Schweizer Finanztitel gebeutelt Europa tauchte ab
11.11.2002, 20:25 UhrDie europäischen Börsenplätze wurden am Montag von den Sorgen um einen möglichen Irak-Krieg beherrscht. Auch von den US-Börsen kamen am Nachmittag keine belebenden Signale, der US-Feiertag "Veterans Day" sorgte dort für ein umsatzarmes Geschäft. Der EuroStoxx50 verlor 0,6 Prozent auf 2.435 Zähler, der Stoxx50 rutschte um 0,5 Prozent auf 2.497 Punkte.
Zu den größten Verlierern gehörte die CS Group. Der Titel fiel um 5,4 Prozent auf 26,40 Schweizer Franken. Zeitungsberichten zufolge hat die Gruppe Analysten gewarnt, dass in den Zahlen zum dritten Quartal auch eine Steuerzahlung von 350 Millionen Franken enthalten sein wird, die das Ergebnis zusätzlich belasten dürfte. Die Experten erwarten auch ohne diese Zahlung bereits einen enormen Verlust.
Noch ein Unternehmen aus der Schweizer Finanzlandschaft bewegte die Gemüter: Der Schweizer Rückversicherungskonzern Swiss Re hat seine Führungsspitze umgebaut. Wie der Konzern mitteilte, wird John Coomber per 1.1.2003 die Nachfolge von Walter Kielholz als Präsidenten der Geschäftsleitung übernehmen. Kielholz, der zum kommenden Jahr das Verwaltungsratspräsidium des Finanzkonzerns CS Group übernimmt, halte aber bei Swiss Re die Fäden weiterhin in der Hand, hieß es. Finanzchef John Fitzpatrick übernehme die Nachfolge von Coomber. Coomber leitete bisher den Bereich Life & Health (Leben- und Krankengeschäft). Unter Coombers Leitung sei Swiss Re zum grössten Krankenrückversicherer der Welt geworden, hieß es. An der Börse wurde der Wechsel nicht honoriert, die Aktie verlor 2,2 Prozent auf 99,50 Franken.
Die Nachricht, dass die niederländische Tochter ihren Nettogewinn im ersten Halbjahr um 153 Prozent auf 139 Millionen Euro gesteigert hat, verhalf den Vodafone-Aktien zu einem zwischenzeitlichen Plus, dass sich aber zum Schluss in ein Minus von 0,8 Prozent auf 98,50 Pence umkehrte. Trotz des enormen Gewinnsprungs hatte die Vodafone Libertel NV auch eine schlechte Nachricht parat: Das Unternehmen rechnet damit, dass sich die Finanzergebnisse verschlechtern werden. Gründe dafür nannten die Holländer jedoch nicht. Der Mutterkonzern selbst versicherte seinen Anlegern am Wochenende, dass er das Angebot für den 44-prozentigen Vivendi-Anteil an Cegetel nicht erhöhen wird. Vivendi verlor 0,5 Prozent auf 13,73 Euro.
Der italienische Telekom- und Reifenkonzern Pirelli hat in den ersten neun Monaten 2002 starke Verluste verbucht. Wie Pirelli mitteilte, betrug der Nettoverlust 407 Millionen Euro. Im Vorjahr hatte der Konzern hier noch ein Plus von 215 Millionen Euro erwirtschaftet. Der Umsatz sank im gleichen Zeitraum um 11 Prozent auf 4,8 Milliarden Euro. Pirelli verwies zur Begründung auf die Krise im Telekommunikationsmarkt. Die flauen Geschäfte haben ernste Folgen, der Konzern will 2.400 Arbeitsplätze abbauen. Insgesamt sollen im In- und Ausland sechs Werke verschiedener Sektoren geschlossen werden, teilte die Gruppe mit. In Italien seien etwa 200 Beschäftigte von dem Arbeitsplatzabbau betroffen, hieß es. Die Pirelli-Aktie verlor 5,1 Prozent auf 0,853 Euro. Die Aktien der von Pirelli kontrollierten Telecom Italia folgten mit einem Minus von 2,7 Prozent auf 7,77 Euro.
Die Übernahme des finnischen Telekomkonzerns Sonera durch den schwedischen Konkurrenten Telia steht kurz vor dem Abschluss. Wegen des inzwischen beigelegten Streits um den Chefposten des neuen Konzerns wurde die Angebotsfrist um eine Woche bis zum kommenden Freitag verlängert. Wie Telia am Montag mitteilte, haben bisher 88 Prozent der Sonera-Aktionäre das Angebot angenommen. Sollte die Quote von 90 Prozent übertroffen werden, will Telia den verbleibenden Anteilseignern eine Barabfindung anbieten. Die Fusion wäre das erste grenzüberschreitende Zusammengehen von zwei ehemaligen staatlichen Telekom-Monopolisten in Europa. Sonera legte um 4,7 Prozent auf 5,08 Euro zu, für Telia ging es 1,6 Prozent auf 31,30 schwedische Kronen ins Minus.
Größter Gewinner im europäischen Bereich war der irische Anbieter von Lernsoftware Riverdeep Group. Der Unternehmenschef Barry O'Callaghan beabsichtigt das Unternehmen in Eigenregie zu übernehmen. Der Konzern bestätigte, dass Gespräche über ein so genanntes Management-Buy-Out geführt werden, die zu einem konkreten Übernahmeangebot führen könnten. Analysten halten einen Preis von über 1,45 Euro für angemessen. Und genau in diese Richtung bewegte sich der Kurs: Die Aktie legte um 87 Prozent auf 1,40 Euro zu.
Quelle: ntv.de