Marktberichte

Nach Vierjahrestief Euro mit neuem Schwung

Die Verunsicherung wegen der Schuldenkrise der Euro-Länder hält die Devisenmärkte im Griff. Nach einem Vierjahrestief zeigt sich die Gemeinschaftswährung aber wieder etwas erholt.

(Foto: REUTERS)

Das anhaltende Misstrauen der Investoren gegenüber dem Euro hat die Gemeinschaftswährung zwischenzeitlich auf ein Vierjahrestief gedrückt. "Das ist die Quittung für die Maßnahmen der Europäischen Zentralbank", sagte Stratege Eugen Keller vom Bankhaus Metzler. "Man hat das Gefühl, die Währungsunion verkommt zur Transferunion, die nicht mehr die stabilitätspolitische Handschrift der Bundesbank trägt." Seit Jahresbeginn hat der Euro gut 14 Prozent an Wert gegenüber dem Dollar eingebüßt und sich damit schlechter entwickelt als andere große Währungen.

Im frühen Geschäft war die Gemeinschaftswährung auf 1,2237 Dollar gefallen, auf den tiefsten Stand seit April 2006. Damit war der Euro noch billiger als zur heißen Zeit der Finanzmarktkrise im Herbst 2008, als viele Anleger in den als sicheren Hafen geltenden US-Dollar flüchteten. "Es hat den Anschein, als würden die Finanzmärkte den Politikern in Europa nicht die Zeit geben, halbwegs in Ruhe neue Spielregeln für die Mitgliedsländer der Währungsunion aufzustellen", erklärte UniCredit-Rentenstratege Kornelius Purps. In dieser Woche beraten die Euro-Finanzminister über die Haushaltspolitik und über eine grundlegende Reform des Euro-Stabilitätspaktes. "Ohne eine nachhaltige Fiskaldisziplin und eine Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit in vielen Mitgliedsländern wird die in den letzten Monaten offensichtlich gewordene Anfälligkeit der Währungsunion nicht überwunden werden können", heißt es in einem Marktkommentar der HSH Nordbank.

Aufatmen am Mittag

Am Mittag erholte sich der Euro nach Kursgewinnen an den europäischen Aktienmärkten leicht und erreichte mit 1,2368 Dollar in etwa wieder sein Niveau im späten US-Geschäft am Freitag. "Die Aktienmärkte zeigen sich widerstandsfähig, man sieht eine gewisse konjunkturelle Festigkeit. Deshalb hat sich die große Unsicherheit für einen Moment gelegt", sagte Keller. Gebremst wurde der Dollar auch von überraschend schwachen US-Konjunkturdaten. Die Industrie im US-Bundesstaat hatte im Mai deutlich an Fahrt verloren.

Trichet mit Werbeoffensive

Nachdem sich EZB-Präsident Jean-Claude Trichet bereits am Wochenende bemüht hatte, die wegen ihres Ankaufprogramms europäischer Staatsanleihen aufkommenden Inflationsängste zu zerstreuen, legten am Montag weitere Notenbanker nach. EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny sieht den Euro-Wechselkurs "im normalen Bereich", seine Kollegin Gertrude Tumpel-Gugerell sieht die Preisstabilität in der Euro-Zone gegeben. Der als künftiger Bundesbank-Präsident gehandelte Jürgen Stark sieht den Euro zwar nicht in Gefahr, bezeichnete die derzeitige Krise aber als Weckruf für die Euro-Zone.

Alle Augen auf Euro-Finanzminister

In dieser Woche beraten die Euro-Finanzminister über die Haushaltspolitik und über eine grundlegende Reform des Euro-Stabilitätspaktes. Unterdessen haben europäische Regierungen nach Worten des griechischen Staatschefs Giorgos Papandreou in einem Brief an US-Präsident Barack Obama ein Verbot der hochspekulativen Kreditausfallversicherungen für Staatsanleihen (CDS) angeregt. Papandreou sagte dem "Handelsblatt", die Initiative sei außer von ihm auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, dem französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy und Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker unterzeichnet worden. Ziel der Initiative sei vor allem eine höhere Transparenz auf den Finanzmärkten, aber auch eine stärkere Regulierung.

Am Morgen verteuerten sich griechische CDS nach Angaben des Datenanbieters Markit um 25 auf 625 Basispunkte. Portugiesische Papiere waren demnach zu 255 Basispunkten 13 Basispunkte teurer als am Freitagabend.

Stark gibt Rückendeckung

EZB-Direktoriumsmitglied Jürgen Stark hat die Regierungen der Euro-Länder angesichts der Krise zum raschen Handeln gemahnt. "Ich sehe die derzeitige Situation als einen Weckruf an alle Politiker im Euro-Gebiet in der EU, ihre Haltung zu überdenken und die nationalen Wirtschaftspolitiken stärker auf die Bedingungen der Währungszone auszurichten", sagte Stark. "Wir sind in einer schweren Krise." Er betonte zugleich, dass niemand den Euro infrage stelle. Auch gehe es nicht um ein Auseinanderbrechen.

Stark empfiehlt die Bildung einer unabhängigen Kommission, die die Finanzlage der Euro-Mitgliedsländer im Auge behält und automatisch Sanktionen verhängt. "Wir haben nämlich das Problem, dass mit den derzeitigen Regeln potenzielle Sünder über Sünder befinden", sagte der EZB-Spitzenbanker.

Quelle: ntv.de, bad/rts/DJ

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