am Mittwoch endet. Die LBB-Experten erwarten - wie derzeit die meisten Marktbeobachter auch - zunächst eine unverminderte Fortsetzung der Fed-Anleihenkäufe, um die Wirtschaft weiterhin zu stimulieren.

In den vergangenen Tagen waren Anleger zeitweise auf Nummer sicher gegangen und hatten Gewinne eingestrichen: In Europa verlor der deutsche Leitindex Dax auf Wochensicht 1,5 Prozent, der Eurostoxx50 gab sogar 2,1 Prozent nach. An den europäischen Börsen sind die seit Mitte April erzielten Gewinne etwa zur Hälfte wieder abgeschmolzen. An der Wall Street betrug der Wochenverlust des Dow-Jones-Index 1,2 Prozent, an der US-Technologiebörse Nasdaq 1,3 Prozent. Im Gegenzug kletterten die Renditen für US-Staatsanleihen, die als sicherer Hafen gelten, auf den höchsten Stand seit 14 Monaten.

"Sommersturm" an den Börsen

Den Nährboden für die derzeitige Nervosität an den Märkten haben die Währungshüter selbst bereitet: Im Mai hatte Fed-Chef Ben Bernanke angekündigt, falls sich die Beschäftigungslage nachhaltig aufhelle, könne das Tempo der Konjunkturhilfen "auf einer der nächsten Sitzungen" gedrosselt werden. Unmittelbar erwartet das Gros der Analysten nach wie vor noch keine Richtungsänderung. Denn während die US-Konjunktur eine solide Erholung zeigt, hinkt der für Fed-Entscheidungen maßgebliche Stellenmarkt weiter hinterher.

Einige Experten spekulieren darauf, dass die Fed zum Jahresende ihre monatlichen Anleihenkäufe von derzeit 85 auf 65 Mrd. Dollar zurückfahren könnte. "Nur sehr schwache Daten werden den Exit bis in das nächste Jahr verzögern können", meint Commerzbank-Analyst Bernd Weidensteiner.

Die Mitglieder der US-Notenbank sind zum Teil sehr unterschiedlicher Auffassung, wann der Ausstieg beginnen soll. Die jüngste Verwirrung an den Märkten nennt Fred Dickson, Chef-Stratege von D.A. Davidson & Co, einen Sommersturm. "Kein großer, aber genug, um die Leute etwas nervös zu machen." Nächste Woche könne es durch Bernanke mehr Klarheit geben, auch wenn die meisten Fed-Beobachter wohl nicht alle Details bekämen, auf die sie hoffen.

Dicke Termine auf der Agenda

Aufschluss über die konjunkturelle Entwicklung werden etliche neue Daten bringen. Aus Deutschland - der stärksten Volkswirtschaft innerhalb der Eurozone - steht am Dienstag der ZEW-Index im Fokus. Daneben stehen die europäischen Einkaufsmanager-Indizes an. Am Donnerstag veröffentlicht die Großbank HSBC ihren vielbeachteten Einkaufsmanager-Index für China. Im Mai war das Barometer unter die Wachstumsschwelle gefallen und hatte Investoren einen ordentlichen Schrecken eingejagt.

Nach der kurzen Zwischenerholung am Donnerstag hatte sich der US-Aktienmarkt vor dem Wochenende erneut schwächer gezeigt. Für den Dow-Jones-Index ging es am Freitag um 0,70 Prozent nach unten auf 15.070,18 Punkte. Der marktbreite S&P-500-Index sank am Freitag um 0,59 Prozent auf 1626,73 Punkte. An der technologielastigen Nasdaq-Börse ging es für den Auswahlindex Nasdaq 100 um 0,64 Prozent nach unten auf 2943,86 Punkte. Der Nasdaq-Composite schloss 0,63 Prozent tiefer bei 3423,56 Zählern.

Für neuerliche Katerstimmung sorgte laut Börsianern vor allem der Internationale Währungsfonds (IWF). Dieser hatte seine Prognose für das US-Wirtschaftswachstum 2014 von bisher 3 auf 2,7 Prozent gesenkt. Hinzu kamen schwache Konjunkturdaten wie das von der Universität Michigan ermittelte Konsumklima, das sich im Juni überraschend eintrübte.

Zwischenzeitlich hatte dies den Markt allerdings gemeinsam mit der stagnierenden Industrieproduktion noch gestützt, weil die Anleger eine Änderung an der ultralockeren Geldpolitik der US-Notenbank in der kommenden Woche als weniger wahrscheinlich ansahen. Der Fed-Sitzung wird mit besonderer Spannung entgegen gefiebert, da die derzeitige Liquiditätsversorgung der Notenbanken als Basis der haussierenden Aktienmärkte gilt.

Dem Euro war zum Ende einer erneut starken Woche etwas die Luft ausgegangen. Gewinnmitnahmen drückten die Gemeinschaftswährung auf 1,3340 Dollar. US-amerikanische Staatsanleihen präsentierten sich derweil weiter stabilisiert. Richtungweisende zehnjährige Anleihen gewannen 14/32 auf 96 6/32 Punkte. Ihre Rendite errechnete sich bei 2,18 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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