Marktberichte

Inside Wall Street Obamas Visite

Obama hat nicht nur Freunde an der Wall Street.

Obama hat nicht nur Freunde an der Wall Street.

(Foto: REUTERS)

Hoher Besuch nahe der Wall Street: US-Präsident Obama macht seine Aufwartung. Er hat den Bankern Unangenehmes zu verkünden, denn er treibt seine Finanzreform an.

Vor etwas mehr als zwei Jahren, im Wahlkampf und zu Beginn der Immobilien- und Finanzkrise, hielt Senator Barack Obama seine wichtigste Rede zur Finanzpolitik in der Höhle des Löwen: in der Cooper Union in New York, nur eine Meile entfernt von der Wall Street. Die zeigte sich unbeeindruckt und zockte weiter. Nun kam Obama zurück.

Er stand wieder an dem historischen Podium in der Cooper Union, an dem vor ihm schon Abraham Lincoln sprach. "Es ist schön, wieder hier zu sein", begann Obama, "in Manhattan, nicht weit von Wall Street". Damit hatte er die Lacher auf seiner Seite, denn der Präsident war nicht gekommen, um dem Finanzsektor zu applaudieren. Im Gegenteil: Obama treibt energisch seine Finanzmarktreform voran, die Goldman Sachs und Co. an die kurze Leine nehmen soll.

Das ist bitter notwendig, wie nicht zuletzt die Enthüllungen der letzten Tage gezeigt haben. Der Milliardenbetrug bei Goldman Sachs, wo man Investoren ein Portfolio von Schrott-Hypotheken angeboten hatte, ist nur der jüngste von vielen Fällen, in denen sich Banken und Hedgefonds nicht durch clevere Strategie, sondern durch Betrug und auf Kosten der Anleger bereichert haben.

Dennoch macht sich Obama ausgerechnet in New York nicht nur Freunde. Die Ostküsten-Metropole ist zwar zu einem hohen Prozentsatz liberal und wählt demokratisch, doch hängt sie auch von den Umsätzen der Investmentbanken ab, die hier ansässig sind, zigtausende Jobs schaffen und Steuern zahlen.

"Banker schauen sich mit großen Augen an"

Trotzdem ist eine einschneidende Reform der Finanzmärkte notwendig. Die soll den Banken nicht etwa das Handeln verbieten, sondern nur feste Regeln schaffen. Unter anderem für synthetische Investmentprodukte, die bisher völlig unreguliert - weil weitgehend unbekannt - waren. Ohne Aufsicht geriet der Markt außer Kontrolle, vernichtete Kapital und zog Millionen von Amerikanern mit in die Krise. Diese leiden heute noch. Trotz Milliarden-Hilfen für den Sektor kommen Haushalte und kleine Firmen kaum an Kredite. Trotz Zuschüssen an Hypotheken-Leiher steigt die Zahl der Zwangsversteigerungen am US-Immobilienmarkt.

Obama will die Zocker an die kurze Leine nehmen.

Obama will die Zocker an die kurze Leine nehmen.

(Foto: AP)

Vor diesem Hintergrund ist klar: eine Reform ist dringend notwendig. Und es gibt kaum Argumente dagegen, außer der Polemik der Free-Market-Apostel. Goldman-CEO Lloyd Blankfein wetterte gerade, dass die Klage der SEC gegen sein Unternehmen "dem ganzen Land Amerika Schaden zufügen" werde.

Solche Aussagen sind üblich an der Wall Street. Man verbittet sich seit Generationen jeden Eingriff der Regierung in die Geschäfte - ein Punkt, den Obama besonders schön veranschaulichte als er aus dem "Time" Magazin zitierte: "Die großen Finanzhäuser in Manhattan sind alarmiert. Einflussreiche Banker schauen sich mit großen Augen an und sind wütend. Ein Gesetz ist verabschiedet worden, (…) dass ihnen den Stolz raubt und Banking in den USA auf das niedrigste Niveau aller Zeiten reduziert."

Wall Street will keine Reformen

Der Artikel erschien 1933 und beschreibt das Entsetzen der Wall Street über die FDIC, die seither die Spareinlagen der Amerikaner versichert und im Falle des Untergangs einer Bank für die Einlagen geradesteht. Eine Agentur, die dafür gesorgt hat, dass auch in Krisenzeiten das Vertrauen der Amerikaner in ihren Finanzsektor nicht eingebrochen ist. Der Artikel zeigt das fundamentale Problem der Debatte: Die Wall Street mag einfach keine Reformen, man möchte weiterzocken wie bisher - selbst wenn die Alternative nicht mehr vorsieht, als eine Absicherung der Märkte durch vernünftige Spielregeln.

Obama und die Demokraten im Kongress werden diese Spielregeln durchsetzen. Zum Schutze der Verbraucher, der Steuerzahler, der Anleger und letztlich auch der Branche - schließlich wollen nicht alle Häuser mit hochriskanten Phantasie-Konstrukten Gewinne machen. In einigen Jahren werden diese Spielregeln als selbstverständlich angesehen werden. Im aktuellen politischen Umfeld müssen aber auch Selbstverständlichkeiten hart erkämpft werden.

Quelle: ntv.de

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