Vorsichtiger Optimismus Euro wagt sich vor
20.07.2011, 15:55 Uhr
(Foto: picture alliance / dpa)
Die Hoffnung, dass der morgige Euro-Krisengipfel eine Lösung bringt, schiebt den Euro auf 1,42 US-Dollar. Die US-Schuldenkrise rutscht in den Hintergrund.
Aufkeimende Zuversicht über eine Lösung für die Schuldenkrise in Europa hat den Euro auf rund 1,42 Dollar geschoben. Am Rentenmarkt fiel die Rendite der zuletzt arg gebeutelten zehnjährigen Anleihe Spaniens erstmals in dieser Woche wieder unter die psychologisch wichtige Sechs-Prozent-Marke. Auch Italien und Portugal konnten sich über geringere Risikoaufschläge für die Refinanzierung am Kapitalmarkt freuen.
"Der Markt geht davon aus, dass sich Sarkozy und Merkel bei den Vorbesprechungen für den Gipfel annähern", fasste MM-Warburg-Händler Volker Weber zusammen. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy und Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen sich im Vorfeld des für Donnerstag angesetzten Euro-Gipfels. EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erklärte zudem, die Kommission dränge auf ein ehrgeiziges und umfassendes Herangehen. Kanzlerin Merkel hatte noch am Vortag Hoffnungen auf einen großen Wurf der Euro-Politiker gedämpft.
Am Markt setzten einige Anleger auf Berichte, wonach der Rettungsschirm EFSF künftig mit umfangreicheren Aufgaben ausgestattet werden könnte. Auch Barroso erklärte, der Rettungsschirm müsse breiter und flexibler einsetzbar sein. Aus Kreisen der Euro-Zone verlautete, dass flexible Kreditlinien und der Ankauf von Bonds durch den EFSF am Sekundärmarkt diskutiert würden. Allerdings habe Deutschland - die größte Volkswirtschaft im Euroland - noch nicht zugestimmt. Dies drückte den Euro kurz wieder unter 1,42 Dollar. Mit 1,4240 Dollar hatte die Gemeinschaftswährung zuvor in der Spitze rund einen US-Cent höher als am Vorabend in New York notiert.
Bundesanleihen fallen
Am Rentenmarkt wurde der Rückgang der Rendite der zehnjährigen spanischen Staatsanleihen unter sechs Prozent als ein Entspannungssignal aufgenommen. Die Sechs-Prozent-Marke hat in der Schuldenkrise eine größere Bedeutung gefunden. Analysten bezweifeln, dass ein Land mit so hohen Renditen seine Schulden noch in den Griff bekommen kann. Die Renditen der vergleichbaren italienischen Anleihen notierten bei 5,6 Prozent - zum Wochenanfang waren auch sie noch über sechs Prozent geklettert.
Die Flucht in die als sicher angesehen deutschen Bundesanleihen kehrte sich ebenfalls um: die Kurse fielen, so dass die deutschen Renditen auf 2,75 von 2,68 Prozent am Vortag stiegen. Die Versteigerung 30-jähriger deutscher Bundesanleihen zog aber wieder genug Anleger an. In der Vorwoche war die Auktion von zehnjährigen Papieren weniger gut gelaufen, sagten Händler.
Mit Spannung wartete der Markt auf die Auktion von zehn- und 15-jährigen spanischen Anleihen am Donnerstag. Die Versteigerung portugiesischer Geldmarktpapiere verlief am Mittwoch nach Aussage von Händlern erfolgreich, auch wenn die Regierung in Lissabon etwas höhere Zinsen zahlen musste. Die Kosten für die Kreditausfallversicherungen der portugiesischen und irischen Anleihen gaben ebenfalls weiter nach.
US-Schuldenkrimi packt Anleger nicht
Ein sich abzeichnender Kompromiss im US-Schuldenkrimi wurde Händlern zufolge am Markt weniger beachtet. "Die Anleger schauen fast nur auf Europa", sagte ein Händler. "Von den US-Politikern erwartet man eher dagegen, dass sie sich am Ende einigen werden. Alles andere mag sich niemand vorstellen." Sechs Senatoren beider Parteien hatten am Vorabend einen Lösungsvorschlag unterbreitet. Präsident Barack Obama sprach von Fortschritten.
Börsianer schließen nicht aus, dass im Falle einer Einigung in Washington sogar der Euro eher als der Dollar profitiert. "Wenn man das unter dem Aspekt der Risikoaversion sieht, ist das eher ein Grund, Euro zu kaufen, denn irgendwie ist der Dollar ja vor allem eine Krisenwährung", erklärte ein Händler. Und die brauche man ohne Krise nicht mehr unbedingt.
Quelle: ntv.de, bad/sla/rts