Marktberichte

Bernanke entfesselt Millliarden Euro genießt Rückenwind

Die seit Wochen erwartete Lockerung der US-Geldpolitik lenkt die Geldströme an den Devisenmärkten aus dem Dollar-Raum nach Europa. Dort stehen im Tagesverlauf weitere geldpolitische Signale an. Händler halten vor allem die Entwicklung an den Bond-Märkten im Blick.

Alles in allem rund 900 Mrd. Dollar: Frisch drucken müssen die Amerikaner allerdings nur 600 Milliarden.

Alles in allem rund 900 Mrd. Dollar: Frisch drucken müssen die Amerikaner allerdings nur 600 Milliarden.

(Foto: REUTERS)

Die weitere Lockerung der US-Geldpolitik hat die Anleger am Donnerstag aus dem Dollar und aus Staatsanleihen getrieben. Beobachter sprachen von einer Verlagerung: Anleger zogen sich aus dem Dollar-Raum zurück und legten ihr Geld stattdessen an den europäischen Aktienmärkten an.

Am Vorabend hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) wie erwartet den erneuten Einstieg in den Kauf von Staatsanleihen angekündigt. Bis Ende des zweiten Quartals 2011 will sie Papiere für über 600 Mrd. Dollar aufnehmen. Zusätzlich sollen bereits der Zentralbank gehörende, aber auslaufende Immobilienpapiere durch Staatstitel ersetzt werden, so dass sich das Ankaufprogramm auf insgesamt auf 850 bis 900 Mrd. Dollar summiert. Hauptsächlich will die Fed Treasuries mit mittleren Laufzeiten zwischen zwei und zehn Jahren kaufen.

Mit dem Anwerfen der Notenpresse will die Fed zum einen die ungewöhnlich hohe Arbeitslosigkeit in den USA von knapp zehn Prozent bekämpfen. Zum anderen will sie die Preise in Bewegung bringen, da die Inflation in den USA derzeit mit rund einem Prozent so niedrig ist wie seit den 1960er Jahren nicht mehr.

Abwertungshilfe für die US-Wirtschaft

Der Euro kletterte am Tag nach der Fed-Entscheidung bis zum Mittag um einen US-Cent auf 1,4243 Dollar und näherte sich damit dem Jahreshoch von 1,4582 Dollar. Diese Markierung hatte der Euro am 13. Januar vor Ausbruch der Schuldenkrise in der Euro-Zone erreicht. Das Pfund Sterling stieg auf ein Neunmonats-Hoch. Weder die Europäische Zentralbank (EZB) noch die Bank of England dürften am Donnerstag auf ihren jeweiligen Sitzungen Signale für eine Lockerung geben. Die damit augenfällige Diskrepanz zum Kurs der Fed könnte noch mehr Anleger in die attraktiver verzinsten Währungen treiben.

Viele Analysten unterstellen der Fed, dass ein niedriger Dollarkurs ein Ziel ihrer Politik ist. Denn mit einem niedrigen Wechselkurs verbessern sich die Exportchancen der US-Industrie. Diese Aussicht hatte erst vor kurzem Warnungen vor einem Wettlauf der Währungsabwertung ausgelöst.

Deutsche Renditen ziehen an

An den Rentenmärkten reagierten die Anleger mit Verkäufen. Vor allem US-Staatspapiere mit langen Laufzeiten waren schon am Vorabend in New York unter Druck geraten, was zu steigenden Renditen führte - dem Gegenteil von dem, was die Fed mit ihrer Politik zu erreichen hofft. Im europäischen Handel gaben auch die europäischen Staatspapiere nach: der als richtungweisend geltende deutsche Bund-Future rutschte um bis zu 47 Ticks ins Minus auf 129,77 Punkte. Damit zogen auch hierzulande die Renditen wieder etwas an.

Geld floss dagegen in die Aktienmärkte. Von London über Paris und Zürich bis Frankfurt griffen die Anleger zu. Der Dax erreichte mit 6729 Punkten den höchsten Stand seit Juni 2008. Auch die London zogen die Kurse auf das höchste Niveau seit Juni 2008 an. Die europäischen Stoxx-Indizes stiegen kräftig, verharrten aber noch unter ihren Jahreshöchstständen.

Zulauf an den Rohstoffmärkten

Fed-Chef Ben Bernanke verteidigte den Kurs der Fed: die Kritik, die Fed schüre die Inflation, sei "übertrieben", schrieb der Fed-Chef in einem Kommentar für die "Washington Post". Viele Anleger sehen das wohl anders, denn der Preis für Gold - der klassischen Versicherung gegen eine Entwertung des Geldes - zieht seit Monaten an. Am Donnerstag verteuerte sich die Feinunze um ein Prozent auf 1361,75 Dollar.

Analysten zeigen dafür Verständnis: Die Ankündigung der Fed, die Geschwindigkeit und das Volumen des Kaufprogramms gegebenenfalls anzupassen, könnte sich als Fass ohne Boden erweisen, warnen beispielsweise die Experten der Commerzbank. Auch Goldman Sachs vermutet, dass es nicht das letzte Mal ist, dass die Fed die Notenpresse anwirft. Das sogenannte "Quantitative Easing" könnte über den Sommer 2011 hinaus beibehalten werden - sollten Arbeitslosigkeit und Inflation auf dem Niveau verharren, erklären die Analysten. Zudem könnten sich die Käufe auf zwei Billionen Dollar summieren. Diese Einschätzung habe die Anleger, so die Einschätzung von Beobachtern, auch ins Öl und in Industriemetalle wie Kupfer getrieben.

Quelle: ntv.de, rts

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