Marktberichte

Inside Wall Street Mit Eisbären aus der Krise?

In ihrer schwersten Finanzkrise müssen die Amerikaner das Sparen lernen. Das fällt ihnen nicht leicht, denn man ist Konsum nach Herzenslust gewohnt. Billig und eingeschränkt. Sich plötzlich umzustellen fällt niemandem leicht - besonders nicht, wenn die Politik nicht mitspielt: In Washington, und in den Kommunen, wirft man weiter mit Geld um sich.

Die Konferenz der amerikanischen Bürgermeister hat dem Kongress jetzt eine Liste mit Projekten vorgelegt, die man im nächsten Jahr gerne finanziert bekäme. Darauf befinden sich 11391 Unternehmungen in 427 Städten. Im besten Falle sollen dies Maßnahmen der US-Wirtschaft in den nächsten zwei Jahren rund
850.000 neue Jobs bescheren - doch nicht alles klingt plausibel.

Als der künftige Präsident Barack Obama jüngst sein Wirtschaftspaket voller Infrastrukturmaßnahmen ankündigte, ging es ihm vor allem um den Bau und die Reparatur von Straßen, Brücken, Kanälen, Leitungen, und ähnlichem. Solche Strukturprojekte sind in den USA dringend notwendig; auf andere kann man getrost verzichten, auch wenn sie manch ein Bürgermeister gerne unter der Rubrik "notwendige Infrastruktur" einreihen würde.

Die Stadt Providence im Bundesstaat Rhode Island plant etwa ein Eisbären-Gehege im Zoo, das den Steuerzahler 4,8 Millionen Dollar kosten würde. Zoo-Direktor Jack Mulvena meint, dass die weißen Riesen für einen neuen Besucheransturm sorgen könnten, und dass damit im Zoo neue Arbeitsplätze geschaffen und bestehende gesichert werden könnten. Das mag auch sein, doch steht der Aufwand wohl in keinem Verhältnis zum Ertrag - kurz: Das Eisbären-Projekt lässt sich dem Steuerzahler nicht verkaufen; der hat andere Prioritäten.

Dasselbe gilt für eine 1,5 Millionen Dollar teure Wasser-Rutschbahn, die angeblich dringend in einem Vergnügungspark in Miami gebraucht wird. Die offizielle Begründung ist leicht nachzuvollziehen, ganz wie beim Zoo: Die neue Attraktion bringt mehr Besucher in den Park, der dann mehr Angestellte braucht. Dass das ganze aus Steuermitteln finanziert werden soll, ist aber unerhört. Das meint auch Manny Diaz, der Bürgermeister der floridianischen Metropole, in dessen Bezirk das Projekt fällt. Den amerikanischen Medien erklärte Diaz, der habe von der Rutschbahn nichts gewusst, könne aber nicht hinter Maßnahmen in Vergnügungsparks stehen.

Ebenfalls vertreten im 800 Seiten starken Forderungskatalog an den Kongress: Aquarien, Museen, Skateboard-Parks, Hunde-Parks und Gebäudemalereien und Kunst im öffentlichen Raum. All diese Projekte sind grundsätzlich auch zu befürworten, doch können sie dem Steuerzahler nicht als dringend notwendige Infrastruktur-Maßnahmen verkauft werden.

Der Kongress wird den Katalog der Bürgermeister in seiner ersten Fassung wohl ablehnen; die Bürgermeister müssen ihre Projekte dann überdenken und erkennen, was in Krisenzeiten wirklich notwendig ist - und was nicht. Der Durchschnitts-Amerikaner muss das auch.

Quelle: ntv.de

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