Marktberichte

"Alles was ich sagen kann, ist 'Wow'" Dow geht stark ins Wochenende

Mit einem Mal ganz andere Perspektiven: Für Bürger, Anleger und die US-Notenbank.

Mit einem Mal ganz andere Perspektiven: Für Bürger, Anleger und die US-Notenbank.

(Foto: AP)

Die offiziellen Job-Daten aus Washington belegen es: Der US-Arbeitsmarkt entwickelt sich bei weitem besser als erwartet. Schlagartig wittern Anleger den Aufschwung. An der New Yorker Wall Street ziehen Finanz-, Rohstoff- und Auto-Aktien kräftig an. An der Technologiebörse Nasdaq steigt das Kursbarometer auf den höchsten Stand seit elf Jahren.

Das Ohr immer eng am Markt: Ein Händler befolgt eine der wichtigsten Grundregeln an der New York Stock Exchange.

Das Ohr immer eng am Markt: Ein Händler befolgt eine der wichtigsten Grundregeln an der New York Stock Exchange.

(Foto: REUTERS)

Die unerwartet kräftige Erholung am US-Arbeitsmarkt hat an der Wall Street am letzten Handelstag der Woche neue Hoffnungen auf ein Widererstarken der weltgrößten Volkswirtschaft ausgelöst. Reihenweise wechselten die Börsianer aus der Schwächephase in ein neues Szenario:

Das Plus bei neu geschaffenen Stellen war so groß wie seit neun Monaten nicht mehr - die Arbeitslosenquote fiel im Januar auf 8,3 von 8,5 Prozent und damit auf den niedrigsten Stand seit Februar 2009. "Alles was ich sagen kann, ist 'Wow'", sagte Matt McCormick von Bahl & Gaynor. "Auf eine solche Zahl hat vorher niemand zu hoffen gewagt." Analysten hatten im Schnitt lediglich einen Anstieg der Beschäftigtenzahl von 125.000 erwartet, tatsächlich war er fast doppelt so stark. "Das sind ohne Zweifel positive Daten", sagte Analyst David Sloan von IFR Economics.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte beendete den Handelstag mit einem breit aufgestellten Plus von 1,2 Prozent bei 12.862 Punkten. Im Handelsverlauf pendelte das Marktbarometer zwischen 12.704 und 12.869 Punkten. Der S&P-500-Index schloss bei 1344 Punkten, ein Plus von 1,5 Prozent. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq ging 1,6 Prozent fester mit 2905 Punkten aus dem Handel. Auf Wochensicht legte der Dow 1,6 Prozent zu, der S&P 2,2 Prozent und die Nasdaq sogar 3,2 Prozent. Ebenfalls angetrieben durch die US-Jobdaten ging der Dax in Frankfurt mit einem Plus von 1,7 Prozent bei 6766 Stellen aus dem Handel.

Auf dem Parkett drehte sich alles um die überraschende Erholung des Arbeitsmarktes. "Die Leute haben die wirtschaftliche Erholung und das derzeitige Wachstum unterschätzt", sagte Brad Sorensen von Charles Schwab in Denver. "Mit dem deutlich besser als erwarteten Arbeitsmarkt wird das bisherige amerikanische Sorgenkind immer mehr zum Hoffnungsträger der Märkte", sagte Analyst Johannes Bollongino von IG Markets. Auch andere konjunkturelle Nachrichten bestätigten Optimisten: Zum einen beschleunigte sich das Wachstum des Dienstleistungssektors im Januar, daneben hellte sich auch die Auftragslage der Industrie im Dezember auf.

Bei den Einzelwerten gab es vor allem bei Automobilwerten größere Gewinne. Die Aktie der Opel-Mutter General Motors setzte zu einem Höhenflug an und verbuchte ein Aufschlag von 7,7 Prozent. Auch das Papier des Konkurrenten Ford legte mit 4,3 Prozent kräftig zu.

Von der Aussicht auf eine Erholung der Konjunktur profitierten die Bankentitel. Die Aktie der Bank of America gewann 5,2 Prozent, das Papier der Citigroup schloss mit einem Aufschlag von 4,8 Prozent.

