Marktberichte

Rekordmarken an der Wall Street New York schließt voller Zuversicht

Anzeichen für einen Aufschwung und weiterhin extrem billiges Geld: Das mögen Börsenadler gerne.

Anzeichen für einen Aufschwung und weiterhin extrem billiges Geld: Das mögen Börsenadler gerne.

(Foto: REUTERS)

Nach dem April-Bericht zur Lage am US-Arbeitsmarkt geht es an der Wall Street auf breiter Front nach oben. Getragen von der Hoffnung auf eine rasche Belebung der US-Wirtschaft steigen die großen US-Börsenbarometer in ungeahnte Höhen.

Die Kappe des Tages: "Dow 15.000"

Die Kappe des Tages: "Dow 15.000"

(Foto: dpa)

Überraschend starke Daten vom US-Arbeitsmarkt haben an den New Yorker Börsen einen kräftigen Rückenwind entfacht: Die Wall Street ging nach einer neuen Rekordjagd mit deutlichen Gewinnen aus dem Handel.

Der Dow-Jones-Index legte 1,0 Prozent auf 14.973 Punkte zu - und damit nahe am bisherigen Allzeithoch auf Schlusskursbasis bei 14.887,51 Punkten. Im Verlauf kletterte der Dow allerdings erstmals in seiner Geschichte über die Marke von 15.000 Punkten, um bei 15.009,59 Punkten seinen bisherigen Allzeit-Höchststand aus dem Verlauf zu markieren. Bis zum Abend konnte er dieses Niveau allerdings nicht halten. Auf Wochensicht beträgt das Plus im US-Leitindex immerhin noch 1,78 Prozent.

Die US-Börsen hatten Mitte April eine Verschnaufpause eingelegt und erst Ende des vergangenen Monats wieder an ihren Aufwärtstrend angeknüpft. Grund für den kleinen Durchhänger waren Börsianern zufolge enttäuschende Konjunkturdaten aus China und den USA gewesen. Auch das Bombenattentat in Boston habe für Verunsicherung gesorgt, hieß es.

Mit dem aktuellen Job Report aus Washington waren diese Sorgen schnell vergessen: Der breiter gefasste S&P-500 gewann am Freitag 1,1 Prozent auf 1614 Zähler. Auch hier gab es einen Rekord: Niemals zuvor hatte dieses Kursbarometer die Marke von 1600 Zählern überwunden. Der Composite-Index an der Technologiebörse Nasdaq erhöhte sich um 1,1 Prozent auf 3378 Stellen. Der Auswahlindex Nasdaq 100 legte um 1,15 Prozent auf 2944,59 Punkte zu.

Die Belege für einen unerwartet starken Stellenaufbau flößte den Anlegern neues Vertrauen in die wirtschaftliche Erholung ein. Weltweit reagierten die Kurse: Die Arbeitsmarktdaten für April dämpfen laut Expertin Anita Paluch vom Handelshaus Gekko Markets die zuletzt wieder aufgeflammten Sorgen um die amerikanische Wirtschaft. "Mehr neue Jobs als erwartet, eine sinkende Arbeitslosenquote und eine große Aufwärtsrevision der geschaffenen Stellen im Vormonat - das ist Grund zur Freude."

Nur knapp unter Allzeithoch

Freundliche Reaktionen gab es zuvor auch im deutschen Aktienhandel: Der Dax verabschiedete sich 2 Prozent fester bei 8122 Stellen ins Wochenende. Der deutsche Leitindex lag damit weniger als zehn Zähler unter seinem zuvor markierten Sechs-Jahres-Hoch. Zu einem neuen Rekord fehlten ihm knapp 30 Stellen.

Beherrschendes Thema an der Wall Street waren die Konjunkturdaten: Die Zahl der neu geschaffenen Stellen außerhalb der US-Landwirtschaft stieg im April auf 165.000 von korrigierten 138.000 im März. Im Vorfeld befragte Analysten hatten im Schnitt mit 145.000 neuen Jobs gerechnet. Ursprünglich hatte das US-Arbeitsministerium für März die Schaffung von 88.000 Stellen bekanntgegeben.

Die Zahl für Februar hob es auf 332.000 von 268.000 an. "Nicht nur die April-Zahlen sind besser als erwartet ausgefallen, auch der März ist von den Toten auferstanden und der Februar durch die Decke gegangen", schrieb Finanzmarkt-Experte Marcus Bullus von MB Capital. "Die USA sind wieder zurück im Spiel." Die Arbeitslosenquote sank nach Regierungsangaben im April auf den niedrigsten Stand seit vier Jahren.

"Es gibt einige Schwachpunkte"

"Die Botschaft ist: Die überraschend schwachen Zahlen im Vormonat waren zum größten Teil ein falscher Alarm", sagte Jim O'Sullivan, US-Chefökonom für High Frequency Economics. Seit dem Ende der tiefen Rezession vor vier Jahren hat die US-Wirtschaft einen sehr holprigen Erholungspfad eingeschlagen, wobei besonders die flaue Entwicklung am US-Arbeitsmarkt enttäuschte. Mit den neuen Daten gibt es nun die Hoffnung auf einen stärkeren Beschäftigungsaufschwung, was über einen höheren Konsum auch der Gesamtwirtschaft zugute kommen würde.

Es gab jedoch auch warnende Stimmen: "Ich sehe wenige Anzeichen in diesen Daten, dass eine merkliche Beschleunigung zu erwarten ist", sagte Scott Anderson, Chefvolkswirt der Bank of the West in San Francisco. "Es gibt einige Schwachpunkte, die in Frage stellen, ob es diese Zuwächse auch in den folgenden Monaten geben wird."

Viktor Nossek, Chef-Analyst des Derivate-Anbieters Boost ETP, sagte weitere Kursgewinne voraus. Schließlich verdienten die Unternehmen gutes Geld und ein Ende der Anleihekäufe durch die US-Notenbank Fed sei auch nicht in Sicht. Dieser Einschätzung schloss sich Dan Veru von Palisade Capital Management an: "Die Job-Zahlen geben grünes Licht für risikoreicheres Handeln. Dieser wird von konjunktursensiblen Firmen angeführt."

"Grünes Licht für risikoreicheres Handeln"

Tatsächlich gehörten an der Wall Street konjunkturabhängige Werte zu den Favoriten. Der Baumaschinen-Hersteller Caterpillar beendete den Handelstag als stärkster Wert im Dow 3,2 Prozent fester bei 86,98 Dollar.

Der Rohstoffkonzern Alcoa - als Lieferant von Aluminiumprodukten tief in der US-Wirtschaft verwurzelt - profitierte von der neuen Konjunkturzuversicht. Der Aktienkurs rückt 1,9 Prozent vor auf 8,62 Dollar. Alcoa und Caterpillar gelten in der Regel als besonders konjunktursensible Titel.

Der Computer-Hersteller Hewlett-Packard tauchte mit Kursgewinnen 0,9 Prozent ebenfalls unter den oberen Plätzen der Dow Jones-Gewinnerliste auf. Dort ging es auf breiter Front nach oben: Kursgewinne von mehr als 1 Prozent registrierten Händler bei Aktien von Unternehmen wie 3M, Boeing, Exxon, Chevron, United Technologies, Walt Disney, American Express, Travelers, General Electric und IBM.

Die Papiere des Karriere-Netzwerks LinkedIn brachen dagegen um 12,9 Prozent auf 175,59 Dollar ein. Anleger reagierten enttäuscht auf den Ausblick des Unternehmens. Das Management hatte ein "eher moderates Wachstum" der Werbeeinnahmen in Aussicht gestellt. Linkedin-Kenner machen sich Sorgen, dass die neuen Anwendungen für mobile Geräte nicht so schnell die erhofften Wachstumsraten bringen.

Die Anteilscheine der Rating-Agentur Moody's notierten 3,6 Prozent im Plus, nachdem das Unternehmen im abgelaufenen Quartal mit der Bewertung neuer Unternehmensanleihen ein gutes Geschäft machte. Moody's konnte mit seinen Überschuss- und Umsatz-Zahlen die Markterwartungen übertreffen. Im frühen Handel hatte die Aktie bis zu zwei Prozent verloren.

Aktien der US-Großbank JP Morgan Chase gaben gut 1 Prozent ab. Einem Bericht der "New York Times" zufolge wird dem Geldhaus Manipulation der Strommärkte in Kalifornien und Michigan vorgeworfen.

Die Berichtswoche klang unterdessen eher ruhig aus: Auf Unternehmensseite standen unter anderem die Aktien von Kraft Foods im Mittelpunkt des Interesses. Der Lebensmittelkonzern hatte am Vorabend nach Börsenschluss seine Zahlen für das erste Quartal vorgelegt. Wegen geringerer Kosten und neuer Produkte hatte Kraft besser abgeschnitten als noch vor einem Jahr und die Analystenschätzungen zum Teil deutlich überflügelt. Insofern kletterten die Papiere als einer der Favoriten im Nasdaq 100 um 5,1 Prozent.

