Marktberichte

Inside Wall Street Oodle, Boorah und Babooshnik

Erinnert sich noch jemanden an den Dotcom-Boom? Weiß noch jemand, wie seinerzeit im Silicon Valley die Internet-Start-Ups aus dem Boden schossen wie Krokusse im Frühling? Branchenmagazine - ebenso schnell gegründet - kamen gar nicht mehr nach, alle Klitschen zu prträtieren. Heute geht es noch viel wilder zu.

Dabei sind heute nicht einmal die Geschäftsideen der Start-Ups auffallend und unterhaltsam, sondern alleine schon die Namen. Das Netz ist ein Spielplatz für surreale Babywörter: Da bieten Bebo und Hulu und Kazaa ihre Dienste an, da buhlen Fark und Yelp und Woozyfly um Kunden. Start-Ups wie Apahcinc und Tucows haben offensichtlich keine Angst, dass man ihre Namen weder verstehen noch merken kann.

Es gibt einen einfachen Grund für das Namens-Schlamassel: Aktuell sind 60 Millionen Dotcom-Adressen registriert - damit sind eigentlich alle sinnvollen und naheliegenden Domains weg. Einfache Wörter, beispielsweise Branchen- und Produktbezeichnungen waren schon vor Jahren weg. Mit Music.com oder Shoes.com lässt sich also nichts mehr machen. Auch Service-Beschreibungen sind längst ausgebucht: Für FinancialAdvice.com oder DivorceLawyer.com kämen neue Unternehmen viel zu spät.

Was bleibt den jungen Sprossen also anderes übrig, sich Namen auszudenken. Manche machen das mit Hilfe eines Lexikons und lassen etwa bei bekannten Wörtern einen Buchstaben weg, wie etwa bei der Fotosharing-Seite Flickr.com.

Andere gehen ausschließlich nach dem Wohlklang eines Namens. Und nichts klingt in Silicon Valley besser als Google. Die Suchmaschine und Kursrakete war nach Yahoo das zweite Internet-Unternehmen, das mit dem Doppel-O und dem resultierenden „U-Klang Freunde fand. Das Konzept haben in den letzten Monaten einige ander Online-Dienst übernommen, darunter: Oodle, Renkoo, Wakoopa, Yoomba, Squidoo, Boorah, Ooma, Qoosa, TagTooga, Joost und Babooshnik.

Dass all diese auf den Google-Zug aufspringen und bald mit ähnlichen Fan-Scharen rechnen können, glaubt Anthony Shore nicht. Im Gegenteil: Für den Namensspezialisten der kalifornischen Designschmiede Landor Assc. geht das Konzept nicht auf. "Bei manchen Firmen klingt es, als hätten sie bei der Suche nach einem guten Namen einfach aufgegeben", so der Experte, der von "Nonsens-Wörtern" gar nichts hält.

Gegen die Urväter Google und Yahoo hat Shore indes nichts, denn beide Unternehmen haben sich ja keine sinnleeren Namen gegeben. Die Firma Google ist immerhin an die Einheit Googol, die den Wert 10 hoch 100 bezeichnet - eine ungeheure Zahl. Die Gründer Larry Page und Sergey Brin haben also das Programm zum Namen gemacht, denn eine ungeheure Menge Information soll die Suchmaschine verarbeiten.

Überhaupt: Dass Unternehmen auf der Suche nach einer Identität Wörter erfinden, ist ihnen nicht vorzuwerfen. Das gab es auch schon lange vor Beginn des Tech-Booms. Man muss schon bis zu den Urzeiten der Industrialisierung zurückgehen, um schlicht sachliche Namen zu finden. Bethlehem Steel, zum Beispiel, ein Stahlwerk aus der Stadt Bethlehem in Pennsylvania. Oder die National Biscuit Company, die eben Kekse verkaufte.

Letztere war später einer der Vorreiter des neuen Namenstrends, als man sich kürzer und prägnanter in Nabisco umbenannte. Ähnliche Kürzungen nahmen die American Telephone und Telegraph Company vor und International Business Machines vor, die heute schlicht unter AT&T und IBM firmieren.

Einen Schritt weiter ging es dann im Zuge der großen Merger und Übernahmen, nach denen manche Konzernlenker die größeren Wachstumschancen mit einem neuen Logo feiern wollten. Altria entstand auf diese Weise, ein Kunstwort, das an das lateinische "altus" - der Höchste - erinnert. Weitere Phantasienamen: Verizon, Diageo, Enron.

An die hat man sich gewöhnt, vielleicht auch weil sie ihren eigenen Klang, ihre eigene Persönlichkeit hatten. An die neuen Namen aus dem IT-Sumpf wird sich kein Mensch gewöhnen, glauben Branchen-Insider. Von Qumana und Tendango und Xobni werde man bald nichts mehr hören. Einfacher Grund: Wer schon bei der Namensfindung für sein Unternehmen versagt, dem muss es auch grundsätzlich an Vision und Geschäftssinn mangeln. In diesem Sinne: Tschüss, Revver. Und Bye-Bye, Meebo.

Quelle: ntv.de

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