Verunsicherung aller Orten Preis ist heiß bei Öl und Mais
04.04.2011, 21:20 UhrÖl, Seltene Erden, Mais, Kakao, Gold: Die Preise an den Rohstoffmärkten scheinen derzeit nur eine Richtung zu kennen - nach oben. Als Treiber erweist sich dabei der Faktor Unsicherheit. Das böse Wort "Lieferengpässe" macht die Runde unter den Marktteilnehmern.
Die Verunsicherung hält die weltweiten Rohstoffmärkte weiter fest im Griff. So haben die anhaltenden Unruhen in den ölreichen arabischen Staaten den Preis für diesen Rohstoff am Montag weiter in die Höhe getrieben. Der Brent-Ölpreis stieg erstmals seit August 2008 über die Marke von 120 US-Dollar. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte zur Lieferung im Mai stieg in der Spitze bis auf 120,63 US-Dollar. Zuletzt kostete ein Barrel Brent-Öl 120,03 Dollar und damit 1,33 Dollar mehr als am Freitag. Der Preis für ein Barrel der US-Sorte West Texas Intermediate (WTI) stieg um drei Cent auf 107,97 Dollar. Zuvor war er bis auf 108,78 gestiegen, dem höchsten Stand seit September 2008.
Im Fokus stand weiterhin Libyen, wo es heftige Gefechte um die Ölstadt Brega gab. Händlern zufolge beunruhigt den Markt weniger der Ausfall der Lieferungen aus dem nordafrikanischen Land, als die Furcht vor dem Übergreifen der Unruhen auf ölreiche Länder wie Saudi-Arabien. Libyen ist weltweit nur der 17.-größte Ölproduzent.
Nach Einschätzung von Edward Meir, Rohstoffanalyst beim Brokerhaus MF Global, könnte es derzeit wegen der Folgen des Erdbebens in Japan sogar einen Überschuss auf dem Ölmarkt geben. "Die Marktteilnehmer geben sich derzeit aber nicht mit Daten ab, da der Fokus auf den Nahen Osten gerichtet bleibt", sagte Meir. Zudem bleibe das Anlagethema "Rohstoffe kaufen" aktuell, da sich zuletzt keine Anzeichen für eine Abschwächung des Wirtschaftswachstums ergeben hätten. Zu dieser Einschätzungen trugen laut Händlern auch die am Freitag veröffentlichten Daten vom US-Arbeitsmarkt bei. In der weltgrößten Volkswirtschaft waren im März mehr Stellen als erwartet geschaffen worden.
Von Antimon bis Mais
Die Furcht vor einem Versorgungsengpass trieb den Preis für Antimon auf ein neues Rekordhoch. Eine Tonne dieses zur Herstellung feuerfester Farbe verwendeten Rohstoffs kostete am Montag 16.500 bis 17.000 Dollar, nach 15.500 bis 16.000 Dollar vor Wochenfrist. Antimon wird außerdem Kunststoffen beigemischt, weil sonst beispielsweise Gehäuse von Fernsehern oder Computern durch die Wärme der elektronischen Bauteile schmelzen würden.
Als Grund für die Preis-Rally nannten Börsianer die wachsende Nachfrage bei einem gleichzeitig schwindenden Nachschub aus China. Eine Entspannung sei nicht in Sicht, betonte einer von ihnen. "Die Leute nehmen, was sie kriegen können." Er rechne daher mit einer Fortsetzung der Rekordjagd.
Angebotsdefizit bei Blei
Auch Blei beteiligte sich an der Preishatz. Die Tonne des unter anderem in Batterien eingesetzten Metalls verteuerte sich um bis zu 2,6 Prozent auf 2768 Dollar und war damit so teuer wie zuletzt Ende April 2008. "Wir erwarten 2011 ein Angebotsdefizit von 38.000 Tonnen", sagte Chen Xin Yi, Analystin bei Barclays Capital. Der Markt sei außerdem nervös wegen möglicher Auswirkungen der verschärften Umwelt-Auflagen für chinesische Minen und Hütten. Auch andere Industriemetalle waren gefragt. Kupfer verteuerte sich um 0,7 Prozent auf 9425 Dollar je Tonne.
China als Preistreiber
Der Antimon-Preis hat sich seit April 2009 fast vervierfacht. Ein Grund dafür ist die Schließung zahlreicher kleinerer oder illegaler Antimon-Hütten in China. Außerdem will das Land strategische Reserven für zehn wichtige Seltene Erden aufbauen. "Die Verbraucher versuchen ebenfalls, ihre Lager aufzufüllen", sagte ein britischer Händler. "Sie können es aber nicht und leben derzeit von der Hand in den Mund."
Gold wurde wie zuletzt in einer engen Spanne gehandelt. Die Feinunze verteuerte sich um 0,6 Prozent auf 1436,50 Dollar. Händlern zufolge ist dem Edelmetall wegen der Erwartung steigender Zinsen zuletzt die Luft ausgegangen.
Kupfer verteuerte sich um 0,8 Prozent auf 9437 Dollar je Tonne, die gleiche Menge Zink wurde mit 2420 Dollar 1,3 Prozent teurer gehandelt.
Beim Mais poppt der Preis
Ebenfalls aus Furcht vor einem Versorgungsengpass kauften Anleger erneut Mais. Der US-Future verteuerte sich um bis zu 1,2 Prozent auf 7,45 Dollar je Scheffel und lag damit auf dem höchsten Stand seit Juli 2008. Als Grund nannte Rohstoff-Experte Luke Mathews von der Commonwealth Bank of Australia die Nachwehen der Veröffentlichung überraschend niedriger US-Lagerbestände am vergangenen Donnerstag. Damit steige das Risiko, dass es bei Ernteausfällen für die kommenden zwölf Monate weltweit zu einem Engpass bei Futtermais kommen könnte. "Wenn wir keine außerordentlich gute Ernte haben, werden die Lagerbestände auch zum Ende der Saison 2011/2012 sehr niedrig sein." Im Schlepptau des Mais verteuerte sich Weizen um bis zu 1,3 Prozent auf 7,695 Dollar je Scheffel.
Süß und braun
Die schwindende Aussicht auf eine baldige Entscheidung im Machtkampf in der Elfenbeinküste verteuerte indes Kakao wieder. Der in London gehandelte Future verteuerte sich um 1,1 Prozent auf 1969 Pfund je Tonne. Der US-Kontrakt notierte 1,6 Prozent fester bei 3050 Dollar je Tonne. Nach mehreren Tagen mit heftigen Kämpfen kam der Vormarsch der Anhänger des international anerkannten Gewinners der Präsidentschaftswahlen, Alassane Ouattara, am Wochenende zum Erliegen.
Zuvor hatten Ouattaras Anhänger die Truppen des bisherigen Amtsinhabers Laurent Gbagbo immer weiter zurückgedrängt und damit Spekulationen eine baldige Wiederaufnahme der Kakao-Exporte genährt. Daraufhin war der Kakao-Preis in der vergangenen Woche zeitweise um zehn Prozent gesunken. Zwischen den Wahlen Ende November 2010 und Anfang März hatte sich Kakao allerdings um rund 30 Prozent verteuert.
Quelle: ntv.de, bad/rts