Die Hoffnung auf ein erfolgreiches Mittel im Kampf gegen Hepatitis C gab den Aktien des US-Pharmakonzerns Gilead Sciences Auftrieb. Das Papier schnellte um 10,9 Prozent auf 54,7 Dollar nach oben, nachdem die kürzlich für mehr als 11 Mrd. Dollar erworbene Tochter Pharmasset in der klinischen Erprobung nach Konzernangaben Fortschritte mit dem Medikament GS7977 gemacht hatte.

Papiere von Konkurrenten, die ebenfalls Medikamente gegen die Krankheit entwickeln, kamen dagegen unter die Räder. Vertex Pharmaceuticals fiel mehr als 4 Prozent, Idenix rutschte mehr als 11 Prozent ab und Achillion Pharmaceuticals verlor mehr als 5 Prozent.

Die Berichtssaison nahm zum Wochenausklang eine kleine Auszeit. Die ganz großen Unternehmen standen nicht mehr auf der Agenda. Die Aktien von Tyson Foods legten nach einem deutlich höheren Gewinn um 4,1 Prozent auf 19,38 Dollar zu. Der Produzent von Fertiggerichten hat im ersten Quartal des Geschäftsjahres einen Gewinn je Aktie von 0,42 Dollar erzielt. Analysten hatten lediglich mit 0,33 Dollar gerechnet.

Die Aktien des Düngemittel-Produzenten Mosaic gewannen 0,5 Prozent auf 57,41 Dollar, nachdem es vor der Startglocke noch nach einem Minus ausgesehen hatte. Das Unternehmen will die Produktion von Kalisalzen von Februar bis März um bis zu 20 Prozent drosseln.

Was heißt das alles für Bernanke?

Abgesehen von den Einzelwerten befassten sich Analysten vor allem auch mit den Auswirkungen der starken Konjunktursignale auf die Geldpolitik der US-Notenbank Federal Reserve (Fed). "Es scheint, dass die Dynamik, die die US-Wirtschaft in der zweiten Jahreshälfte erfasst hat, im neuen Jahr weiter trägt", sagte BNP-Paribas-Volkswirtin Julia Coronado. "Nach der letzten Sitzung der Federal Reserve und der Anhörung von Bernanke hat es so ausgesehen, als sei eine dritte Runde der quantitativen Lockerung eine ausgemachte Sache", sagte ein Stratege von Morgan Stanley. "Wenn wir weiter solche Zahlen vom Arbeitsmarkt bekommen, dann könnte sich das ändern."

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,17

Und tatsächlich: Nach der Veröffentlichung der überraschend niedrigen US-Arbeitslosenquote stellte dann auch gleich ein führender US-Notenbanker die Notwendigkeit weiterer Bond-Ankäufe umgehend in Frage. Eine weitere geldpolitische Lockerung sei erst nötig, wenn die Wirtschaft sich deutlich verschlechtere oder die Gefahr von Deflation oder Inflation außerhalb der Fed-Ziele bestehen würde, sagte der Präsident der Federal Reserve von St. Louis, James Bullard. Bullard ist allerdings in diesem Jahr kein Mitglied im Fed-Offenmarktausschuss, der für die Geldpolitik verantwortlich ist.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 0,9 Mrd. Aktien den Besitzer. 2341 Werte legten zu, 647 gaben nach und 95 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 2,14 Mrd. Aktien 2017 im Plus, 496 im Minus und 103 unverändert.

Effekte am Bond-Markt

Die niedrigere US-Arbeitslosenquote ließ Anleger auch am Rentenmarkt auf einen Konjunkturaufschwung hoffen, was US-Staatsanleihen unattraktiver erscheinen ließ. Die Investoren stießen die als "sicheren Hafen" geltenden Bonds ab, nachdem die Arbeitslosenquote auf den tiefsten Stand seit fast drei Jahren gesunken war. Beobachtern zufolge weckt das am Kapitalmarkt die Hoffnung, dass die weltgrößte Volkswirtschaft mehr Fahrt aufnimmt, während die Eurozone wegen der Schuldenkrise weiter in ihrer Konjunkturflaute stecken bleibt. Risikoreichere Anlagen wie Aktien erschienen attraktiver.

Das zehnjährige Papier verlor 1-4/32 auf 100-14/32. Die Rendite lag bei 1,9487 Prozent. Die dreißigjährige Anleihe gab sogar um 2-27/32 nach auf 99-15/32 und rentierte mit 3,1525 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen