"Eigentlich überfällig" Dax schließt im Minus
01.11.2013, 18:40 Uhr
Der erste November an der Börse: Der Nachmittagszacken ist gut zu erkennen.
(Foto: REUTERS)
Das war knapp: Fast wäre der deutsche Leitindex zum Ausklang der Rekordwoche wieder unter die derzeit wichtigste Kursschwelle gerutscht. Am Abend zieht der Dax mit einem klaren Minuszeichen ins Wochenende. Deutlich besser sieht es bei den Nebenwerten aus.
Zum Ausklang einer weiteren Rekordwoche treten Anleger am deutschen Aktienmarkt auf die Bremse: Nach einer unterkühlten ersten Handelshälfte und einem kurzen Erholungsversuch am Nachmittag geht der deutsche Leitindex am letzten Handelstag der Woche nur wenige Zähler über der Marke bei 9000 Punkten mit leichten Abschlägen aus dem Handel.
Der Dax schloss 0,29 Prozent im Minus bei 9007,83 Punkten. "Die Abschläge waren reine Gewinnmitnahmen nach der jüngsten Rally und eigentlich überfällig", sagte ein Händler. Andere Beobachter sprachen von einem "Mangel an Impulsen". Der MDax konnte am Morgen erstmals in seiner Geschichte kurzzeitig die Schwelle von 16.000 Punkten überwinden. Am Abend ging der Nebenwerteindex 0,11 Prozent fester bei 16.006,94 Punkten aus dem Handel. Der TecDax hielt sich ebenfalls besser als der Dax und schloss 0,55 Prozent fester bei 1136,08 Punkten.
Im Wochenverlauf hat der Leitindex 0,2 Prozent zugelegt und damit die vierte Woche in Folge mit Gewinnen abgeschlossen. Das Tageshoch aus dem Verlauf liegt bei 9048,10 Zählern. Im Tagestief rutschte der Dax kurz vor Handelsschluss bis auf 8992,90 Punkte ab. Die Abwärtsbewegung zeigt: Gefestigt ist das neue Niveau im Dax keineswegs.
Dennoch gilt: Mit den Gewinnen bis zum Monatswechsel verzeichnen Beobachter im Dax die längste Aufstiegsserie seit einem halben Jahr. Mitte der Woche war der Dax bis auf ein Rekordhoch von 9070,17 Punkten gestiegen. Insgesamt blieben die Umsätze am deutschen Aktienmarkt vor dem Wochenende allerdings mau: In katholisch geprägten Bundesländern herrschte an Allerheiligen feiertagsbedingte Zurückhaltung.
Der Eurostoxx50 beendete das Geschäft 0,6 Prozent schwächer. Auch die Börse in Paris verzeichnete Verluste, wohingegen in London der Leitindex FTSE 100 kaum verändert aus dem Handel ging. Der Dow-Jones-Index notierte zum Handelsschluss in Europa 0,2 Prozent höher, die Technologiebörse Nasdaq 0,2 Prozent niedriger.
Das beherrschende Thema im Aktienhandel blieb die Geldpolitik in den USA und Europa. Anleger grübelten nicht nur über den weiteren Kurs der EZB, sondern befassten sich unter geänderten Annahmen auch mit der Frage, wann genau die US-Notenbank Fed den Einstieg in den Ausstieg aus ihrer ultralockeren Geldpolitik einleiten wird.
Einen Auslöser für den kurzen Dax-Vorstoß nach oben fanden Beobachter in einer positiven Überraschung beim ISM-Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe in den USA: Bereits am Vortag hatte ein starker Chicago-PMI einen Anstieg erahnen lassen. Mit 56,4 Punkten nach 56,2 im September liegt der Index im Oktober deutlich über den Markterwartungen. Für Ralf Umlauf von der Helaba deuten die Daten daraufhin, dass sich die konjunkturelle Erholung der USA fortsetzt - mit entsprechenden Implikationen für die Ausstiegspläne der Fed.
Einige Börsianer hatten zuvor bereits die jüngste Erklärung der US-Notenbank als Hinweis darauf gewertet, dass die Fed ihr Konjunkturprogramm möglicherweise noch in diesem Jahr zurückfahren wird. Der unerwartet starke US-Einkaufsmanagerindex v erstärkte diese Erwartung. Der ISM-Index für die Industrie stieg im Oktober auf 56,4 Punkte - den höchsten Stand seit zweieinhalb Jahren. "Diese Entwicklung ist schon erstaunlich vor dem Hintergrund des dreiwöchigen Stillstands der US-Verwaltung", sagte Analyst Jens Klatt vom Brokerhaus FXCM. "In der Industrie und dort vor allem in den Auftragseingängen hat dieser Haushaltsstreit offenbar keine Spuren hinterlassen."
VW steigt von Rekord zu Rekord
Zu den größten Gewinnern im Dax zählten zum Wochenschluss erneut Volkswagen: Die Vorzugsaktien des Autokonzerns gingen 0,7 Prozent höher aus dem Handel. Seit der Vorlage der Quartalszahlen am Mittwoch fragen Anleger die Titel massiv nach - am Freitag stiegen sie in der Spitze bis auf den Rekordpreis von 191,30 Euro. Die Wolfsburger hatten ihren Betriebsgewinn im Sommerquartal deutlich gesteigert. Kreisen zufolge ist der Autobauer zudem mit einem Absatzplus in letzte Jahresviertel gestartet.
Die Aktien von BMW gaben dagegen um rund 1 Prozent ein. Analysten prognostizieren, dass der Autobauer für das dritte Quartal einen rückläufigen Gewinn ausweisen wird. Die Münchener legen am kommenden Dienstag ihre Zahlen vor.
Ein ähnliches Muster erkannten Beobachter bei weiteren Kandidaten aus der laufenden Berichtssaison: Die Aktien des Baustoffunternehmens HeidelbergCement und des Medizintechnikkonzerns Fresenius verloren jeweils rund 2 Prozent. Bei Unternehmen präsentieren in der kommenden Woche ihre Quartalszahlen.
Größter Dax-Gewinner waren die Anteilsscheine von K+S. Die Aktien des Salz- und Düngerherstellers zogen an der Dax-Spitze um 2,2 Prozent auf 19,20 Euro an. Der Vertriebschef des Wettbewerbers Uralkali hatte in einem Interview gesagt, der Kalipreis in China habe sich stabilisiert. Ein Händler meinte, es sei ein positives Zeichen für K+S, dass die Preise offenbar nicht weiter in den Keller rutschten.
In Paris verlor die Aktie des VW-Rivalen Renault 5 Prozent an Wert, was Börsianer mit einer Gewinnwarnung des japanischen Partners Nissan begründeten.
Übernahmespekulationen trieben unterdessen die Aktien des britischen Telekomkonzerns Vodafone an. Medienberichten zufolge arbeitet der US-Telekommunikationsriese AT&T bereits an Strategien für eine mögliche Übernahme der Briten. Vodafone-Aktien stiegen an der Londoner Börse um 3,6 Prozent. Die Titel der Amerikaner zogen um 0,5 Prozent an.
An der Mailänder Börse gerieten die Papiere der Banca Monte dei Paschi di Siena unter Druck und gaben 3,4 Prozent nach. Händler zufolge zweifelten Anleger immer mehr daran, dass die angeschlagene italienische Bank einen Fusionspartner findet.
"Statistisch alle Trümpfe in der Hand"
Der Oktober hat es in sich: Unbeeindruckt vom Verwaltungsstillstand in den USA und den unklaren Aussagen der US-Notenbank Fed zur Geldpolitik konnte der Dax mit einem Monatsgewinn von gut fünf Prozent einen "goldenen Oktober" hinlegen. Bei seinem Weg von Rekord zu Rekord hatte der deutsche Leitindex zunächst zur Wochenmitte im Verlauf bei 9070 Punkten einen Höchststand markiert. Und erst am Vortag hatte für das Standardwerte-Barometer ein Schlussrekord von 9033 Punkten auf der Kurstafel gestanden.
Experten trauen dem Markt aber noch mehr zu. "Rein statistisch gesehen haben nun die Bullen alle Trümpfe in der Hand, denn ab dem 1. November beginnt die saisonal beste Phase an den Aktienmärkten", sagte Sarah Brylewski vom Broker Gekko Markets.
Am deutschen Rentenmarkt fiel die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere auf 1,35 (Vortag: 1,36) Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,06 Prozent auf 134,27 Punkte. Der Bund-Future sank um 0,15 Prozent auf 141,80 Punkte. Der Kurs des Euro gab ebenfalls nach. Die Europäische Zentralbank setzte den Referenzkurs auf 1,3505 (Donnerstag: 1,3641) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7405 (0,7331) Euro.
Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts