Marktberichte

Inside Wall Street Googler auf dem Absprung

Die Börsenkolumne aus New York, von Lars Halter

Manch ein Manager, egal aus welcher Branche, träumt sich regelmäßig zu Google. Wie glatt dort alles läuft… Marktanteile und Werbeeinnahmen wachsen, die Mitarbeiter sind fröhlich, der Campus bunt, die Aktie klettert. Doch das ganze hat Schattenseiten: Das Unternehmen leidet unter dem eigenen Erfolg und sorgt sich um seine Zukunft.

War Google nämlich vor vier Jahren noch ein hoffnungsvolles Hightech-Wunderking mit knapp über tausend kreativen (und bekanntlich luxuriös gepflegten) Mitarbeitern, so sind es heute 12 000, die sich auf dem Google-Campus im Silicon Valley und in Außenbüros weltweit tummeln. Mit dem gewaltigen Wachstum ging ein Stück Unternehmenskultur verloren: Google hat heute nicht mehr die Flexibilität, mit der in den letzten Jahren in Rekordtempo neue Produkte und Applikationen entstanden.

Das frustriert manche Top-Leute, die sich deshalb nach neuen Jobs umsehen. Für viele langjährige Mitarbeiter sind nach dem Ablauf der jeweiligen Fristen lukrative Optionen ausübbar geworden. Viele machen davon Gebrauch, sacken dicke Gewinne ein - und verlassen das Schiff, das zwar längst nicht am Sinken ist, aber auch nicht mehr so richtig beschleunigen will.

So hat Justin Rosenstein kürzlich Google verlassen. Der 24-Jährige, der seit drei Jahren bei der Suchmaschine war und dort den Webseiten-Bausatz Page Creator entwickelt hat, ist jetzt bei Facebook. Die Kennenlernseite findet er laut einer Email an Freunde so einflussreich „wie Google gestern und Microsoft vor langer Zeit. Das sehen wohl auch andere so: Das Unternehmen behauptet, zuletzt zehn von elf Bewerbern gewonnen zu haben, die ähnlich lautende Job-Angebote von Google vorliegen hatten.

Auch Vanessa Fox hat Google den Rücken gekehrt. Die 34-Jährige, die für die Optimierung der Platzierung von bezahlten Anzeigen in Webseiten zuständig war, ist zum Immobilien-Startup Zillow.com gewechselt. Zwei andere Ex-Googler, Bret Taylor und Jim Norris, sind zu einer Venture-Capital-Firma gewechselt, wo sie neue Startups entwickleln.

Es gibt also genügend Ziele für Leute, denen es bei Google nicht mehr spannend genug ist. Dass es diese überhaupt gibt, ist hingegen nur auf den ersten Blick überraschend. Schnell lässt sich erkennen, warum ein Konzern mit 12 000 Mitarbeitern nicht mehr so flexibel denkt wie eine Internet-Klitsche mit einer Handvoll Hightech-Bastlern. Große Entscheidungen werden nicht mehr spontan gefällt, sondern nach einem gewissen Prozedere, dass sich immer mehr dem Vorgehen bei anderen etablierten Läden anpasst. Da kann ein hyperaktiver Nerd schon verzweifeln, seine Aktien verkaufen und sein Glück anderswo versuchen.

Allzu große Sorgen macht man sich bei Google allerdings nicht. Auch wenn ein gewisser Trend zu erkennen sei, halte sich die Fluktuation noch im Rahmen, meint Personal-Chef Laszlo Bock. Doch sei sich die Führungsriege möglicher künftiger Probleme durchaus bewusst. Man tue alles, um die Arbeit bei der Suchmaschine noch attraktiver zu gestalten, so Bock, „schließlich wollen wir nicht Opfer unseres eigenen Erfolgs werden.

Und obwohl man das in gewisser Hinsicht schon ist - schließlich haben die Optionen und Aktien, die Google-Mitarbeiter erhalten, beim aktuellen Höchststand nicht mehr dasselbe Wachstumspotenzial wie die Papiere eines kleinen Startups -, macht man sich keine allzu großen Sorgen. Im laufenden Jahr rechnet Google mit 2 Millionen eingehenden Bewerbungen. Der Campus dürfte also nicht allzu bald verwaisen.

Quelle: ntv.de

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