Die Titel von AIG verteuerten sich um knapp 6 Prozent. Das Geschäft des einst vom Staat geretteten US-Versicherers war angesprungen. Im ersten Quartal hatte der Konzern vor allem mit Sach- und Unfallversicherungen mehr Gewinn gemacht.

Ein positiver Analystenkommentar ließ die Papiere des Chipherstellers Advanced Micro Devices (AMD) um gut 5 Prozent anspringen.

Komplexe Stimmungslage

Die allgemeine positive Reaktion des Marktes auf den Arbeitsmarktbericht war nach Ansicht von Beobachtern auch darauf zurückzuführen, dass Anleger nach dem schwachen ADP-Arbeitsmarktbericht vom vergangenen Mittwoch eher niedrige Erwartungen hatten. Daher bestand bei den Konjunkturpessimisten Eindeckungsbedarf. Allerdings dürfte die Spekulation, die US-Notenbank könne nach den überzeugenden Daten ihre Anleihekäufe drosseln, nun wieder an Gewicht gewinnen, hieß es aus dem New Yorker Handel.

"Am Markt ging die Sorge um, dass die Arbeitsmarktdaten erneut enttäuschen und einen echten Ausverkauf im Frühling auslösen. Mit den heutigen Daten dürfte diese Gefahr vorläufig vom Tisch sein", sagte Marktstratege Hank Herrmann von Waddell & Reed Financial.

ISM-Index und US-Auftragseingänge enttäuschen

Ein unter den Erwartungen gebliebener ISM-Index für das nicht-verarbeitende Gewerbe sowie ein schwächerer Auftragseingang der US-Industrie dämpfte die Euphorie nach dem Arbeitsmarktbericht. Die Helaba sprach von sich vertiefenden "konjunkturellen Sorgenfalten", wenngleich sich der ISM-Index nach wie vor komfortabel in der Expansionszone bewege.

Der Rückgang könnte auf temporäre Effekte zurückzuführen sein. Die Analysten merken allerings auch an, dass der Rückgang der Arbeitskomponente im ISM-Index nur schwer mit dem Arbeitsmarktbericht in Einklang zu bringen sei.

Die US-Staatsanleihen zeigten sich zum Wochenausklang angesichts der Rekordjagd am Aktienmarkt deutlich schwächer. Die zehnjährigen Papiere fielen am Freitag um 1-1/32 auf 102-9/32. Sie rentierten mit 1,74 Prozent. Die 30-jährigen Bonds fielen sogar um 2-27/32 auf 103-08/32 und hatten eine Rendite von 2,96 Prozent. Unerwartet gute Arbeitsmarktdaten schürten die Hoffnung der Anleger auf eine wirtschaftliche Erholung, so dass sie sich von den Bonds abwendeten und dadurch deren Renditen kräftig nach oben trieben. "Für Rentenpapiere hagelt es heute schlechte Nachrichten. Zudem droht weiterer Druck durch baldige Neuemissionen", sagte Fondsmanager John Fath von BTG Pactual.

Mit den guten Arbeitsmarktdaten geriet der Euro kurzzeitig unter Druck und fiel auf das Tagestief von 1,3033 Dollar. Anschließend erholte sich die Gemeinschaftswährung wieder und notierte im späten US-Handel bei 1,3111 Dollar. Die hohe Volatilität des Euro wurde am Markt auch mit widersprüchlichen Äußerungen zur Möglichkeit eines negativen Einlagenzinses durch Ewald Nowotny, Ratsmitglied der Europäischen Zentralbank, erklärt. Zum Yen wertete der Dollar indes deutlich auf und ging im späten US-Geschäft bei 99,05 Yen um. Vor den Daten war der Dollar klar unter der Marke von 98 Yen gehandelt worden.

Mit der Hoffnung auf eine steigende Nachfrage verteuerte sich Rohöl auf den höchsten Stand seit einem Monat. Das Barrel US-Leichtöl der Sorte WTI legte zum Settlement um 1,7 Prozent oder 1,62 Dollar auf 95,61 Dollar zu. Der Preis für ein Fass der europäischen Referenzsorte Brent stieg um 1,3 Prozent bzw 1,34 Dollar auf 104,19 Dollar. Der Preis für Gold notierte im US-Späthandel bei knapp 1470 Dollar je Feinunze und damit etwas über Vortagesschluss von 1467 Dollar.

An der New York Stock Exchange wechselten rund 0,71 Mrd. Aktien den Besitzer. 2183 Werte legten zu, 804 gaben nach und 110 blieben unverändert. An der Nasdaq schlossen bei Umsätzen von 1,73 Mrd. Aktien 1829 im Plus, 646 im Minus und 96 unverändert.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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